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Totenfeuer

Totenfeuer

Titel: Totenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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der Kommissar seine Hemmungen, schließlich ist er ja nicht der Einzige, der sich hier zum Affen macht. Sie hangeln sich noch durch Der Winter ist vergangen und Komm lieber Mai und mache , dann, endlich, legt Frau Wilms, die Völxen in diesem Moment stark an seine Kindergärtnerin erinnert, den Taktstock weg, klatscht begeistert in die Hände und ruft: »Und zum Schluss wie immer unser Piratenlied!«
    Völxen weiß noch gar nicht, wie ihm geschieht, da grölen die Sängerknaben schon aus Leibeskräften:
    Dreizehn Mann auf des toten Manns Kiste,
    Ho ho ho und ’ne Buddel mit Rum!
    Dreizehn Mann schrieb der Teufel auf die Liste,
    Schnaps und Teufel brachten alle um! Ja!
    Schnaps und Teufel brachten alle um!
    Die Reihenformation hat sich aufgelöst, die letzten Gröler vermischen sich mit dem Klang sich öffnender Kronkorken. Auch Völxen greift in die Kiste.
    »Ihre Stimme ist ein wenig aus der Übung, aber das war schon ganz ausgezeichnet. Ich hoffe, ich sehe Sie nächste Woche wieder«, meint Frau Wilms, und ihr Blick ist so flehend, dass Völxen es nicht übers Herz bringt, ihr die Wahrheit zu sagen, nämlich dass er hier sozusagen verdeckt ermittelt und auf gar keinen Fall diesem Chor beitreten wird. Also murmelt er nur verlegen »danke«.
    »Ich würde Ihnen gerne ein paar Einzelstunden geben, Sie hätten das Talent zum Solisten.«
    Das fehlte noch! »Mal sehen«, murmelt der Kommissar und setzt die Bierflasche an.
    »So, Völxen, jetzt erzähl mal, wie war das mit deinem Schafbock?«, will Uwe Fasold, ein ehemaliger Berufsschullehrer, händereibend wissen – obwohl Völxen darauf wetten würde, dass jeder im Ort die Geschichte längst in allen Facetten kennt.
    »Ja, erzähl«, fordert auch Jakob Rollik, dessen falscher Bass Völxen vorhin ständig im linken Ohr gebrummt hat wie ein Tinnitus. Schließlich ist es Köpcke, der als Augenzeuge die Geschichte noch einmal repetiert, von Völxen lediglich an den Stellen korrigiert, wo der Hühnerbaron maßlos übertreibt. Die ganze Angelegenheit ist Völxen im Nachhinein über die Maßen peinlich. Zum Glück lief wenigstens die Rettung des Bocks unspektakulär ab. Für den Hund Cäsar war die Verfolgung der Spur des Schafbocks über mehr als fünf Kilometer hinweg eine leichte Übung, und schließlich fand man das Tier in einem Waldstück zwischen Bennigsen und Völksen. Sein prächtiges Gehörn war ihm zum Verhängnis geworden, denn damit hatte er sich im Draht eines Wildzauns verfangen. Seine verzweifelten Versuche, sich daraus zu befreien, hatten lediglich bewirkt, dass er sich noch mehr im Drahtgewirr verhedderte, sodass er sozusagen lammfromm war, als man ihn aus seiner prekären Lage befreite und in den Hänger schob. »Jetzt steht er wieder brav auf der Weide, als ob nichts gewesen wäre«, schließt Köpcke seinen Bericht, und Völxen seufzt. Er hofft, dass sich die Kollegen von der Streife gnädig zeigen und nichts für ihren Einsatz verlangen werden. Der Ausflug kommt auch so schon teuer genug: Köpckes Pflanzen, der beschädigte Wildzaun, der Tierarzt … »Leicht erhöhter Puls, aber sonst unverletzt«, hat der Veterinär, den er anschließend kommen ließ, augenzwinkernd diagnostiziert. Der Hundeführer wollte kein Geld nehmen, aber ein kleines Dankeschön ist er dem Mann und seinem Tier allemal schuldig.
    Von irgendwoher ist inzwischen auch eine Flasche Korn aufgetaucht, und an dieser Stelle unterscheiden sich die Amateure von den Profis, denn Letztere ziehen nun ihr eigenes Schnapsglas aus der Westentasche. Im Anschluss an diese Runde wird der Kommissar gefragt, wie weit denn die Ermittlungen im Mordfall Roland Felk gediehen seien, aber Völxen beruft sich auf seine Pflicht, aus ermittlungstaktischen Gründen darüber zu schweigen. Daraufhin spekuliert man wild drauflos, wer ihn auf dem Gewissen haben könnte.
    »Bestimmt einer von seinen durchgeknallten Patienten.«
    »Oder es steckt eine Weibergeschichte dahinter.«
    Im Lauf des Abends kommt der Kommissar nicht umhin, Jens Köpckes Bauernschläue zu bewundern. Der Nachbar weiß nicht nur, was er Völxen schuldig ist, sondern auch, dass es auffällig und unangebracht wäre, brächte der Kommissar selbst gewisse Namen ins Spiel. Also übernimmt Köpcke das, nachdem Frau Wilms gegangen ist und der zweite Kasten Bier in Angriff genommen wird. »Ich will ja nichts sagen – aber erinnert ihr euch noch an die Geschichte mit dem Rehbock, den der Felk dem Gutensohn weggeschossen hat?«
    »Aber wegen so ’nem

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