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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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ein bisschen nah an zu Hause. Ich konnte mich dort nie richtig entspannen.»
    Er schien sich für einen Augenblick in Gedanken zu verlieren, und Vera verspürte zum ersten Mal so etwas wie Verständnis. Ob er wohl an einen bestimmten Abend dachte? Vielleicht war es Winter gewesen, auf der Wiese lag Raureif, im Kamin flackerte ein kleines Feuer. Und trotzdem hatte er es nicht richtig genießen können, hatte die ganze Zeit auf Motorengeräusche von der Einfahrt her gelauscht, befürchtet, jemand könnte sie erwischen.
    «Hatte sie einen Schlüssel zu dem Gartenhaus?»
    «Ja», antwortete er. «Ich hatte einen für sie machen lassen. Den hat sie mir nie zurückgegeben.»
    «Wer hat die Beziehung dann beendet?» Sie stellte die Frage bewusst barsch. Hier konnte sie sich kein Verständnis mehr erlauben.
    «Keiner von uns. Zumindest nicht im eigentlichen Sinn. Wir waren uns einfach einig, dass es aufhören muss. Bevor noch alle davon erfahren.»
    «Aber das dürfte für Lily doch keine Rolle gespielt haben. Sie war schließlich nicht verheiratet. Was hatte sie schon zu verlieren?»
    «Sie wird wohl gemerkt haben, dass die Beziehung zu nichts führt. Ich vermute, sie hat sich all das gewünscht, was ihre Freundinnen auch hatten: ein gemeinsames Heim, echte Zweisamkeit, irgendwann auch eine Familie. Sie liebte Kinder. Das hätte ich ihr alles niemals geben können.»
    Das klang alles einleuchtend. Doch Lily Marsh war eben anders gewesen als ihre Freundinnen.
    «Was glauben Sie, weshalb sie zu Ihrer Frau gekommen ist, um sich das Gartenhaus anzuschauen? Wenn Ihre Beziehungwirklich so einvernehmlich geendet hat, ist das doch eigentlich ein seltsames Verhalten.»
    «Vielleicht war sie erstaunt über den Zufall, James bei sich in der Klasse zu haben, und wollte sich das Gartenhaus aus sentimentalen Gründen noch einmal ansehen. Vielleicht wollte sie uns auch einen Streich spielen. Sie muss ja damit gerechnet haben, dass Felicity mir davon erzählen würde.»
    «War es denn Zufall, dass James in ihrer Klasse war?»
    «Natürlich. Wie hätte es denn sonst sein sollen?»
    Sie hat es so arrangiert, dachte Vera. Sie war von Calvert ebenso besessen wie damals von Ben Craven. Sie hat in Erfahrung gebracht, auf welche Schule James geht, und Annie Slater um Hilfe gebeten, um nach Hepworth zu kommen. Dann hat sie das Vertrauen des Jungen gewonnen und diesen Besuch inszeniert, um sich das Gartenhaus anzuschauen. Aber warum? Um Calvert unter Druck zu setzen? Ihn zu erpressen? Einen Augenblick lang saßen sie schweigend da. Calvert wirkte abwesend, aber nicht weiter besorgt. War er tatsächlich so mörderisch arrogant zu glauben, sie würde ihm das alles einfach durchgehen lassen? Schließlich war er es, der das Schweigen brach.
    «Sie suchen einen Täter, der beide Morde zu verantworten hat?»
    «Das ist zumindest unsere Arbeitshypothese.» Mehr wollte Vera ihm nicht verraten. Bisher hatte die Presse glücklicherweise noch nicht von den Einzelheiten über den Tatort des Armstrong-Mordes berichtet, doch trotzdem sprach sich so etwas herum. Freunde und Angehörige redeten, und Polizisten und Spurensicherungsbeamte waren auch nur Menschen. Gute Geschichten waren schließlich zum Weitererzählen da. Sie konnten also nicht völlig ausschließen, dass der Mord an Lily eine Nachahmungstat gewesenwar. Jemand wollte sie töten und es so aussehen lassen, als hätte Lukes Mörder wieder zugeschlagen, um den Verdacht von sich abzuwenden, um das Wasser zu trüben. Die Formulierung gefiel ihr.
Das Wasser trüben
. Das passte hier doch richtig gut.
    «Ich kann den Jungen gar nicht umgebracht haben. Ich war mit den Fußnoten für mein Buch beschäftigt. Außerdem habe ich am Mittwochabend telefoniert. Um halb elf. Es gab da einen Punkt, den ich mit einem Freund diskutieren wollte. Ich nehme an, meine Telefonrechnung wird den Anruf verzeichnen. Es war ein längeres Gespräch auf ein Handy.»
    Vera reagierte nicht gleich darauf, und Holly meldete sich zum ersten Mal zu Wort. «Das passt ja ganz hervorragend, Doktor Calvert. Schade, dass Sie das bisher nicht erwähnt haben. Natürlich werden wir mit diesem Freund reden müssen. Andernfalls hätte der Anruf ja auch von jedem anderen Mitglied Ihres Haushalts stammen können.»
    Diese Antwort ärgerte ihn sichtlich. Er rang um Fassung. Dann lächelte er Holly wieder an. Vermutlich bildete er sich ein, auf junge Frauen zu wirken. «Mir ist völlig klar, dass es ein ganz gewaltiger Fehler war, Ihnen nichts von

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