Totenblick: Thriller (German Edition)
vorliegen«, antwortete sie.
»Vielen Dank, Frau Kollegin.« Stern erhob sich von seinem Platz. »Wir hoffen, dass wir neue Spuren finden, sobald wir das Haus des Täters entdeckt haben. Es sieht danach aus, als hätte er das Spiel nach seiner Strafaktion gegen uns neu gestartet. Herrn Löwensteins Aussage vom Zusammentreffen liegt jedem vor?«
Allgemeines Kopfnicken.
»Noch etwas: Es ist davon auszugehen, dass er weder hinkt, noch dass er aus Norddeutschland oder dem Raum Hannover stammt, wie er uns durch sein akzentfreies Sprechen glauben machen möchte. Es dient ebenso zur Täuschung wie die Maske.«
Ares hob die Hand, um auf sich aufmerksam zu machen. »Warum die Bilder von Todesdarstellungen?«
»Er ist fasziniert vom Tod und von den Bildern, die damit in Verbindung stehen, sagen die Spezialisten. Sie gehen von einer schweren Traumatisierung aus, vermutlich keine einmalige, sondern mehrere schwere hintereinander, die seine Veränderung auslösten. Es ist wohl keine Behandlung des Traumas vorgenommen worden. Die Psyche ist fragil«, erklärte Stern. »Das wird im neuesten Bericht zu lesen sein, der Ihnen allen heute noch zugeht. Wir suchen jemanden, der, abgesehen von guter Bildung und vom sicheren Umgang mit Sprengstoffen, mit drastischen Todesbildern konfrontiert wurde. Mehr als einmal.«
»Soldat«, murmelte Ares. »Afghanistan vielleicht.«
»Helfer in Kriegsgebieten«, dachte Lackmann laut nach.
»Ärzte ohne Grenzen«, kam es aus den Reihen der Kriminaler. »Kann man davon ausgehen, dass der Mörder einen akademischen Hintergrund hat?«
»Das ziehen wir in Betracht«, meinte Stern. »Zum Tod von Richard Georg Wolke gibt es nichts. Die Spuren verliefen bisher alle im Sand. Keine unbekannten Namen oder Eintragungen in seinen persönlichen Unterlagen.«
Ares machte sich den Vermerk, Tzschaschel auszuquetschen, auch wenn die Ermittler das gewiss versucht hatten. Die Erinnerungen an die Maske, an das Auge aus Mosaik stiegen in ihm auf. Fotos. »Kriegsberichterstatter«, flüsterte er, und Lackmann sah ihn an. »Was ist mit Reportern, Kameraleuten und Fotografen? Kann man herausfinden, ob einer aus Leipzig in Afghanistan, im Irak oder im Kosovo war?«, fragte er dann laut.
»Oder irgendwo in Afrika?«, warf die Rothaarige ein. »Eine Reportagereise, die schiefging?«
Stern machte sich unverzüglich eine Notiz. »Ich denke, dass die Profiler das in Betracht gezogen haben, aber ich werde auf alle Fälle nachhaken.« Er setzte sich auf den Tisch, deutete auf Rether und die junge Frau. »Ein Dankeschön an den Doktor und Lydia Jung für ihre Vorträge. Dann bitte alle wieder zurück an die Arbeit. Halten Sie sich bereit für die Durchsuchung. Jedenfalls sind wir dichter dran als in den letzten Monaten.«
Leiser Applaus erklang, die Versammlung löste sich auf.
Ares blieb sitzen, rieb die Hände gegeneinander.
Er war nervös. Seit er die Bilder, die Optogramme, gesehen hatte, legte sich seine Unruhe nicht mehr, ohne dass er sagen konnte, aus welchem Grund. Weder erkannte er eines der Häuser noch die Umrisse des Gesichtes.
Vielleicht weil er dem Mörder bald gegenübertrat?
Er hatte die Pistole immer noch. Der Mörder hatte sie ihm wie zur Verhöhnung gelassen.
Apropos verhöhnen: Die Night Rod blieb verschwunden, obwohl sie jedem auffallen musste, selbst Menschen, die nichts mit Motorrädern am Hut hatten. Wenn man richtig Gas gab, fielen die Vögel vor Schreck tot von den Bäumen. Die Polizei hatte die gestohlene Harley zur Fahndung rausgegeben, Ares postete im Netz auf allen möglichen Biker-Plattformen ein Bild seiner Maschine mit dem Hinweis, dass der dreiste Dieb damit durch Leipzig raste.
Ares sah auf die Kalenderanzeige seiner Uhr. Es blieben ihnen knappe anderthalb Tage, um herauszufinden, auf wen es der Mörder als Nächstes abgesehen hatte.
Doch zuerst musste er sich in Großväterchen Frost verwandeln. Unpassender Zeitpunkt hin oder her.
***
Kapitel 19
Leipzig, Zentrum, 1. Januar
H err Löwenstein, die SoKo hat was!«, rief Lackmann in den Büroraum, in dem sich Ares gerade an der Kaffeemaschine bediente. Vor fünf Minuten war er angekommen, hatte die Lederjacke über den Sessel geworfen und Lackmann gesucht. Niemand hatte Zeit für ihn gehabt. Die Anspannung innerhalb der Ermittlergruppe wuchs spürbar, während ihnen die Zeit davonlief.
Ares stellte die Kanne zurück auf die Wärmeplatte und nahm einen hastigen Schluck vom schwarzbraunen Gebräu. Das Gewicht der P 7 in seinem
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