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Totenfrau

Totenfrau

Titel: Totenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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Ein Horrorfilm über fünf Männer, über diesen Fotografen. Details, über die sie in den Gesprächen mit Mark geschwiegen hat, schreckliche Dinge, die sie zum Weinen brachten, die sie dazu brachten, in Blums Armen Schutz zu suchen. Fast die ganze Nacht lang versuchte Blum, ihr die Angst zu nehmen, sie strich über ihre Haare und hörte ihr zu. Dunjas Stimme. Ihre Wunden. Tiefe Furchen überall. Und unzählige Tränen, bis sie einschlief auf ihrem Schoß. Dunja. Danke, sagte sie noch, bevor sie einschlief. Danke. Dann war Blum mit ihnen allein.
    Fünf Männer. Der Fotograf, der Priester, der Jäger, der Koch und der Clown. Dunja hat sie beschrieben, alle. Was sie ihnen angetan haben, sie hat versucht, sich an alles zu erinnern, sie wollte Blum helfen. Sie erzählte ihr alles über die Bilder, die der Fotograf gemacht hat. Wie begeistert er war, wie leidenschaftlich er darüber sprach, über seine Arbeiten, sein Projekt. Kunstwerke waren es, Fotos, mit denen er berühmt werden wollte, einzigartige Bilder, Kompositionen über den Schmerz. Wie er den anderen vorschwärmte, wie er sich selbst lobte und besessen immer weiterfotografierte. Youns Gesicht, während der Priester ihn von hinten kaputt machte. Youns Schreie, sein offener Mund, die Verzweiflung. Und Ilena, ihre leeren Augen, weil ihr nichts mehr wehtat. Da war nur noch Leere, egal wie hart sie zustießen, wie oft sie in sie eindrangen, wie oft der Clown sie schlug, seine Fäuste in ihren Bauch trieb. Nur diese leeren, betäubten Augen. Wie begeistert er davon war. Der Fotograf, wie er sich minutenlang darüber ausließ, wie einzigartig diese Augenblicke seien, diese Bilder. Wie echt und ungeschminkt, wie außerordentlich ehrlich. Er band Dunja am Tisch fest und vergewaltigte sie. Er fotografierte sie. Wenn sie ihren Kopf zur Seite drehte, schlug er sie.
    – Er hat fotografiert, während er dir das angetan hat?
    – Ja.
    – Du warst nackt?
    – Er hat nur die Gesichter fotografiert.
    – Nur die Gesichter?
    – Darauf war er stolz. Auf diese Idee. Damit wollte er den großen Erfolg.
    – Nur die Gesichter?
    – Ja. Egal, ob wir nackt waren.
    – Keine Pornografie?
    – Nein. Nur Schmerzen.
    – Dieses Schwein.
    – Ja.
    – Und die anderen haben mitgemacht? Sie haben das gut gefunden? Niemand hat etwas gesagt?
    – Nein. Allen hat es gefallen. Dass festgehalten wurde, was sie mit uns gemacht haben. Dass man es in unseren Gesichtern sehen konnte. Alles.
    – Wie alt ist er?
    – Keine vierzig.
    – Seine Stimme?
    – Weich. Sympathisch. Aber nur die Stimme. Nichts sonst.
    – Was hat er noch gesagt?
    – Tausend Dinge.
    – Was?
    – Dass er mich fotografiert, wenn ich sterbe.
    – Wie hat er das gemeint?
    – Genau so, wie er es gesagt hat.
    – Er wollte dich umbringen?
    – Er sagte, dass er mich so lange in meinen Arsch fickt, bis ich tot bin. Dann wird er ein Foto machen. Von meinen Lippen. Er fand sie wunderschön, meine Lippen. Er wollte sie fotografieren, wenn ich tot bin. Nachdem er mich kaputtgefickt hat. Wenn sich nichts mehr bewegt. Wenn alles still ist. Wenn sie sich nicht mehr rühren.
    – Du bist hier, Dunja.
    – Es ist nichts mehr übrig von mir.
    – Das tut mir alles so leid. Ich bin so froh, dass du entkommen konntest, dass du hier bist.
    – Wegen mir bist du jetzt allein.
    – Nein. Nicht wegen dir.
    – Doch.
    – Sie haben ihn umgebracht, nicht du.
    – Du glaubst mir endlich?
    – Ja. Und ich werde auf dich aufpassen, Dunja.
    – Ich habe Angst.
    – Ich weiß.
    – Kannst du mich halten?
    Blum nahm sie in den Arm. Niemand auf der Welt brauchte ihre Arme in diesem Moment mehr als Dunja. Niemand war hilfloser, verletzter, niemand hatte mehr Tränen als sie. Da war plötzlich kein Platz mehr für die eigene Trauer, da war nur noch sie. Dunja in ihrem Schoß, Dunja, zerfetzt und zerrissen. Wunden, überall Wunden, wie laut sie schrien in Blums Küche. Dunja zitterte am ganzen Körper, in jedem ihrer Worte war Angst, jeder Gedanke daran tat weh. Blum hielt sie fest, Dunja wimmerte. Dann schlief sie zitternd ein. Gestern Abend, eine fremde Frau in ihren Armen.
    Blum auf dem Motorrad, sie muss ihn finden. Den Fotografen. Er ist einer der fünf Männer, die Schuld an Marks Tod haben. Er ist der Schlüssel, mit dem die Tür aufgeht. Mark hatte einen Stein ins Rollen gebracht, einen Stein, der ihn überrollt hat. Es sei kein Zufall, hat Dunja gesagt. Kein Zufall, der Rover, irgendwer war dafür verantwortlich, irgendwer hat den Abschussbefehl

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