Toten-Welt (German Edition)
drauf.“
„Das hier ist kein Film!“
„Okay...“
Niedermüller nickte und zog Mertel die bereits genommenen Stufen zurück nach oben.
„...dann will ich es anders ausdrücken. Was immer da unten passiert ist, und was das sein könnte, dafür gibt es ja nicht so viele Möglichkeiten – es ist bereits passiert. Oder hören Sie vielleicht irgendwelche Hilfeschreie?“
Wie auf Stichwort hörten sie etwas. Aber es waren keine Hilfeschreie. Und das Geräusch kam nicht aus dem Keller. Sie warfen sich einen hastigen Blick zu und nahmen den Weg um den Treppenbogen herum vom Kellerabgang hin zum Aufgang ins Obergeschoss, wo es heller war. Angestrengt lauschend, starrten sie den Korridor entlang, den sie vom Eingang her gekommen waren auf dem Weg zum Keller. Irgendwas näherte sich. Und es war kein Mensch.
„Was zum Teufel ist das?!“, flüsterte Niedermüller, als er in der Düsternis des Ganges eine Bewegung wahrnahm und schließlich ein Gebilde sich nähern sah, das an einen riesigen nackten Hund mit langen, silbergrauen Kopfhaaren erinnerte.
„Das ist eines von den Viechern aus dem Fluchtweg!“, raunte Mertel zurück und spürte, wie alles in ihm zu Eis gefror.
„Das sind Vierbeiner?“, fragte Niedermüller, und man hörte der Frage an, dass sie aus reiner Fassungslosigkeit und Ratlosigkeit heraus gestellt war.
„Keine Ahnung. Aber für den aufrechten Gang hier drin sind sie einfach zu groß.“
Ohne sich angeschaut oder abgesprochen zu haben, wandten sich Mertel und Niedermüller dem Treppenaufgang zu. Außer der Sackgasse des Kellers gab es keinen anderen Weg.
„Moment noch!“
Mertel zog einen kleinen Block mit Stift aus seiner hinteren Hosentasche.
„Letztes Relikt aus meiner Zeit als Ermittler“, murmelte er und schrieb hastig ein paar Zeilen. Das Monster hinter ihnen machte einen plötzlichen Satz, war mit der Schnauze heran, aber steckte mit Körper und Extremitäten noch im Gang.
„Keine Angst, die beißen nicht.“
„Was denn dann? Und was schreiben Sie da, zum Teufel!“
Mertel riss den Zettel ab und ließ ihn, da der Weg zur Kellertreppe abgeschnitten war, übers Geländer segeln.
„Falls Klangfärber und Amelie es doch noch schaffen“, presste Mertel hervor und duckte sich, als ein schlauchartiges Etwas auf ihn zuschoss. Das Ding verfehlte ihn um Haaresbreite. Geduckt rannten er und Niedermüller die Treppe hoch und waren schon um die erste Kehre, als das Monster mit einer gewaltigen Winde- und Stoßbewegung aus dem engen Gang freikam und in die Treppenhalle sprang. Mertel sah noch, wie es sich auf zwei Beine aufrichtete, in der gut vier Meter hohen Halle aber immer noch geduckt und unter die Decke gepresst zum Stehen kam und sein schlauchartiges Organ wieder einfuhr. Mit einem Satz war es gleich darauf auf der Treppe und nahm die Verfolgung auf.
Unteroffizier Stolte hörte vor sich einen grellen Knall, als er über den Wehrgang in Richtung des Hauptkommandopostens über dem Vorburgtor rannte. Die vorangegangene Explosion hatte eine Bresche in die Mauern geschlagen, die wie ein Dammbruch wirkte: Eine wahre Zombie-Flut presste sich auf dieser Seite nach innen und verzweigte sich in mehrere Richtungen. Der vorgelagerte Zwinger war inzwischen überrannt, und wie es im Wirtschaftstrakt aussah, mochte er gar nicht wissen.
Es musste die Handgranate eines verzweifelten Kameraden gewesen sein, was da explodiert war, auch wenn es sich viel lauter und markerschütternder angehört hatte. Er hatte eine Spezialschulung für den Gebrauch von Granaten besucht, aber die Wirkung noch nie im Feld erlebt. Hätte er gewusst, wie wenig die Burgmauern dem Druck der Sprengkraft entgegenzusetzen hatten, hätte er den Befehl, sie als letztes Mittel einzusetzen, nie erteilt. Wer weiß, was nun diese zweite Explosion angerichtet hatte.
Ob es noch einen Unterschied machte, war indes fraglich. Was er gerade erlebte, war der Untergang der Burg. An praktisch jedem Mauerabschnitt bildeten sich Rampen und drangen Zombies auf die Wehrgänge. Auf seinem Weg hierher hatte er drei seiner Kameraden sterben sehen und vier von den Biestern geköpft. Sie kamen von allen Seiten, während sich die Verteidiger an allen Fronten von den Wehrgängen herunter in den Innenhof der Burg und in die Gebäude zurückzogen.
Er rechnete nicht damit, auf dem Hauptkommandoposten noch jemanden anzutreffen, aber fand sogar zwei Kameraden, die hier die Stellung hielten. Das Vorburgtor sah er nicht mehr. Der rauchende
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