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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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»Ich hab gar nicht gewusst, dass es so einfach ist.«
    »Im Grunde sind wir getarnte Guerilleros«, sagte ich mit Begeisterung.
    »Im Grunde bist du ein getarnter Schimpanse«, sagte Rafe zu mir und warf drei Münzen in die Mitte.
    »Ja, aber ein zufriedener«, sagte Daniel und lächelte mich an. »Nicht wahr?«
    »Wenn Rafe mir wenigstens ein bisschen von dem Knoblauchdip übrig lassen würde, wäre ich der zufriedenste getarnte Schimpanse in ganz Irland.«
    »Gut«, sagte Daniel mit einem leichten Nicken. »Das hör ich gern.«

    Sam fragte nie nach. »Wie läuft’s?«, erkundigte er sich bei unseren nächtlichen Telefonaten, und wenn ich sagte, »Ganz gut«, fing er von etwas anderem an. Am Anfang erzählte er von seinen eigenen Ermittlungen – er ging meine alten Fälle durch, überprüfte polizeibekannte Unruhestifter in der Gegend, Lexies Studenten und Professoren. Doch je länger er erfolglos blieb, desto weniger sprach er darüber. Stattdessen erzählte er mir andere Sachen, kleine private Dinge. Er war ein paarmal in meiner Wohnung gewesen, um durchzulüften und damit sie nicht zu auffällig leer wirkte. Die Katze von nebenan hatte hinten im Garten Junge bekommen, sagte er, und Mrs Moloney, die Schreckschraube von unten, hatte ihm einen unverschämten Zettel hinter den Scheibenwischer seines Autos geklemmt, mit dem Hinweis, auf der Straße dürften nur Anwohner parken. Ich sagte es ihm nicht, aber das alles kam mir vor, als wäre es Millionen Meilen weit weg, in irgendeiner längst vergangenen Welt, die so chaotisch war, dass mich schon allein der Gedanke daran ermüdete. Manchmal brauchte ich einen Moment, um mich zu erinnern, über wen er da eigentlich redete.
    Nur einmal, am Samstagabend, fragte er nach den anderen. Ich war mal wieder auf meinem Beobachtungsfeldweg und stand etwas versteckt an einer Weißdornhecke. Um das Mikro hatte ich einen Kniestrumpf von Lexie gewickelt, so dass ich aussah, als hätte ich drei Brüste. Der Vorteil war, dass Frank und sein Team so nur etwa zehn Prozent des Telefonats mitbekamen.
    Ich sprach ohnehin schon mit möglichst leiser Stimme. Seit ich das Gartentor hinter mir geschlossen hatte, wurde ich das Gefühl nicht los, dass mir jemand folgte. Nichts Konkretes, nichts, wofür es nicht eine harmlose Erklärung gäbe wie Wind und Mondschatten und typische Nachtgeräusche auf dem Lande. Bloß der leichte Kriechstrom im Nacken, wo Schädel und Wirbelsäule zusammentreffen, etwas, das nur die Augen eines anderen auslösen können. Es kostete mich viel Willenskraft, nicht herumzuwirbeln, aber falls tatsächlich jemand irgendwo da draußen war, sollte er nicht wissen, dass ich Verdacht geschöpft hatte, nicht solange ich nicht entschieden hatte, was ich diesbezüglich machen wollte.
    »Geht ihr denn nie mal zusammen was trinken?«, fragte Sam.
    Mir war unklar, worauf er hinauswollte. Sam wusste haargenau, wie ich meine Zeit verbrachte. Laut Frank war er jeden Morgen um sechs im Büro und ging die Bänder durch. Irgendwie war mir das unangenehm, irritierte mich leicht, aber der Gedanke, ihn darauf anzusprechen, war noch unangenehmer. »Rafe und Justin und ich waren Dienstag zusammen in der Mensa, nach den Tutorenkursen«, sagte ich. »Weißt du nicht mehr?«
    »Ich meinte in den Pub, bei euch im Dorf – wie heißt der nochmal, Regan’s. Gehen die nie da hin?«
    Wir kamen immer mit dem Auto am Regan’s vorbei, auf dem Weg zur Uni und zurück: eine heruntergekommene kleine Dorfkneipe, eingeklemmt zwischen dem Metzger und dem Zeitschriftenladen, wo abends Fahrräder an der Mauer lehnten. Noch nie hatte einer vorgeschlagen, dort hinzugehen.
    »Es ist einfacher, zu Hause was zu trinken, wenn wir wollen«, sagte ich. »Es ist ein gutes Stück zu Fuß, und außer Justin rauchen wir alle.« Pubs waren immer das Herz des gesellschaftlichen Lebens in Irland, doch seit dem Rauchverbot trinken viele Leute ihr Bier lieber zu Hause. Das Verbot stört mich nicht, obwohl mich der Gedanke verwirrt, in einen Pub zu gehen, ohne irgendwas zu tun, was schlecht für einen ist, nein, was mich stört, ist das Maß an Gehorsam. Die Iren haben Vorschriften stets als Herausforderung betrachtet – mal sehen, wer die beste Idee hat, wie man sie umgehen kann –, und dieses plötzliche Umschalten auf Herdentriebmodus lässt mich befürchten, dass wir im Begriff sind, anders zu werden, möglicherweise wie die Schweizer.
    Sam lachte. »Du lebst schon zu lange in der großen Stadt. Ich wette, im

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