Totenblick: Thriller (German Edition)
hat immer lange blonde Haare g’habt.«
»Gab es jemanden in dem Haus, der so aussah, wie ich es Ihnen beschrieben habe?«
»Des wüsst’sch.« Der Hausmeister betrachtete Ares und lehnte sich leicht nach vorne. »Sie suchen S’e? Wechen Schulden? Wem musse denn was blech’n?«
Es bedeutete keine Überraschung, dass man ihn in seinen Klamotten, mit Glatze und der Statur für einen Eintreiber hielt. »Steuerfahndung«, sagte er kurz angebunden. »Danke sehr.« Er schrieb ihm seine Handynummer auf und steckte sie ihm zusammen mit einem Zehner zu. »Rufen Sie mich an, falls die Flatow nochmals auftauchen sollte, bitte.«
»Klar, Herr Hüne.« Der Hausmeister salutierte lasch und machte sich wieder ans Kehren.
Ares ging zu seinem Smart, zwängte sich hinein und starrte vor sich hin.
Konnte es schlechter laufen?
Er riss sich zusammen, startete den Wagen und kurvte mit viel Gas los. Seine Lieblingskundin, das Power-Model, wartete, danach gab es eine Runde durch den Johannapark mit seinem alten Freund, den er für die Suche nach der Flatow-Imitation einspannen wollte.
Vor der kommenden Nacht hatte er ein wenig Manschetten. Das vergessene Gesicht schien bereits zu lauern.
***
Kapitel 7
Leipzig, Liebertwolkwitz, 14. November
E rich Weißenberg parkte das bullige Auto vor seiner Garage in der Straße Monarchenhügel und überlegte, ob er den nachtfarbenen Ford Kuga doch lieber unter das Dach fahren sollte.
Der Wetterbericht hatte ein Unwetter für Leipzig in den frühen Morgenstunden prognostiziert, und Hagelschaden machte sich auf der Neuanschaffung nicht gut. Keine drei Wochen war der Wagen sein Eigentum. Nagelneu, ohne Kratzer und ohne einen einzigen Kilometer bei Anschaffung.
Der SUV war genau das, was er immer hatte haben wollen: kompakt, einfach zum Ein- und Aussteigen, und wenn er zu einem Einsatzort fahren musste, der im Leipziger Outback lag, kam er dank des Allrads hin und wieder zurück, ohne steckenzubleiben.
Nach einem kurzen Blick aus dem Seitenfenster beschloss er, dass keine Eiskörner aus dem Himmel fallen würden.
Er nahm die große Sporttasche, in der er seine Polyester-Arbeitsklamotten inklusive der billigen Turnschuhe transportierte, und stieg aus. Langsam ging er hinauf zur Treppe.
Sein Job bei der Spurensicherung war normalerweise Routine und ziemlich unspektakulär. Eine Million gefühlte Wohnungseinbrüche, nachts eingetretene Ladentüren oder Schaufenster und jede Menge Diebstähle, einige Selbstmörder, hin und wieder einsame tote Rentner in engen Behausungen, gelegentliche Unfälle, egal ob im Haushalt oder im Straßenverkehr.
Aber diese Bildermorde.
Diese Bildermorde.
Sie bescherten Weißenberg nach 25 Dienstjahren zwei Einsätze, die man nur aus dem Fernsehen oder aus Romanen kannte. Umso gründlicher ging er als Einsatzleiter vor, und umso gespannter war er, was Rhode ermittelte und was er mit seinem Team fand.
Robin Adler war nicht der Täter. Das stand für Weißenberg fest wie ein Pfeiler in einer Tiefgarage.
Er hatte sich mit seinem Team und zwei Polizisten zweimal durch die Wohnung des jungen Mannes gewühlt, und jeder Mensch mit einem IQ höher als 75 Punkte würde erkennen, dass Adler schlicht zu dumm war, um solche Taten begangen zu haben. Seine Schreibfehler in den Heften, seine Tittenheftchen-Lektüre, null Bücher in den Regalen, die sehr bemühte Handschrift … Es gab keine Hinweise auf Kunstverständnis oder handwerkliche Fähigkeiten, die es ihm ermöglichten, die Sets der Tatorte zu bauen.
Weißenberg hatte die geschwungenen achtzig Stufen aus Waschbetonplatten erklommen und stand vor der Haustür. Für Leipziger Verhältnisse hatte er seine vier Wände auf einem Berg erbaut. Das Stadtgebiet war flach, doch am Monarchenhügel schwang sich der Boden auf natürliche Weise immerhin 159 Meter in die Höhe. Die zweithöchste Erhebung nach dem Galgenberg, der sich nicht weit weg erhob.
Er atmete tief aus und ein, sein Blut pochte in den Ohren. Die übliche Anstrengung vor dem echten Feierabend.
Der Hügel spielte in der Historie eine wichtige Rolle in der Völkerschlacht von 1813. Es galt als verbrieft, dass die drei verbündeten Herrscher Österreichs, Russlands und Preußens sich mit ihren Herren Generälen hier eingefunden hatten, um die Kampfhandlungen zu verfolgen. Seit 1847 stand deswegen auf der Anhöhe ein Denkmal, zuerst als Sandstein-, dann als Gusseisenobelisk mit Marmorplatte und Spruch.
Weißenberg bekam den genauen Wortlaut der Inschrift
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