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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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das tut sie. Inzwischen riecht die ganze Wohnung wie eine Gruft. Aber er hat geschwiegen, denn zwischen ihren Augen stand diese strenge Falte, und für einen Moment sah seine Mutter ihrer Tante sehr ähnlich. Die saß in der Küche, düster und aufrecht wie eine Pinie, und Fernando hatte den Eindruck, dass sie genau wusste, worüber er und Pedra redeten, obwohl er flüsterte und sie Deutsch sprachen. Vielleicht ist es wirklich an der Zeit, langsam ans Ausziehen zu denken. Mit fast fünfunddreißig wäre das ja auch nicht mehr zu früh. Bisher hat Fernando auf die richtige Frau gewartet, um mit ihr einen eigenen Hausstand zu gründen, doch allmählich hat er das Gefühl, dass es dazu niemals kommen wird, wenn er noch länger bei seiner Mutter wohnt. Frauen haben da irgendwie ganz seltsame Vorurteile.
    »Was genau meinen Sie mit ›etwas aufgefallen‹?«, fragt Jule während der Fahrt aufs Land.
    »Ich weiß es selbst nicht«, gibt Völxen zu. »So diese kleinen Dinge eben. Sachen, auf die keiner groß was gibt, die das Geschehen aber durchaus erhellen können.«
    »Aha«, sagt Jule, die den Wagen steuert. Hoffentlich dauert das nicht allzu lange. Leonard hat heute Morgen angerufen. Er würde eventuell am Abend auf eine Stunde bei ihr vorbeikommen. Eine Stunde. Eventuell. Wie erbärmlich, denkt Jule, aber sie hat geantwortet: »Schön. Ich freu mich.«
    Oda geht in ihr Büro und zündet sich einen Zigarillo an. Es ist ja keiner da, der sie deswegen anschnauzen könnte. Sie greift zum Telefon, wählt Dr. Bächles Handynummer und zirpt: »Einen wunderschönen guten Morgen, Dr. Bächle.«
    »Frau Krischtensen? Was führt Sie denn in meine Leitung?«, klingt es gut gelaunt.
    Oda erläutert ihm den Grund ihres Anrufs.
    »A Leich’ im Oschderfeuer?«, wiederholt Dr. Bächle ungläubig. »Heilig’s Blechle!«
    »Eben. Und ich dachte, ich frag mal nach, ob Sie vielleicht ausnahmsweise heute noch …«
    »Werte Frau Kommissarin, Sie wissen aber schon, dass mir Oschdermontag hend?«, unterbricht sie Dr. Bächle, schon nicht mehr ganz so fröhlich. »Wie stelled Sie sich des vor, so ganz ohne Assischdenz? Und außerdem schteh i grad in Hameln auf’m Golfplatz.«
    »Seit wann spielen Sie denn Golf?«, staunt Oda.
    »Seit Freitag. Drei Dag’ Schnupperkurs. Nachher gibt’s ein Paddingturnier und ein Essen und die Siegerehrung.«
    »Und? Machen Sie Fortschritte?«, erkundigt sich Oda neugierig.
    Bächle verfällt in einen Flüsterton, der es nicht gerade einfacher macht, seinen schwäbischen Akzent zu verstehen. »Es isch a Kreiz, der Ball isch viel z’ kloi.«
    »Wie bitte?«
    »Es ischt ein Kreuz, der Ball ischt zu klein«, wiederholt der Schwabe. Dann dringt ein tiefer Seufzer aus dem Hörer. »Frau Krischtensen, großes Indianerehrenwort: Morgen in aller Herrgottsfrüh schau i als Erschtes nach Ihrer Leich’.«
    »Danke, Sie sind ein Schatz«, antwortet Oda und wünscht Dr. Bächle viel Erfolg beim Putten.
    Eigentlich könnte sie jetzt nach Hause gehen, stattdessen starrt sie rauchend aus dem Fenster. Ihre Gedanken sind schon längst wieder woanders. Sie hat beschlossen, ihre Tochter vorerst nicht zur Rede zu stellen, sondern sie in nächster Zeit aufmerksam zu beobachten. Ihr notfalls sogar nachzuspionieren. Nicht, dass sie das gerne tun würde, aber es erscheint ihr besser, als mit einer falschen Anschuldigung einen Bruch zu riskieren. Vielleicht war diese Kokserei ja eine einmalige Sache, ein Partygag, der es gar nicht wert ist, dass sie sich darüber aufregt.
    »Du bist noch da?« Fernando lehnt in der Tür.
    »Ich hab mit Bächle gesprochen, er spielt neuerdings Golf.«
    »Tiger Bächle? Der ist ja kaum größer als der Schläger.«
    Fernando gehört mit eins fünfundsiebzig auch nicht gerade zu den Hünen, aber Oda verkneift sich eine diesbezügliche Bemerkung. »Fernando, ich muss dich was fragen.«
    »Nur zu.«
    »Hast du noch Kontakte zur Drogenszene?«
    »Ja, schon. Warum, brauchst du was?«
    »Idiot«, faucht Oda.
    »Geht’s um Veronika?«
    »Wie kommst du darauf?«, fragt Oda erschrocken.
    »Weil du reagierst wie eine Furie, und das ist sonst nicht deine Art.«
    Oda bringt nur ein resigniertes Nicken zustande.
    »Reg dich nicht auf, Oda. Du warst doch bestimmt auch keine Heilige, oder? Haben wir nicht letztes Jahr zusammen mit Jule …«
    »Ja, ja, schon gut, ich erinnere mich«, winkt Oda rasch ab. »Aber das ist doch ganz was anderes.«
    »Wieso?«
    »Weil ich vierzig bin, und sie ist sechzehn. Und sie muss

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