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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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einen Lappen. Ihr wird übel, aber das kommt nicht von der homöopathischen Dosis des weißen Pulvers, das ihre Zunge kaum merklich betäubt. Nicht direkt jedenfalls.
    »Verdammte Scheiße«, flucht Oda laut in die Stille. Sie rennt aus dem Zimmer, die Treppe hinunter, dann wieder hinauf, weil sie den Korkenzieher vergessen hat. Mit fahrigen Bewegungen öffnet sie den Côteaux de Montélimar, ungeschickter als sonst. Während sie sich ein Glas eingießt, bricht sich ihr Sinn für Sarkasmus kurzzeitig Bahn: Mutter entdeckt, dass Tochter kokst, und spült den Schock mit Alkohol hinunter . Großartig!
    Sie leert ein Glas in einem Zug und setzt sich auf das Sofa, legt die Arme um die Knie, während in ihrem Kopf widersprüchliche Gedanken kreisen: Beruhige dich, Oda, es war eine Party. Es ist nicht einmal gesagt, dass Veronika es war, die von dieser Hülle eine Nase gezogen hat. Und selbst wenn, das ist kein Drama, das ist fast normal. Hast du nicht selbst oft genug gekifft und gekokst und noch ganz andere Sachen ausprobiert? – Ja, verdammt. Aber heute bin ich Polizistin, und ich habe in den letzten sechzehn Jahren genug Leute gesehen, die sich mit Drogen zugrunde gerichtet haben. Und es geht nicht, dass in meiner Wohnung Drogen konsumiert werden, auch nicht auf Partys! Es muss doch selbst eine Sechzehnjährige genug Grips haben, um einzusehen, dass das ein Unding ist. Dass mich das den Job kosten kann.
    Sie reißt eine frische Packung Zigarillos auf und zündet sich einen an, obwohl sie sonst nie im Haus raucht – wegen Veronika.
    Sie nimmt ein paar gierige Züge und sagt sich dabei: Sie ist deine Tochter, Oda, es wäre ein Wunder, wenn sie so was nicht wenigstens mal ausprobieren würde. Nach dem zweiten Glas Wein hat sich ihre Panik ein wenig gelegt. Zumindest hat das Mädchen Stil, erkennt Oda. Heutzutage muss man ja froh sein, wenn sie gutes altes Koks schniefen und nicht irgendeinen Dreck einwerfen, der ihnen das Hirn auf der Stelle zerfrisst.
    Die Landjugend hat sich an einem Biertisch hinter dem Ausschank niedergelassen. Selbstverständlich gibt es auch bei den Jugendlichen nur ein Thema: »Scheiß Leiche. Die Hälfte der Leute ist schon weg, und der Rest steht dumm rum und säuft kaum noch was.«
    »Darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten?«, fragt Fernando, der an den Tisch getreten ist.
    »Ey, ich hab sie gesehen. Sah aus wie ein Zombie.«
    »Nee, schlimmer. Ich bin immer noch ganz fertig davon. Gib mir mal ’ne Kippe.«
    »Ruhe jetzt!«
    Die Gespräche verstummen, acht Augenpaare richten sich auf Fernando.
    »Ey, wo bist du denn ausgebrochen?«, fragt schließlich einer, und der Rest kichert.
    »Kripo Hannover. Ich muss euch ein paar Fragen stellen.«
    »Du bis’n Sheriff?«
    »Müssen Bullen nicht größer sein?« Die ganze Bande lacht.
    Kein guter Anfang. Fernando, der sich für eins achtzig hält, fixiert den Sprecher, einen blonden Hünen – vermutlich nur ein Sitzriese –, und entgegnet: »In meinem Beruf kommt es mehr auf die geistige Größe an.«
    Der Lulatsch scheint der Häuptling der Gruppe zu sein. Sie besteht aus sechs Jungs und zwei Mädchen, die alle weit davon entfernt sind, nüchtern zu sein. Drei von ihnen rauchen, ein Junge hat den Kopf auf den verschränkten Armen abgelegt und sieht aus, als würde er jeden Moment einschlafen. Zahlreiche leere Bierflaschen und kleine Gefäße mit der Aufschrift Kleiner Feigling und Kleiner Keiler zeugen von regem Konsum.
    »Wie ist dein Name?«, fragt Fernando den Blonden.
    »Ich bin der Matze.« Matze streckt Fernando leutselig die Hand hin. Der Kerl hat einen Händedruck wie eine Rohrzange. Matze hat die Haare hochgegelt und in die Stirn gezogen, eine Robbie-Williams-Frisur, die ihre Zeit längst hinter sich hat.
    »Matthias Kolbe«, souffliert Wanda, die in zwei Metern Abstand an einem Stehtisch lehnt. Sie hat sich Fernando vorhin angeschlossen, als er sich nach den Mitgliedern der Landjugend erkundigt hat.
    »Denkst du, ich werde mit ein paar angesoffenen Lümmeln nicht fertig? Schließlich bin ich in Linden aufgewachsen«, hat Fernando ihre Begleitung abgewehrt, aber Wanda hat seinen Einwand schlicht ignoriert. Genauso stur wie ihr Vater, hat Fernando noch gedacht.
    Nun drehen sich die Jungs nach Wanda um, und einer mit rötlichem Borstenhaar, das an einen Fußabtreter erinnert, lallt: »Ey, Wanda … willste mir nich mal einen lutschen?« Gelächter.
    Fernando holt Atem, um den Flegel in die Schranken zu weisen, aber Wanda winkt ab: »Lass mal.

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