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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Politik schwafelst. Wenn du wirklich was über Politik lernen willst,
geh öfter in die Kneipe.« Ein blechernes Auflachen. »Das wäre doch mal was,
eine blöde alte Kuh wie du in einer Kneipe.« Sie klappert mit den Eiswürfeln in
ihrem Glas. »Alle hier halten zu Bush, nur du ziehst ständig über ihn her.«
    »Könnte es vielleicht sein, dass
du ein bisschen engstirnig bist?«
    »Weil wir was gegen
Scheißmoslems und warme Brüder haben und es nicht richtig finden, Babys zum Klo
runterzuspülen oder ihre Einzelteile an die Forschung zu verkaufen? Wir stehen
eben auf amerikanischen Apfelkuchen, Chicken-Wings, Budweiser und Jesus. Und,
ja, natürlich auch aufs Vögeln. Gib mir mein Geld. Dann halte ich den Mund und
haue ab.«
    »Als Psychiaterin rate ich den
Menschen immer dazu, sich selbst zu erkennen. Doch bei dir mache ich lieber
eine Ausnahme, mein Kind: Für dich wäre es das Beste, wenn du dich nicht allzu
gut kennenlernst.«
    »Eines steht fest«, entgegnet
Shandy gehässig. »Als ich Marino rangelassen habe, war er ziemlich schnell über
dich hinweg.«
    »Er hat sich genau so verhalten,
wie ich vorhergesagt habe, und mit dem falschen Körperteil gedacht«, gibt Dr.
Seif zurück.
    »Du kannst so reich und berühmt
sein wie Oprah Winfrey! Alle Macht und alles Geld der Welt machen einen Mann
nicht so scharf wie ich. Ich bin jung und knackig und weiß, worauf die Kerle
stehen. Außerdem bin ich dabei, sooft sie wollen. Bei mir halten sie länger
durch, als sie es sich je hätten träumen lassen«, prahlt Shandy.
    »Sprichst du jetzt von Sex oder
vom Kentucky Derby?«
    »Nein, davon, dass du alt bist«,
entgegnet Shandy.
    »Vielleicht sollte ich dich in
meine Sendung einladen. Ich wüsste einige interessante Fragen für dich: Was
sehen die Männer an dir? Welchen magischen Duft verströmst du, dass sich alle
an deinen hübschen runden Hintern heften? Wir werden dich vorführen, genau wie
du jetzt aussiehst, und zwar in einer hautengen schwarzen Lederhose und einer
Jeansjacke mit nichts darunter. Natürlich auch die Stiefel. Und zur Abrundung
ein Biker-Kopftuch, das aussieht, als stündest du in Flammen. Ein wenig
abgetragen, zugegeben. Doch es gehörte deinem armen Freund, der leider einen
schrecklichen Unfall hatte. Mein Publikum wäre gerührt, wenn du sein Tuch um
den Hals trägst und versprichst, es erst wieder abzunehmen, wenn es ihm
bessergeht. Bedauerlicherweise muss ich dir mitteilen, dass es ziemlich ernste
Folgen haben kann, wenn die Schädeldecke zerplatzt wie ein Ei und das Gehirn
den Elementen, einschließlich dem Straßenbelag, ausgesetzt wird.«
    Shandy trinkt einen Schluck.
    »Vermutlich werden wir nach
einer Stunde - ich sehe nur Potenzial für eine Folge, nicht für eine längere
Serie - zu dem Schluss kommen, dass du verführerisch und hübsch bist und
zweifellos über eine gewisse Offenherzigkeit verfügst«, fährt Dr. Seif fort.
»Aller Wahrscheinlichkeit nach wirst du dein schlichtes Weltbild noch eine
Weile aufrechterhalten können. Doch wenn du erst einmal in dem Alter bist, auf
das du mich schätzt, wird die Schwerkraft dich schon läutern. Wie werde ich es
in meiner Sendung ausdrücken? Irgendwann hat die Erde uns alle wieder. Das
Leben ist aufs Fallen angelegt. Nicht aufs Stehen oder Fliegen, ja, vielleicht
nicht einmal aufs Sitzen. Auf einen Fall, der so tief ist wie der von Marino. Als
ich dich ermutigt habe, Kontakt zu ihm aufzunehmen, nachdem er so leichtsinnig
war, sich zuerst an mich zu wenden, war ein solcher Absturz nicht abzusehen. Du
kannst wirklich eine Menge Schaden anrichten, mein Kind. Aber für einen
Menschen, der so weit unten ist wie Marino, geht es nicht mehr viel weiter
bergab.«
    »Gib mir mein Geld«, beharrt
Shandy. »Oder soll ich dir etwas dafür bezahlen, dass ich mir nicht länger dein
Geschwätz anhören muss? Kein Wunder ...«
    »Sprich es nicht aus«, fällt Dr.
Seif ihr scharf, allerdings mit einem Lächeln, ins Wort. »Wir haben uns darauf
geeinigt, über wen wir niemals reden und welche Namen wir nicht erwähnen
wollen. Es ist nur zu deinem eigenen Besten. Das darfst du nie vergessen. Du
hast nämlich viel mehr Grund als ich, dir Sorgen zu machen.«
    »Du solltest mir dankbar sein«,
entgegnet Shandy. »Willst du die Wahrheit hören? Ich habe dir einen Gefallen
getan, denn ab jetzt wirst du dich nicht mehr mit mir beschäftigen müssen.«
    »Ich bin dir ganz und gar nicht
dankbar«, sagt Dr. Seif. »Und ich wünschte, du hättest mich nie angerufen,

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