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TotenEngel

TotenEngel

Titel: TotenEngel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Fischer
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entschlossen, und er kämpfte wie ein Löwe mit Klauen, Zähnen und flatternder Mähne um die Krone der Gerechtigkeit.
    Manhijmer lehnte in einer Fensternische und zog hastig an einer bereits halb gerauchten Zigarette, deren Asche er in eine blaue Nivea-Dose schnippte. Als Zugeständnis an das absolute Rauchverbot im Gericht hatte er das Fenster einen Spaltbreit geöffnet. Der Wind drückte gegen den Flügel und blähte seine Robe, die er nur nachlässig um die Schultern geworfen hatte. Darunter trug er eine Diesel-Jeans, Puma-Sneakers und ein abgewetztes dunkelblaues Valentino-Sakko zu einem hellblauen Polohemd, das am Kragen offen stand. Ein karierter PLO -Schal war um den fleischigen Hals geschlungen.
    Der Advocaat winkte Van Leeuwen mit der Zigarette . Seine Finger waren kräftig, die Hände manikürt, aber unter den Fingernägeln saßen kleine, schmutzige Halbmonde. Kurze blonde Lockenringelten sich ihm in die Stirn, über die Ohren und in den Nacken. Die braunen Augen, klein und hellwach, waren von geplatzten Äderchen durchsetzt. Ein kurzes einladendes Lächeln hinterließ den Eindruck, so aufrichtig und ernst gemeint gewesen zu sein, wie ein Lächeln nur ernst gemeint sein konnte: serenitas animae , vielleicht das Geheimnis entschlossenen, barmherzigen Löwenmuts. »Ich sehe die Chance auf einen Deal, Mijnheer van Leeuwen«, fuhr er genauso dröhnend fort. »Ich habe mit Procureur Piryns geredet, und der hat mit dem Richter gesprochen: Der Täter ist geständig, und wir haben eine Motivlage, die keinerlei weitere Beweisaufnahme oder Zeugenaussagen nötig macht, abgesehen von der Frau, Ailing Wu. Wir können uns und der Staatskasse also ein langes Verfahren ersparen, und falls der Richter sich unserer Meinung anschließt, kriegen wir vielleicht heute schon ein Urteil.«
    »Und wie stellen Sie sich diesen Deal vor, Mijnheer Manhijmer?«, fragte der Commissaris.
    »Es gibt ein Geständnis, und es gibt mildernde Umstände«, sagte der Advocaat. »Wir ziehen das Geständnis nicht zurück, und wir verzichten darauf, die fragwürdigen Methoden, aufgrund derer es zustande gekommen ist, einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Außerdem werden wir mithilfe von Mevrouw Wu die mildernden Umstände, die bei den bisherigen Ermittlungen noch nicht genügend gewürdigt wurden, zu Gehör bringen. Dafür wird die Anklage von Mord auf Totschlag im Affekt geändert und die Strafe unter Berücksichtigung der körperlichen Verfassung von Mijnheer Wu sowie der mangelnden Wiederholungsgefahr bemessen.«
    »Von mildernden Umständen ist mir nichts bekannt«, erwiderte der Commissaris, »und von fragwürdigen Methoden noch weniger, Mijnheer.« Er spürte, wie ihm heiß wurde unter der eng sitzenden Uniformjacke. Es war eine scharfe Hitze, die mit einem Stich im Magen begann und zum Herzen hochstieg.
    Der Gerichtsdiener trat aus der offenen Tür des Sitzungssaals und verkündete: »Strafsache 3771/17/54 – das Volk gegen Zheng Wu. Die Öffentlichkeit ist nicht zugelassen!« Der Wachtmeister packte die Griffe an der Rückseite des Rollstuhls und schob denChinesen über die Türschwelle. Es war nur ein kleiner Saal ohne Fenster, wie geschaffen für eine Verhandlung, die mit einem bereits vorher im Rahmen einer Absprache ausgehandelten Urteil enden sollte. Der Wachtmeister rollte Zheng Wu einen schmalen Mittelgang entlang bis zur ersten Sitzreihe vor der Richterbank.
    Manhijmer drückte seine Zigarette auf dem Boden der Nivea-Dose aus, verschloss sie mit dem darunter festgeklemmten Deckel und verstaute sie in der bereits leicht glänzenden Außentasche seines Sakkos. »Wo bleibt denn Mevrouw Wu?«, fragte er.
    »Keine Sorge, sie wird jeden Augenblick hier sein«, antwortete Van Leeuwen, noch immer aufgebracht. Er sah den Gang hinunter zum Aufzug, konnte jedoch weder Brigadier Tambur noch Ailing entdecken. Dafür bemerkte er Procureur Piryns. Der Staatsanwalt näherte sich dem Sitzungssaal mit eiligen, leicht hinkenden Schritten, unterstützt von seinem Ebenholzstock wie von einem missgeformten dritten Bein, das an der rechten Schulter begann.
    »Ich weiß, dass Sie nichts von Deals halten, Commissaris«, sagte Oskar Manhijmer. »Für Sie sind das schäbige Kuhhandel, die in amerikanischen Fernsehserien vorkommen und in unserer Rechtsordnung nichts zu suchen haben, schon gar nicht bei Kapitalverbrechen. Stimmt, völlig richtig. Bloß, dass sie trotzdem längst praktiziert werden, heimlich, still und leise hinten im Richterzimmer, weil

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