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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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entfernen. Ein paar Häuser weiter tobten Kinder in einem Planschbecken, kicherten und kreischten vor Freude. Die Frau gab sich Mühe, nicht hinüberzuschauen, als Vera aus dem Wagen stieg und bei Parr klopfte. Wahrscheinlich fand sie es unhöflich, zu auffällig hinzustarren, und wollte nicht den Eindruck erwecken, neugierig zu sein. Vera dachte sich, dass Samuel Parr eigentlich zu Hause sein musste. Es war die richtige Zeit, um das Abendessen vorzubereiten, sich das erste Glas Wein zu genehmigen. Doch niemand öffnete.
    Vera ging zu dem Mäuerchen hinüber, das die beiden Häuser voneinander trennte. Die Nachbarin schien drauf und dran, sich ins Haus zu flüchten.
    «Sie wissen nicht zufällig, wo Mr   Parr sein könnte, oder?»
    «Nein, tut mir leid.» Sie presste die Lippen zusammen, als wäre jedes weitere Wort zu viel.
    «Keine Sorge, Herzchen. Ich will Ihnen nichts verkaufen.» Vera zückte ihren Polizeiausweis und lächelte freudlos. «Ich bin auf der Suche nach Mr   Parr. Es ist dringend.»
    Die Frau schaute nach rechts und nach links die Straße entlang. «Am besten kommen Sie kurz rein.»
    Vom Wohnzimmer aus schaute man auf einen makellosen Garten. Jetzt, wo sie niemand mehr beobachten konnte, schien die Frau auch lockerer zu werden. «Es tut mirleid, ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen helfen kann. Wir sind ja schon seit langem Nachbarn, aber man kann wirklich nicht behaupten, dass wir befreundet wären.»
    «Haben Sie Mrs   Parr noch gekannt?»
    «Claire, ja, natürlich. Was für eine furchtbare Tragödie. Dabei wirkte sie eigentlich immer ganz aufgeräumt. Allenfalls ein bisschen übernervös. Wir waren alle zutiefst geschockt, als es passiert ist.»
    «Und es stand nie zur Debatte, dass es vielleicht kein Selbstmord war?»
    «Aber nein, natürlich nicht. Samuel war am Boden zerstört. Ich bin mir sicher, dass er sich schwere Vorwürfe gemacht hat.»
    «Weshalb hätte er das denn tun sollen?»
    «Nun, das ist doch eine ganz normale Reaktion in einer solchen Situation», sagte die Frau. «Schuldgefühle.»
    «Sie glauben also nicht, dass er ihr einen Anlass zum Selbstmord gegeben hat? Weil er beispielsweise eine andere Frau hatte?»
    «Um Himmels willen, nein!» Die Frau war entsetzt. «Samuel ist doch Bibliothekar!» Als ob sich bei diesem Beruf allein der Gedanke an eine Affäre verböte.
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, dann fragte die Nachbarin: «Weshalb wollen Sie das denn alles wissen?»
    «Ich ermittele gerade in einem anderen Fall», sagte Vera, «und Mr   Parr ist ein wichtiger Zeuge. Der Selbstmord seiner Frau spielt wahrscheinlich keine Rolle dabei. Aber ich bin doch etwas in Sorge um ihn.»
    «Natürlich!», rief die Nachbarin. «Heute ist ja Claires Todestag! Mein Mann hat es heute Morgen noch erwähnt, als ihm beim Zeitunglesen auffiel, welches Datum wir heute haben.» Sie schwieg einen Augenblick. «Sie glauben dochnicht etwa, dass Samuel sich etwas antun könnte? Dass er ohne sie vielleicht nicht weiterleben will?»
    «Nein», antwortete Vera. «Ich glaube nicht, dass es so etwas ist. Aber falls Sie mitbekommen sollten, dass er nach Hause kommt, dann sagen Sie ihm doch bitte, dass er mich zurückruft.»
    Zurück im Wagen, stellte Vera fest, dass sie ihr Handy auf dem Beifahrersitz liegengelassen hatte, während sie sich mit der Nachbarin unterhielt. Zwei verpasste Anrufe, beide von Joe Ashworth. Sie rief ihn gleich zurück.
    «Ich bin mit der Geschichte durch», sagte er.
    «Und?»
    «Am besten kommen Sie gleich her.»

KAPITEL ZWEIUNDVIERZIG 
    Als Vera ihr Büro betrat, war Joe so aufgedreht, wie sie ihn noch nie erlebt hatte. «Lesen Sie die letzten paar Seiten.» Er räumte den Schreibtischstuhl, damit sie sich setzen konnte, und blieb selbst an der Tür stehen.
    Vera vertiefte sich wieder in die Geschichte. Beschrieben wurde ein Garten, in dem die entführte junge Frau gefangen gehalten wurde, ein verwahrloster Garten Eden, Bäume mit fleischigen Blättern und überreifen Früchten, riesige Blumen. Vera fand das alles beklemmend, sie sehnte sich nach Szenen, die irgendwo in den Bergen spielten, an einem Ort mit viel Horizont, einem Ort, an dem ein leichter Wind ging, und dachte sich, dass sie dieses Gefühl eigentlich bereits seit Anbeginn des Falles hatte. Je weiter sie las, desto angespannter wurde sie. Sie rief sich in Erinnerung, dass es ja nur eine Geschichte war, hätte dasBuch aber trotzdem am liebsten weggeworfen, um wieder in ihre Wirklichkeit mit

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