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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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entsorgen.«
    »Nach allem, was von dieser Landjugend-Truppe in Erfahrung zu bringen war, könnte jemand am Samstag zwischen fünf und halb acht Uhr abends die Gelegenheit gehabt haben, eine Leiche zwischen dem Brandgut verschwinden zu lassen, oder aber am Sonntag von sieben Uhr am Morgen bis etwa neun Uhr«, beendet Fernando seinen Bericht.
    Zehn Uhr, Morgensitzung in Völxens Büro. Fernando und Jule sitzen auf den Besucherstühlen, Oda Kristensen und Eva Holzwarth, die Staatsanwältin, teilen sich das kleine Ledersofa. Richard Nowotny, der wegen eines Hüftleidens keinen Außendienst mehr macht, dafür aber die wichtige Aufgabe der Aktenführung übernimmt, thront auf Völxens rückenfreundlichem Sessel, während Völxen selbst mit halbem Hinterteil auf der Kante seines Schreibtisches balanciert. Nun ergreift er das Wort: »Zu bedenken ist, dass die Gegend da oben auf dem Vörier Berg und dem Wolfsberg beliebt ist bei Spaziergängern und Freizeitsportlern, besonders an Wochenenden. Außerdem hätten am Samstagabend jederzeit Leute vorbeikommen können, die noch im letzten Moment ihr Gestrüpp für das Osterfeuer abladen wollen.« Er nimmt einen Schluck Tee und verzieht das Gesicht. Wieso schmeckt der wie Gras? Green Dream steht auf dem Etikett am Teebeutel. Ein Fehlgriff, Frau Cebulla, die Abteilungssekretärin, ist nicht da. Die hätte Bescheid gewusst. Er verabscheut grünen Tee ebenso wie diese Tasse mit den kopulierenden Schafen darauf, aber eine andere hat er nicht gefunden.
    Seit auf der Dienststelle bekannt war, dass er Schafe hält, tauchten überall Gegenstände mit Schafmotiven auf: Tassen, Teller, Kalender, Bleistiftspitzer, Postkarten, Mousepads und natürlich Plüschschafe. Irgendwann ist dem Dezernatsleiter der Kragen geplatzt, er hat sein Büro zur schaffreien Zone erklärt, und der ganze Plunder landete bei Frau Cebulla. Die hat es nicht übers Herz gebracht, das Zeug einfach wegzuwerfen, weshalb es auf den Schränken und Regalen ihres Büros von Schafen nur so wimmelt.
    Völxen schiebt das Getränk von sich und gesteht: »Ich selbst bin am frühen Samstagabend noch schnell dort raufgefahren und habe einen Hänger voll alter Zaunlatten abgeladen. Das Brandgut war zu dem Zeitpunkt bereits aufgeschichtet, und kein Mensch war vor Ort. Ich hätte problemlos eine Leiche unter dem Stapel verschwinden lassen können.«
    »So problemlos auch wieder nicht. Du konntest nicht mit Sicherheit wissen, dass keiner vorbeikommt«, entgegnet Fernando.
    »Das stimmt«, gibt ihm Völxen recht. Die Mission war in der Tat heikel und mindestens so aufregend, als hätte er sich tatsächlich einer Leiche entledigt. Die alten Zaunlatten waren nämlich dick mit grüner Farbe lackiert, was den Umweltauflagen, die für Osterfeuer gelten, zuwiderläuft. Klammheimlich hat Völxen die Latten tief unter das Gestrüpp geschoben, um sie auf diese Weise den prüfenden Blicken des Ortsbrandmeisters zu entziehen. Dazu musste er sogar noch einen der schweren Strohballen wegzerren und nachher wieder an seine Stelle wuchten. Eine Heidenarbeit, die ihm keine Anerkennung einbrachte, denn als er beim Abendessen stolz von seinem Coup erzählt hat, meinte Wanda: »Papa, du bist ein Umweltschwein.«
    »Das heißt, wer immer die Leiche dort abgeladen hat, ist entweder sehr naiv oder sehr kaltblütig vorgegangen«, fasst Oda zusammen.
    »Oder er hatte einfach Glück«, ergänzt Fernando.
    »Was sagt denn die Spurensicherung?«, will die Staatsanwältin wissen.
    »Noch gar nichts«, antwortet Völxen. »Die Spurenlage ist natürlich eine Katastrophe. Zig Leute sind da oben herumgetrampelt, ein rangierender Trecker, dazu das Feuer und dann noch das Löschwasser.«
    Eva Holzwarth nickt nur griesgrämig. Die Staatsanwältin macht erst gar nicht den Versuch, ihren Unmut darüber zu verbergen, dass ihr der Leichenfund die Feiertagspläne verhagelt hat.
    »Außerdem kann man wahrscheinlich erst heute damit anfangen, die Feuerstelle gründlich zu untersuchen, es gibt immer noch Glutnester darin«, erklärt Jule, die vorhin mit Rolf Fiedler, dem Leiter der Spurensicherung, telefoniert hat.
    Völxen ist angespannt. Den Leichenfund in seinem Dorf, noch dazu unter so makabren Umständen, nimmt er geradezu persönlich, aber sein Tatendrang wurde schon heute Morgen gebremst: »Die Feiertagsbesetzung ist nur für Notfälle da. Sektionen werden erst wieder ab Dienstag vorgenommen«, hat man ihm im rechtsmedizinischen Institut der MHH , der Medizinischen

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