Totenbeschwörung
dem hastenden Stolpern nach zu urteilen, mit dem er durch das Unterholz brach – kam direkt auf ihn zu. Die Gebrüder Todesblick hatten ihm sein Abendessen aufgestöbert und trieben es ihm nun in die Arme.
Nestor verschmolz mit den Schatten der Bäume, beschwor einen Vampirnebel herauf und ließ seine Wamphyri-Sinne schweifen, um festzustellen, wer da in seiner Richtung Zuflucht suchte. Sie waren zu zweit, ein Mann und eine Frau. Dies dürfte genügen, all seine Bedürfnisse zu stillen.
Nestor ließ sie näher kommen, und mit einem Mal bewegten sie sich mit äußerster Vorsicht. Nicht Nestor war der Grund, denn von seiner Gegenwart ahnten die beiden ja nichts. Aber die Laute, die hinter ihnen aus der Tiefe des Waldes drangen, ließen sie aufhorchen – die heiseren, verzweifelten Rufe von Männern in höchster Todesangst, die schrillen Entsetzensschreie der Frauen und das Gelächter ihrer Verfolger, die keine Gnade kannten. Dies alles schien weit entfernt und die beiden wähnten sich bereits in Sicherheit. Geduckt schlichen sie durch die Nacht, bemüht, das laute Pochen ihrer Herzen zu beruhigen und so leise wie nur möglich zu atmen.
Doch Nestor hörte sie. Und wartete ...
Schließlich waren sie heran. Unvermittelt trat Nestor aus dem Nebel und verstellte ihnen den Weg. Die Frau, eigentlich noch ein Mädchen, war so entsetzt, dass sie einfach in Ohnmacht sank. Dem jungen Mann klappte vor Überraschung der Kiefer nach unten, er hob die Hand wie zur Abwehr ... Allerdings hielt er eine Armbrust umklammert!
Nestor beugte sich zur Seite, als ein Bolzen dicht an seinem Ohr vorübersauste, und schlug mit der flachen Hand, so fest er konnte, nach dem ausgestreckten Arm seines Gegenüber. Sein Hieb traf das Handgelenk. Es brach, doch der Mann gab keinen Laut von sich, denn gleichzeitig landete ihm Nestors andere Faust mitten im Gesicht. Sein Kiefer zersplitterte und die ausgeschlagenen Zähne wurden ihm von Nestors stählernen Knöcheln in die Kehle getrieben. Würgend und um Atem ringend wurde er gegen einen Baumstamm geschleudert und sackte zusammen. Nestor setzte sofort nach und trieb ihm die Rechte tief in die Brust, durchtrennte Venen und Arterien, quetschte das flatternde Herz und riss es ihm, immer noch schlagend, aus dem Leib.
All dies währte kaum einen Augenblick und ging vollkommen lautlos vonstatten.
Nestor lehnte den bebenden Körper seines Opfers gegen den Baum und stillte seinen Durst an Ort und Stelle, seinen Hunger ebenfalls. Aber er hatte noch andere Begierden ...
Wenig später kam das Mädchen leise stöhnend wieder zu sich. Sie blinzelte, schlug die Augen auf und blickte in das Gesicht des neben ihr knienden Nestor. Sie riss den Mund auf, um zu schreien, verstummte jedoch gurgelnd, als Nestors Hand sich um ihre Kehle schloss. Er drückte zu und der Ausdruck auf seinem von entsetzlichen Narben und vampirischer Begierde entstellten Gesicht genügte als Warnung.
An einen Baumstamm gelehnt saß sie da, nackt bis zur Hüfte, weil Nestor ihr die Kleider in Fetzen gerissen hatte. Sie blickte an ihm vorbei durch das Blätterdach und sah die Wolken vor den kalten, blau glitzernden Sternen vorüberziehen. In diesem Moment wurde ihr klar, dass dies kein böser Traum war. Ihr kam zu Bewusstsein, wo sie sich befand, wer bei ihr gewesen und was geschehen war. Ihre Augen weiteten sich und ihr Blick irrte im Sternenlicht unstet umher, bis er ihren Geliebten fand, der völlig verkrümmt und blutig wie ein frisch geschlachtetes Tier dicht neben ihr vor dem Baumstamm lag.
Aus brennenden Augen sah sie Nestor an. Ihr Blick war eine einzige Anklage. Sie sah in sein Gesicht und wusste, was er mit ihr vorhatte, dass er sie wollte und auch nehmen würde. Gleichzeitig erkannte er jedoch, dass sie ihn dafür töten oder zumindest alles tun würde, dass es so weit kam, ganz gleich, welche Folgen sie erwarten mochten. Ihm war klar, dass sie sich die Lunge aus dem Hals schreien würde, sobald er ihr die Chance dazu gab. Es wäre so leicht, ein bisschen fester zuzudrücken und dem ein Ende zu bereiten. Doch ... er wollte, dass sie das Bewusstsein behielt, zumindest am Anfang ...
Im Dunkel des nahen und doch so fernen Waldes verklangen die Geräusche der Schlacht. Wrans und Spiros Jagdtrupp hatte sein blutiges Handwerk erledigt. Nun waren nur noch das Schluchzen und Flehen der Frauen und hin und wieder ein Schmerzensschrei und kehliges Gelächter zu hören. Nestor wusste, was dies zu bedeuten hatte – die Gebrüder
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