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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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steilen Hängen des Grenzgebirges wiederfand.
    Der Anstieg wurde nun schwieriger, doch das machte Nestor nichts aus. Vor ihm lagen noch über vierzig Stunden bis Sonnauf, und ehe die sengende Glut der Sonne ihn finden und verzehren konnte, würde er die Gipfel erreicht und die hoch gelegenen Pässe überquert haben und sich wieder unten in den Schatten der Sternseite befinden. In einem Spalt am Fuß einer Klippe legte er eine kurze Rast ein, um ein wenig zu schlafen, und als er erwachte, fürchtete er, er habe zu lange geschlafen und die Sonne stehe bereits am Himmel.
    Doch dem war nicht so. Zwar versperrte ihm das Gebirge nun die Sicht auf das unheilvolle Funkeln des Nordsterns, doch über ihm schienen die übrigen Sterne noch immer in kaltem Glanz und die lange Nacht war erst zur Hälfte vorüber.
    Zweimal bemerkte er, während er kletterte, dass Wamphyri in der Nähe waren. Beim ersten Mal sah er hoch über sich eine Handvoll schwer beladener Flugbestien müde der Sternseite zustreben – wahrscheinlich die Gebrüder Todesblick. Anscheinend hatten sie ihren Blutrausch ausgeschlafen und sich wieder von ihrer Orgie erholt und waren nun auf dem Rückweg zur Irrenstatt.
    Das zweite Mal erregten Nebelschleier seine Aufmerksamkeit, ein Vampirnebel, der sich weit unter ihm in dichten Schwaden durch die verlassenen, einst vor Leben nur so sprühenden Straßen des in Trümmern liegenden Zwiefurt zog. Es mochte Gorvi der Gerissene sein, denn dieser verstand sich wie kein Zweiter aufs Nebelmachen, aber auch der Hunde-Lord oder gar die Lady Wratha höchstselbst. Aber Nestor verzichtete darauf, es festzustellen. Hier oben in diesen Höhen wäre er für jeden eine leichte Beute und er hatte nicht vor, einen Feind auf sich aufmerksam zu machen. Doch falls das da unten tatsächlich Gorvi war, der zur Abwechslung einmal allein, ohne die Gebrüder Todesblick jagte ...
    Vielleicht hatten sie sich ja entzweit! Dies wenigstens hoffte Nestor.
    Noch während er hinabblickte, flammte ein Feuer inmitten der einstigen Stadt auf und mit einem Mal brannte eines der Häuser lichterloh. Zweifellos war da unten eine Siegesfeier in Gang. Demnach war Zwiefurt also doch nicht ganz so verlassen gewesen. Morgen früh allerdings war dort mit Sicherheit niemand mehr am Leben.
    Als sich am südlichen Horizont der erste zaghafte Schimmer der Morgenröte zeigte, überschritt ein erschöpfter Lord Nestor einen hoch gelegenen Pass und damit die Grenze zwischen Sonn- und Sternseite. Nichts wies auf diese unsichtbare Demarkationslinie hin bis auf die Tatsache, dass die Sonnseite, selbst ihr Horizont, nun dem Blick entschwand. In den düsteren Schatten, die die Berggipfel auf die Sternseite warfen, fühlte Nestor sich endlich sicher.
    Er war wieder auf der Sternseite! Nachdem der Pass nun hinter ihm lag, hatte er freie Sicht auf die Ödnis der Findlingsebene. Im Nordosten, weit hinter dem Tor zu den Höllenlanden, lag die letzte Felsenburg der Wamphyri. Von hier aus vermochte er den Turm nicht zu sehen, ahnte in der dämmrig blauen Ferne allenfalls das schwache Flackern seiner Lichter. Das gleißende Halbrund des Tores lag hinter einem Bogen, den die Berge beschrieben, in den Ausläufern des Grenzgebirges und war dem Blick gleichfalls entzogen.
    Nestor fand einen flachen Felsen und ließ sich darauf nieder. Er war müde und wollte eine kurze Rast einlegen. Zuerst jedoch musste er wenigstens den Versuch unternehmen, jemanden zu erreichen. In der Wrathhöhe dürften die Lords und die Lady, ihre Leutnants und Knechte dabei sein, sich auf den langen Tag vorzubereiten. In den höher gelegenen Türmen und Türmchen der Wrathspitze und den nach Süden hin gehenden Fenstern zog Wratha jetzt wahrscheinlich die Vorhänge aus Fledermauspelz zu. Canker befand sich vermutlich auf irgendeinem Balkon der Räudenstatt und brachte seiner hartherzigen Mondgeliebten ein letztes trauriges Ständchen. Unten in der Saugspitze dürfte Zahar sich fragen, was wohl aus seinem Gebieter geworden war. Wer keine weiteren Aufgaben zu versehen hatte, ging nun zu Bett, während die Wachleute und die übrigen Knechte, die in Schichten arbeiten mussten, um die Versorgung der fünf großen Stätten aufrechtzuerhalten, sich auf ihre Posten begaben.
    Nestors Augenlider waren schwer wie Blei. Dennoch blickte er angestrengt nach Nordosten auf jenes ferne Flackern, das er sich womöglich nur einbildete, konzentrierte seine Wamphyri-Sinne auf Zahar in der Saugspitze, stellte ihn sich regelrecht vor

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