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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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Pause, schnäuzt in ein Papiertaschentuch. »Aber vor vier Jahren hat er sich selbstständig gemacht und sich auf natürliche Heilmethoden spezialisiert.«
    Oda zieht verwundert ihre Augenbrauen hoch.
    »Meine Mutter ist vor fünf Jahren an Krebs gestorben. Es hat ihn sehr mitgenommen. Danach hat er sich von der Schulmedizin abgewandt.«
    »Könnte es sein, dass Ihr Vater in seiner Praxis ist?«, mischt sich Fernando ins Gespräch.
    »Nein, dort bin ich gerade gewesen, da war alles dicht. Die Praxis ist über Ostern geschlossen. Ich habe Tian angerufen, aber der wusste auch von nichts.«
    »Wer ist Tian?«
    »Tian Tang. Er betreibt die Praxis mit meinem Vater zusammen.
    »Hat Ihr Vater eine Freundin oder Lebensgefährtin?«
    »Nein. Er lebt allein.«
    »Das war nicht ganz die Frage«, setzt Oda nach.
    Sie schüttelt den Kopf. »Nichts von Bedeutung jedenfalls, sonst wüsste ich davon.«
    Ist das so?, zweifelt Oda. Hält ein Mann von sechzig Jahren seine erwachsene Tochter, die nicht mehr bei ihm lebt, über sein Liebesleben auf dem Laufenden? Der Wagen ist nicht da – vielleicht hat sich ihr Vater spontan zu einem österlichen Kurzurlaub entschlossen?
    Offenbar hat Anna Felk Odas Gedanken erraten, denn sie sagt: »Er ist auch nicht verreist, bestimmt nicht. Mein Großvater ist am Freitag gestorben.«
    »Oh, das tut mir leid. War das der Vater Ihres Vaters?«
    Sie nickt, und insgeheim gibt Oda der jungen Frau recht. Kein guter Zeitpunkt für Lustreisen.
    Anna Felk sieht Oda Hilfe suchend an. Ihre Augen sind salbeigrün und füllen sich nun erneut mit Tränen, als sie sagt: »Und Oscar ist auch weg.«
    »Wer ist Oscar?«
    »Das ist sein Hund.«
    Fernando parkt vor einem Haus mit leicht maroder Jugendstilfassade in der Nordstadt. Er hat Anna Felk davon überzeugen können, ihren alten Fiesta stehen zu lassen und sich von ihm in einem der Dienstwagen nach Hause fahren zu lassen. »Sie sind viel zu nervös, Sie bauen sonst noch einen Unfall.«
    Im Hintergrund hat Oda die Augen verdreht und gesagt: »Wir werden nach dem Wagen Ihres Vaters suchen lassen. Die Obduktion des bewussten Leichnams findet erst morgen früh statt. Danach wissen wir bestimmt mehr.« Dann hat sie Anna Felk noch um die Handynummer dieses Herrn Tang gebeten.
    »Wohnen Sie alleine?«, fragt Fernando, als er den Motor abstellt.
    »Im Moment ja.«
    »Sind Sie sicher, dass Sie jetzt allein sein wollen?« Als Fernando merkt, wie sich das anhört, fügt er rasch hinzu: »Ich meine – haben Sie vielleicht Verwandte oder Freunde, die Sie anrufen könnten?« Oder einen Freund, fügt er in Gedanken hinzu.
    Sie schüttelt den Kopf. »Es geht schon.«
    »Kann ich noch was für Sie tun? Haben Sie heute schon was gegessen?« Fernando merkt, dass er selbst langsam Hunger bekommt. Ihm tut die junge Frau leid. Außerdem ist sie sehr hübsch.
    »Ich möchte nichts. Ich muss jetzt meine Katze versorgen.«
    »Na dann …« Fernando geht um den Wagen herum und öffnet ihr die Beifahrertür. Sie steigt aus, langsam, als würde sie jede Muskelbewegung eine Menge Kraft kosten. Vor der Haustür hat sie anscheinend ihre Meinung geändert, sie dreht sich um und ruft Fernando zu: »Wenn Sie noch Zeit haben – ich könnte uns eine Tasse Tee machen.«
    »Gute Idee«, meint Fernando, der Tee verabscheut, und macht sofort wieder kehrt. Sie steigen hinauf in den vierten Stock, Anna sperrt die Tür auf.
    Eine schwarze Katze kommt angelaufen, mustert Fernando misstrauisch und rast davon. »Nero ist ein bisschen ängstlich.«
    Er folgt ihr durch einen langen Flur in die Küche mit Blick zum Hinterhof. Ein großer Tisch aus dunklem Holz steht vor dem Fenster, darauf Reste eines einsamen Frühstücks und ein Korb mit Eiern in sanften Pastellfarben. Anna Felk setzt Wasser auf, Fernando räumt ein paar Zeitschriften von einem Stuhl und setzt sich hin. An der Wand hängen gerahmte Fotografien: Häuser, von denen die Farbe und der Putz abbröselt, und alte Straßenkreuzer. »Ist das Kuba?«
    »Ja, Havanna. Ich war vor zwei Jahren dort.«
    »Das ist eine schöne Wohnung.« Sie ähnelt der Lindener Altbauwohnung, die er mit seiner Mutter bewohnt: hohe Räume, der Dielenboden etwas abgenutzt, Leitungen auf Putz, der Charme des Altbaus ist erhalten geblieben, auch wenn die neuen Fenster aus Kunststoff sind. Die Einrichtung hingegen ist ganz anders, keine düsteren spanischen Möbel, wie bei Fernando zu Hause, sondern ein solider, moderner Landhausstil, der nicht so ganz in diesen Altbau und zu

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