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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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seltsam, was das Haus angeht, Frank. Alle vier. Sie reden darüber, als würde es ihnen zusammen gehören, nicht bloß Daniel – ›Wir sollten Fenster mit Doppelverglasung einbauen lassen, wir müssen uns überlegen, was wir mit dem Kräutergarten machen, wir … ‹ Und sie benehmen sich alle so, als wäre die Wohnsituation was Dauerhaftes, als hätten sie Jahre Zeit, das Haus auf Vordermann zu bringen, weil sie alle für immer drin wohnen bleiben.«
    »Ach, sie sind einfach jung«, sagte Frank nachsichtig. »In dem Alter denkt jeder, Studienfreunde und Wohngemeinschaften halten ewig. Wart’s ab, in ein paar Jahren wohnt jeder von ihnen in einer Doppelhaushälfte am Stadtrand und kauft am Wochenende Fertigparkett im Baumarkt.«
    »So jung sind sie nun auch nicht mehr. Und du hast sie doch selbst gehört: Sie sind viel zu sehr miteinander und mit dem Haus verquickt. Sonst gibt es nichts in ihrem Leben. Ich glaube eigentlich nicht, dass sie den Großonkel aus dem Weg geräumt haben, aber ich tappe hier im Dunkeln. Wir haben doch immer gedacht, dass sie irgendwas verbergen. Also kann es nichts schaden, wenn wir alles überprüfen, was uns irgendwie seltsam vorkommt.«
    »Stimmt«, sagte Frank. »Ich kümmer mich drum. Willst du hören, was ich den lieben langen Tag gemacht hab?«
    Dieser aufgeregte Unterton in seiner Stimme: Nur sehr wenige Dinge können bei Frank so eine Reaktion bewirken. »Und ob«, sagte ich.
    Der Unterton löste sich in ein so breites Grinsen auf, dass ich es hören konnte. »Das FBI hat einen Treffer für die Fingerabdrücke von unserer Unbekannten.«
    »Was? So schnell?« Die Typen vom FBI sind immer behilflich, wenn wir sie brauchen, aber normalerweise dauert es tierisch lange.
    »Ich hab Freunde in den niederen Rängen.«
    »Okay«, sagte ich. »Wer ist sie?« Aus irgendeinem Grund waren mir die Knie weich geworden. Ich lehnte mich gegen einen Baum.
    »May-Ruth Thibodeaux, geboren 1975 in North Carolina, im Oktober 2000 vermisst gemeldet und wegen Autodiebstahls gesucht. Sowohl die Abdrücke als auch das Foto stimmen überein.«
    Mein Atem entwich mit einem kleinen Zischen.
    »Cassie?«, sagte Frank nach einem Augenblick. Ich hörte, wie er an einer Zigarette zog. »Bist du noch da?«
    »Ja. May-Ruth Thibodeaux.« Als ich es aussprach, lief mir ein Kribbeln über den Rücken. »Was wissen wir über sie?«
    »Nicht viel. Bis 1997 liegt gar nichts vor. Da ist sie von irgendwo am Arsch der Welt nach Raleigh gezogen, hat eine schäbige Wohnung in einer miesen Gegend gemietet und einen Job als Kellnerin in einem Diner angenommen. Irgendwann muss sie wohl an eine ganz anständige Bildung gekommen sein, schließlich hat sie den direkten Sprung in einen Promotionsstudiengang am Trinity geschafft, aber wie es aussieht, war sie Autodidaktin, oder sie wurde zu Hause unterrichtet. Sie taucht in keiner College- oder Highschoolkartei in den Staaten auf. Keine Vorstrafen.« Frank blies Rauch aus. »Am Abend des zehnten Oktober 2000 lieh sie sich von ihrem Verlobten den Wagen, um zur Arbeit zu fahren, aber sie kam nie dort an. Zwei Tage später hat er sie als vermisst gemeldet. Die Cops haben die Sache nicht ernst genommen. Sie haben gedacht, sie wäre abgehauen. Sie haben dem Verlobten ein bisschen auf den Zahn gefühlt, nur für den Fall, dass er sie umgebracht und irgendwo verbuddelt hatte, aber sein Alibi war wasserdicht. Das Auto wurde im Dezember 2000 in New York entdeckt, auf einem Langzeitparkplatz am Kennedy Airport.«
    Er war überaus zufrieden mit sich. »Nicht schlecht, Frank«, sagte ich automatisch. »Gute Arbeit.«
    »Stets zu Diensten«, sagte Frank, bemüht, bescheiden zu klingen.
    Sie war also doch nur ein Jahr jünger als ich gewesen. Während ich bei Nieselregen in einem Garten in Wicklow mit Murmeln gespielt hatte, war sie in irgendeiner heißen Kleinstadt aufgewachsen, hatte sich barfuß eine Limo gekauft und sich auf der Ladefläche eines über Landstraßen brausenden Pick-ups durchrütteln lassen, bis sie sich eines schönen Tages in ein Auto gesetzt hatte und einfach losgefahren war, weiter und weiter.
    »Cassie?«
    »Ja.«
    »Mein Kontaktmann stöbert noch etwas weiter, vielleicht hat sie sich ja irgendwann Feinde gemacht – Leute, die sie hier aufgespürt haben könnten.«
    »Klingt gut«, sagte ich, während ich versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. »So was würde mich brennend interessieren. Wie hieß der Verlobte?«
    »Brad, Chad, Chet, irgendwas Amerikanisches … «

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