Totenfeuer
Nachtwache.«
»Da war Eile angesagt. Um sechs macht hier der Getränkemarkt zu«, ergänzt Matze und hebt seine Flasche. »Prost, Männer – Ladys! Wie lautet unser Motto?«
»Einer für alle, alle für einen!«, skandiert der ganze Tisch. Die Flaschen klirren aneinander. »Zicke, zacke …«
»Hey!«, brüllt Fernando aus Leibeskräften. »Könnt ihr euch mal zusammenreißen? Das ist eine polizeiliche Befragung!«
»Ouuu, Spielverderber!« – »Reg dich ab, Bulle!« Unter Protestgemurmel wird erst mal getrunken, dann kehrt wieder Ruhe ein.
Fernando fährt fort: »Als ihr Getränke kaufen wart, war niemand von euch hier oben an der Feuerstelle?«
Alle schütteln mit den Köpfen. Wer nicht in Matzes Auto passte, fuhr mit dem Moped oder dem Fahrrad hinterher, zum Getränkemarkt, das stellt sich nach etlichen Nachfragen heraus.
»Wenn die Bredenbecker oder die Vörier uns den Haufen anzünden wollten, dann würden sie das in der Nacht versuchen«, erklärt Maren.
»Genau. Tagsüber gildet’s nicht!«, bekräftigt Isabella und zündet sich eine Zigarette an. Ihre Wimperntusche ist verlaufen, sie sieht aus wie ein Panda, was sie jedoch nicht daran hindert, durch den Rauch in Fernandos Richtung zu klimpern.
Ihre Avancen ignorierend, fragt der Kommissar: »Wann wart ihr wieder zurück an der Feuerstelle?«
»Um halb acht, so ungefähr«, gibt der blonde Hüne an. »Wir mussten ja auch noch den Grill holen.«
»Carsten geht nicht ans Handy, und auf dem Festnetz meldet sich keiner«, verkündet Ole Lammers.
»Verdammt«, knurrt Fernando beunruhigt, fährt jedoch erst einmal mit der Befragung fort: »Ist der Haufen von diesem Zeitpunkt an bis zum Anzünden heute Abend noch mal umgedreht worden?«
»Nö, wozu das denn?«, entgegnet Matze, erstaunt über die seltsamen Fragen des Städters.
»Wir sind ja froh, wenn er mal steht«, wiehert Jan. Dem Satz folgt ein allgemeiner Heiterkeitsausbruch.
Fernando spürt, wie er immer ungeduldiger wird. »Die Nachtwache: Ich muss wissen, wer beim Feuer war und wie lange.«
Es entspinnt sich eine längere Diskussion, bei der es im Wesentlichen darum zu gehen scheint, wer wie viel Osborne -Cola getrunken hat und wie besoffen der jeweils andere war.
»Jan hat nur eine Mische getrunken und schon gekotzt wie ’n Reiher!«
»Quatsch. Erzähl das deinem Pfleger.«
»Doch, auf meinen Schlafsack, weißt du das nicht mehr?«
»Ole, Torsten und Carsten Meier hatten die letzte Schicht«, sagt Matze schließlich.
»Stimmt das?«, wendet sich Fernando an Torsten und Ole.
»Ja, das stimmt«, murmelt Torsten und sieht dabei seinen Freund Ole an, der bestätigt: »Ja, wir drei waren bis zum Sonnenaufgang da.«
»Was genau heißt Sonnenaufgang?«
»Das ist, wenn’s hell wird, am Morgen«, feixt Robert. Eine halb gerauchte Zigarette hängt dem Witzbold lässig im Mundwinkel.
Fernando runzelt die Augenbrauen. »Ich meine die genaue Uhrzeit«, entgegnet er mühsam beherrscht.
»Die Sonne geht zurzeit um halb sieben auf, aber es dämmert schon eine Stunde vorher«, erläutert Torsten. »Wir waren bis kurz vor sieben auf dem Berg, so genau habe ich nicht darauf geachtet. Dann sind wir nach Hause.«
»Wie?«
»Mit den Mopeds, wie sonst?«
»Ab wann wart nur noch ihr drei beim Feuer?«
»So ab drei vielleicht«, antwortet Ole und schaut dabei fragend in die Runde.
»Also laut meiner Alten war ich um drei zu Hause. Angeblich soll ich Lärm gemacht haben«, meint Jan grinsend.
»Kann man sich gar nicht vorstellen«, behauptet Robert und sagt: »Ich war auch so etwa um drei in der Kiste. Mann, war mir kalt.«
»Hättest mehr saufen sollen«, entgegnet Sebastian.
Maren ist mit ihrem Freund Matze ebenfalls um drei gegangen, Sebastian hat Isabella schon gegen zwei »abgeschleppt«, wie es sein Kumpel Jan ausdrückt.
»Und ihr beide und dieser Carsten, ihr habt also bis zum Morgen Wache gehalten?«, wendet sich Fernando erneut an Ole und Torsten. Die beiden nicken synchron.
»Ihr habt nicht geschlafen – abwechselnd vielleicht?«
Torsten schüttelt den Kopf.
»Ihr trinkt den ganzen Abend Osborne -Cola und wollt dann bis zum Morgen ununterbrochen wach geblieben sein? Das kauf ich euch nicht ab.«
»Wir haben nicht so viel getrunken«, antwortet Ole.
»Tunte!« – »Weichei!«– »Vegetarier!«, tönt es am Tisch.
»Haltet doch mal den Rand«, herrscht Fernando die Zwischenrufer an.
»Ich bin es gewohnt, bis in die Morgenstunden wach zu bleiben«, behauptet Torsten
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