Totenblick: Thriller (German Edition)
ausgedacht habe, doch Sie werden dazu leider nicht in der Lage sein.«
»Damit habe ich gerechnet.« Seine Gedanken liefen auf Hochtouren, doch sie schossen wild umher, bekämpften einander, anstatt sich zu einer gemeinsamen Lösung zu fügen. ADHS sei Dank. »Was haben Sie vor?«
»Ich bin ein Mann mit vielen Talenten.«
»Dann gibt es nur Sie?«
»Möglich.« Er kicherte. »Verhören Sie mich gerade? Haben Sie etwa die Hoffnung, lebend zu entkommen?«
Rhode bewegte die Finger, die sich abgestorben anfühlten. »Es gibt glückliche Zufälle.« Gegen das Fußtrommeln konnte er sich nicht wehren, sonst käme er mit der Spannung gar nicht mehr zurecht.
»Wie kommen Sie darauf, dass ich glückliche Zufälle zuließe?« Der Mörder räusperte sich. »Meine Ausbildung ist umfassender, als Sie vermuten könnten, Herr Hauptkommissar. Niemand wird auf das gefasst sein, was sich am nächsten Fundort abspielen wird.« Er seufzte zufrieden. »Danach ist klar, dass es um die Optogramme geht. Um nichts anderes. Nur um die Optogramme.«
»Sie sind verärgert wegen der Falle?«, spie Ignatius. »Was haben Sie erwartet? Dass wir abwarten? Sie … Du krankes Stück Scheiße! Sie werden dich über den Haufen schießen, wenn sie rausbekommen haben, wo sie dich finden.«
»Ich erwarte «, zischte der Mörder, »dass meine Optogramme ausgewertet werden! Ich mache mir sehr viel Mühe, bleibe bis zur letzten Sekunde an den Tatorten, um den Ermittlern volle 15 Minuten zu geben, um die Nachrichten von den Netzhäuten zu bewahren – und dann versucht Bernanke, mich mit einer billigen Falle zu schnappen? Oh, so geht das nicht. Ich mache die Regeln.« Er lachte auf. »Ihr Tod war eine gerechte Strafe.«
Rhode schluckte. »Sie wollen geschnappt werden?«
Der Mann drehte den Kopf, er sah ihn an. »Erahnen Sie, was ein Atlas trägt? Welches Gewicht auf ihm lastet? Welche Verantwortung und welche Schmerzen?«
»Was ist das für ein Mist?«, fuhr Richter dazwischen. »Stellen Sie sich doch einfach, wenn Sie …«
Der Killer erhob sich, war mit zwei Schritten vor dem Polizisten und trat ihm ins Gesicht, so dass Richters Kopf nach hinten schlug; benommen rutschte er zur Seite.
Aber dafür reagierte der SEK-Mann: Mit einer raschen Beinschere versuchte er, den rechten Fuß des Mörders zu packen und zu verdrehen, um ihren Peiniger zu Fall zu bringen.
Doch der Attackierte zog sein Bein weg und trat Ignatius hart auf die Kniescheibe. Der SEKler schrie auf.
Die Art, wie schnell sich der Unbekannte bewegte, wenn er wollte, ließ Rhode vermuten, dass sein Humpeln und die schiefe Haltung nur vorgetäuscht waren. Damit machte er eventuelle Zeugen seiner Taten glauben, es mit einem körperlich eingeschränkten Menschen zu tun zu haben.
Der Mörder kehrte zu ihm zurück. Ihm war das Kunststück gelungen, seine Züge nicht zu zeigen. »Ich trage so viel, Herr Hauptkommissar«, redete er einfach flüsternd weiter. »Ich bin Atlas, ich bin Sisyphus, ich kann nicht anders, als zu tun, was ich tue. Es nimmt mir die Qualen, die ein Thanatos verstehen könnte. Aber nicht Sie, Herr Rhode. Nicht Sie und auch kein sonstiger Mensch auf dieser Welt. Ich muss meine Pein lindern, verstehen Sie? Ich muss! « Er beugte sich nach vorne, die Nadel der Spritze näherte sich Rhodes Gesicht. »Ach ja. Das war die offizielle Variante. Unter uns: Und es macht Spaß. Jetzt öffnen Sie bitte den Mund.«
»Nein.« Rhode presste die Zähne aufeinander. Die Verweigerung war kindisch und doch die einzige Möglichkeit, Widerstand zu leisten.
An dem Mann vorbei sah er, wie sich Ignatius heimlich lang machte und versuchte, mit den Füßen an etwas heranzukommen, das am Boden lag. Zwei kleine Schlüssel schimmerten metallisch im Licht. Ihr Entführer musste sie bei seinem Rückwärtssprung verloren haben.
»Herr Rhode, bitte. Dann suche ich mir eine andere Stelle. Das wird schmerzhaft für Sie. Ich kann das.«
Er senkte das Kinn, um seiner Entschlossenheit Ausdruck zu verleihen.
***
Kapitel 16
Leipzig, Zentrum-West, 18. Dezember
U nd hier musst du …« Ares wollte Elisa gerade erklären, was sie in das Kästchen ihrer Matheaufgaben eintragen sollte, als sein Smartphone klingelte. Sie saß bei ihm im Büro, gemeinsam rückten sie den Hausaufgaben zu Leibe, wie er es versprochen hatte. Danach: Zoo. Natürlich. Pinguin Kowalski wartete auf seinen Fisch.
Er sah auf die Nummer, die auf dem Display blinkte: Sein Freund rief ihn endlich an, von seinem Büro aus.
Elisa
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