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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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mit fester Stimme, »ich jedoch von ihrem Geist. Ihr Bewusstsein existiert weiter, Canker. Und solange auch nur so viel von einem Körper übrig ist, dass ich ihn berühren und quälen kann, und ein Geist, zu dem ich sprechen kann, vermag ich mich mit ihnen zu verständigen. Der Großinquisitor, der selbst noch den Tod überwindet!«
    Canker zog die Stirn kraus, schnüffelte wie ein großer, roter Hund in der Luft und schüttelte dann den Kopf. »Ich frage dich noch einmal: Was bringt es dir ...?«
    »Ich werde dir sagen, was es mir bringt«, schnitt Nestor ihm das Wort ab. »Was immer ein Mensch im Leben getan hat, tut er auch im Tod weiterhin. Zwar nicht körperlich, aber in seinem Bewusstsein! Der Liebende liebt, nicht mit seinem verwesenden Leichnam, das nicht, aber im Geist! Er träumt von all den unterschiedlichen Arten, auf die man sich lieben kann, auch wenn es viel zu spät sein mag, sie je auszuprobieren. Und jemand, der Häuser gebaut hat? Nun, er wird weiterhin bauen! Nicht aus Holz oder Stein, auch nicht aus Grassoden! Aber in Gedanken! In Gedanken errichtet er großartige Häuser und ganze Städte, die niemals Wirklichkeit werden können, weil niemand weiß, was in dem toten Bewusstsein vorgeht. Und was ist mit den Denkern, die zu den Sternen aufblicken und über deren Geheimnisse nachdenken? Im Tod haben sie mehr als genug Zeit, darüber nachzusinnen, wie die Sphären sich umeinander drehen, und von fremden Sonnen und Welten jenseits der unseren zu träumen. Dann wären da noch die Jäger und Waffenschmiede! Sie jagen weiterhin und schmieden wie seit eh und je ihre Waffen. Sie ersinnen neuartige Fallen, welche den unseren in jeder Hinsicht weit überlegen sind, um wilde Tiere zu fangen. Und die Waffen, die in den Werkstätten ihres Geistes entstehen, sind weit schärfer als die unseren, die oftmals zu unhandlich sind. Sie werden nicht so schnell stumpf und setzen nicht so schnell Rost an!« Nestor hielt einen Moment inne. Doch im nächsten Augenblick fuhr er fort: »Und du fragst, was es mir bringt!? Nun gut, ich sage dir, welchen Nutzen ich davon habe! Was auch immer ein Mensch in seinem Leben war oder getan hat, welche Geheimnisse er auch gekannt oder seither von den zahllosen Toten erfahren haben mag, ganz gleich, welche neuen Gedanken er gedacht oder welche Pläne er seit Langem gehegt hat – all dies vermag ich mit Hilfe meiner Fähigkeit herauszufinden!«
    Canker war schlichtweg verblüfft. »Was auch immer er seither erfahren haben mag? Aber wie soll jemand denn noch etwas erfahren, wenn er erst einmal tot ist? Ich meine, von wem denn?«
    »Ah!«, erwiderte Nestor. »Das ist noch so etwas, was mich an ihnen fasziniert! Genau wie wir beide miteinander reden, tun es auch die Toten. Sie unterhalten sich miteinander in ihren Gräbern und Grüften. Ihre Gedanken schweifen hinaus zu all den anderen Toten, ohne dass je ein Mensch davon erfahren oder es auch nur ahnen würde – bis auf mich! Denn ich bin ein Nekromant! Nur wenn sie merken, dass ich in der Nähe bin, dann verstummen sie und schweigen so lange, bis ich sie zum Reden bringe ...«
    Nestors Stimme war zu einem Flüstern herabgesunken und so eiskalt geworden, dass Canker ein Schauder überlief. Schließlich schüttelte sich der Hunde-Lord. »Das musst du mir zeigen! Heute Abend, auf der Sonnseite! Da jagen wir gemeinsam, einverstanden?«
    »Ganz wie es dir beliebt!«
    »Die Toten und ihre Leichen verabscheuen dich also, was?«, fragte Canker und rieb sich das viel zu lange Kinn. »Das allein dürfte bereits genügen, dir einen Namen zu geben.«
    »Einen Namen? Aber ich habe doch schon einen!«
    » Pah! Nestor! Was ist das denn für ein Name? Als Vorname mag er vielleicht ganz gut sein, gewiss! Aber als Beiname? Wie wäre es mit ›Leichenscheu‹! Das ist es! Der Nekromant Lord Nestor Leichenscheu von der Leichenspitze!«
    »Nein!«, entgegnete Nestor prompt. »Ich meine, das Verleihen von Namen mag ja angehen, aber ich bin dagegen, Bestehendes zu ändern. An den Namen ›Saugspitze‹ habe ich mich gewöhnt. Lassen wir es dabei bewenden!«
    »So sei es!« Canker zuckte die Achseln. »Und jetzt mache ich, dass ich hinab in die Räudenstatt komme, damit ich ein bisschen an meinem Instrument weiterarbeiten kann. Ich vermute, uns bleiben noch ein paar Stunden, ehe wir uns auf unseren Jagdzug vorbereiten müssen. Dann geht es ab auf die Sonnseite, und mit etwas Glück werde ich endlich sehen, welch merkwürdige Wunder du wirkst. Aber bevor ich

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