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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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eigentlich auch einen recht vernünftigen Eindruck.«
    »Das Mädel kann einem wirklich leidtun. Stellt euch mal vor, sie wäre selbst bei dem Osterfeuer gewesen!« Altbauer Koch, dessen Enkel Kalle der unglückliche Treckerfahrer ist, der die Leiche aus dem Feuer aufgegabelt hat, greift schaudernd zur Schnapsflasche.
    »Unser Kommissar wird das schon aufklären«, poltert Jakob Rollik und haut Völxen auf die Schulter.
    »Genau. Noch ’n Kurzen, dann geh ich nach Hause«, verkündet Köpcke.
    »Ich komm mit«, stimmt ihm Völxen rasch zu.
    Kurze Zeit später machen sich die beiden Nachbarn leicht schwankend auf den Heimweg.
    »Tut das gut, die frische Luft«, stöhnt Völxen, der nach etlichen Bieren mit Korn nicht mehr ganz nüchtern ist. Am Zaun von Völxens Schafweide trennen sich ihre Wege, aber ohne es verabredet zu haben, bleiben die beiden davor stehen. Es ist eine schöne Nacht. Der Mond kriecht hinter einer Wolke hervor und taucht die Weide in ein silbriges Licht. Die fünf Schafe heben sich hell vor der Schwärze des Schuppens ab.
    »Jetzt ist er wieder friedlich«, grinst Köpcke. »Das Mistvieh, das elende.«
    Völxen brummt zustimmend, und für ein paar Momente hört man nur das orgiastische Froschgequake von Köpckes Teich.
    »Sag, Jens, was ist eigentlich so schlimm daran, wenn einer seinen Beruf satt hat und etwas anderes macht? Das kann doch jedem von uns passieren, wieso regen sich bei Felk alle darüber auf?«
    »Das ist halt der Unterschied zwischen einem Arzt und einem Fliesenleger«, antwortet Köpcke.
    »Wenn der Felk Fliesenleger geworden wäre«, spinnt Völxen den Faden weiter, »hätte es dann auch so viel Gerede gegeben?«
    »Keine Ahnung.« Köpcke unterdrückt nachlässig einen Rülpser.
    Völxen redet sich in Rage: »Dauernd hört man: Scharlatan, Quacksalber, Hokuspokus. Dabei war von denen noch keiner dort, oder?«
    »Ich jedenfalls nicht«, stellt Köpcke klar.
    »Es muss ja auch keiner hingehen«, resümiert der Kommissar. »Ich geh ja auch in kein Sonnenstudio und in kein Nagelstudio, aber von mir aus könntest du hier trotzdem eines aufmachen, Jens, das wäre mir egal, wirklich.« Köpcke prustet vor Lachen, während Völxen weiterphantasiert: »Und wenn ich mal die Schnauze voll habe von diesem ganzen Scheiß Verwaltungskram – und das wird bald sein, das verrate ich dir –, dann möchte ich ein … eine Schafzucht aufmachen können, ohne dass ich ins Gerede komme.«
    »Du bist doch schon längst im Gerede wegen deiner Schafe. Besonders seit heute!«
    Dazu schweigt Völxen, und Köpcke denkt geraume Weile über Völxens Worte nach, so lang, dass Völxen schon glaubt, sein Nachbar sei über dem Zaun hängend eingeschlafen. Doch dann richtet sich Köpcke auf und präsentiert das Ergebnis seiner Kopfarbeit: »Es gibt einen gravierenden Unterschied, Völxen, einen gravierenden.«
    Beim Wort »gravierenden« kommt es zu Problemen mit der Aussprache, aber Völxen überhört das nonchalant.
    »Wenn ein Fliesenleger Wunderheiler werden will, dann muss er bei null anfangen. Stimmt doch, oder?«, fragt Köpcke und sieht seinen Nachbarn aus alkoholfeuchten Augen an.
    »Ja.«
    »Der Felk aber, der hat zwar seine Stelle am Krankenhaus aufgegeben, aber seinen Doktortitel und diesen ganzen Ärzte-Nimbus-Bimbus hat er behalten. Weißt du, was ich meine?«
    »Ja.« Völxen nickt.
    Köpcke fährt fort: »Einmal Arzt, immer Arzt. Einem Arzt vertrauen die Leute blind, auch wenn er Ricki-Micki und Famü… Famüjenaufhellungen macht. Sogar, wenn er Fliesen legt. Und das, Völxen«, Köpcke hebt den Zeigefinger, »das ist die Gefahr dabei.«
    Völxen lässt die Worte auf sich wirken, dann kommt er zu dem Schluss: »Weißt du was, Jens? Für einen Hühnerzüchter bist du ein verdammt heller Kopf!«
    »Und weißt du was, Völxen? Für einen Kommissar bist du ganz schön besoffen!«
    »Schmeckt lecker, die Quiche!« Veronika schaufelt sich die zweite Portion auf den Teller. Oda hat ihre verschütteten Kochkünste reaktiviert, um für eine entspannte Stimmung zu sorgen.
    »Wie läuft es denn so mit Jo?«, tastet sich Oda beim Nachtisch voran.
    »Wie läuft es denn so mit Daniel?«, fragt Veronika schnippisch zurück, und schon hat das zarte Gebilde, dem Oda im Geist den Titel vertrauliches Mutter-Tochter-Gespräch gegeben hat, einen kleinen Haarriss bekommen.
    »Es läuft gut«, antwortet Oda.
    »Aber ihr seht euch doch so selten.«
    »Eben deswegen«, antwortet Oda und überlegt krampfhaft, wie sie

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