Totenbeschwörung
und stieß nicht allein auf eines, sondern auf gleich drei Ziele, die seine Gedanken empfingen.
Zahar, Wratha und Canker standen an den Fenstern ihrer jeweiligen Stätten und hielten Ausschau in Richtung Südwesten. Ihre Gedanken kreisten um Nestor.
Zahars Gefühle waren gemischt, seine Gedanken in Aufruhr, als sein Herr und Meister den geistigen Kontakt herstellte. Ohne Nestors Hilfe war er nicht in der Lage, eigene Gedanken über diese Entfernung zu senden, doch als wahrer Knecht seines Herrn empfing er dessen Gedanken recht gut. Als Nestors Geist den seinen berührte, war es, als stehe er direkt neben ihm: Zahar, du musst zu mir kommen!
»Nestor!«, flüsterte Zahar.
– Für dich immer noch Lord Nestor! Komm jetzt ins Grenzgebirge, beeil dich! Und bring einen zweiten Flieger mit!
»Du ... du bist zurückgekehrt?«
– Das habe ich dir doch gesagt! Nun mach schon, ich könnte die Annehmlichkeiten der Saugspitze gut vertragen. Und, Zahar ...
»Ja, mein Lord?«
– Was ist mit meinem Widersacher? Ist er ...?
»Unterwegs in die Höllenlande, mein Lord, aye!« Zahar hatte sich wieder gefasst. »Vielleicht ist er auch schon angekommen. Es ist schon eine ziemliche Weile her!«
– Gut. Und nun mach, dass du mit einem Flieger zu mir kommst! Ich werde dich an eine Stelle leiten, an der ich dich erwarte!
– Nestor!, meldete sich ein erfreuter Canker zu Wort. Wo um alles in der Welt steckst du denn?
– In den Grenzbergen, ein, zwei Meilen östlich von Zwiefurt, aber bereits auf unserer Seite. In anderthalb Stunden, vielleicht ein bisschen länger, wird Zahar mich aufgelesen haben. Ehe das Grau der Gipfel sich in Gold verwandelt, werde ich zurück im letzten Felsenturm sein!
– Und ... auch an einem Stück?
– Ja! Nun ... beinahe zumindest.
– Ich komme auch!, jaulte Canker in Nestors Geist.
– Nestor? Wratha klang besorgt, wenn nicht gar zornig. Bist du verletzt?
Er ließ sie etwas warten. Dann erwiderte er: Nichts, was nicht heilen würde!
– Zur Hölle mit dir! Weißt du, was wir deinetwegen ausgestanden haben? Und alles nur wegen einer ... einer Frau!
– Ah, du hast mir also nachspioniert und heimlich meine Gedanken belauscht! Aber du irrst dich, Wratha! Es ging keineswegs um eine Frau, sondern darum, Rache zu üben. Das Mädchen ist mir egal, solange nur er sie nicht haben kann!
– Er? Wen meinst du damit?
– Das ist meine Angelegenheit. Oder vielmehr, sie war es. Denn nun ... ist es vorbei. Hör zu, Wratha, von nun an überlasse ich dir die Entscheidung! Wann immer du das Gebiet der Szgany Lidesci überfallen oder dort jagen willst – ich bin dabei! Denn, siehst du, jetzt spielt es keine Rolle mehr. Nichts spielt mehr eine Rolle ...
In der Tat schien es, als sei ihm ein schwere Last von den Schultern genommen.
Sie schwieg eine Weile. Dann sagte sie: Ich hoffe, dich bald in der Wrathspitze begrüßen zu dürfen!
– Hoffen darf man immer, erwiderte er. Und wer weiß, manchmal werden Hoffnungen sogar wahr!
Damit ließ er sich auf einen Flecken vertrockneten Heidekrauts sinken und keine zwei Minuten später war er bereits eingeschlafen ...
Nestor schlief über eine Stunde. Er wachte erst auf, als er einer Präsenz gewahr wurde, die nach ihm suchte und immer näher kam. Mithilfe seiner telepathischen Fähigkeiten dirigierte er seine Retter, wies sie auf Landmarken hin und korrigierte hin und wieder ihren Kurs, bis er sie quer über das Vorgebirge auf sich zukommen sah. In großer Höhe jagten sie dahin. Als sie gleichauf mit ihm waren, erspähten sie ihn auf dem Felssattel, auf dem er wartete, und suchten sich einen sicheren Platz zum Landen. Zahar und ein reiterloser Flieger gingen als Erste nieder, dicht gefolgt von Canker.
Nestor trat, nachdem sie abgesessen waren, zu ihnen. »Gut gemacht«, meinte er beiläufig zu Zahar, ehe er sich Canker zuwandte.
Jaulend vor Freude schloss der Hunde-Lord Nestor in die Arme und knurrte: »Ich habe mir vielleicht Sorgen gemacht!« Die blutroten Augen mit den gelben Pupillen verengten sich, als er Nestors entstelltes Gesicht sah. »Und nicht ohne Grund, will mir scheinen!«
Nestor hielt ihn auf Armeslänge von sich und sagte achselzuckend: »Nur ein paar Narben, mehr nicht! Vielleicht werde ich sie sogar als Trophäen behalten. Aye, denn wie es aussieht, habe ich gewonnen, Canker. Ich habe gesiegt!«
Zu Zahar gewandt, fügte er in scharfem Ton hinzu: »Du bist dir doch ganz sicher?«
»Wegen deines Widersachers?« Nestors Leutnant nahm Haltung
Weitere Kostenlose Bücher