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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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machen Einkäufe für eine gemeinsame Zukunft. Aber am achtzehnten verkauft sie ihr Auto, was für mich heißt, dass sie sich Geld beschafft, um zu verschwinden. Denkst du das auch?«
    »Klingt logisch«, sagte ich, aber ich wusste, dass Frank falschlag. Das undeutliche Muster hatte sich mit einem leisen endgültigen Klicken scharfgestellt, und ich wusste, warum Lexie aus North Carolina geflüchtet war. Wusste es so klar, als ob sie schwerelos auf einem Ast neben mir säße, die Beine im Mondlicht baumeln ließ und mir ins Ohr flüsterte. Und ich wusste auch, warum sie kurz davor gewesen war, aus Whitethorn House zu flüchten. Jemand hatte versucht, sie festzuhalten.
    »Ich will versuchen, mehr über diese Woche rauszufinden. Vielleicht kann ja einer den guten alten Chad noch mal vernehmen. Wenn wir rauskriegen, warum sie ihre Pläne geändert hat, müssten wir unserem geheimnisvollen Fremden ein Stück näher kommen.«
    »Klingt gut. Danke, Frank. Sag mir Bescheid, wie du vorankommst.«
    »Tu nichts, was ich nicht auch tun würde«, sagte er und legte auf.
    Ich hielt das Handydisplay so über die Seite, dass ich meine Notizen lesen konnte. Die PlayStation war bedeutungslos. Es ist leicht, irgendwas auf Kredit zu kaufen, wenn du nicht vorhast, ihn abzuzahlen, nicht vorhast, noch irgendwo greifbar zu sein. Der Wechsel des Telefonanbieters im August war das letzte verlässliche Indiz dafür, dass sie eigentlich bleiben wollte, wo sie war. Billigere Tarife sind nur dann attraktiv, wenn du auch die Absicht hast, sie zu nutzen. Am 16. August steckte sie noch mitten in ihrem May-Ruth-Leben, ohne irgendwelche Aufbruchsgedanken.
    Und dann, kaum zwei Wochen später, hatte der arme Grunge-Chad ihr einen Heiratsantrag gemacht. Danach sprach nichts mehr dafür, dass Lexie bleiben wollte. Sie hatte ja gesagt, gelächelt und abgewartet, bis sie das Geld zusammenhatte, und dann war sie so weit und so schnell weggelaufen, wie sie konnte, ohne sich noch ein einziges Mal umzudrehen. Es war nicht Franks geheimnisvoller Stalker gewesen, es war nicht irgendeine unheimliche Bedrohung gewesen, die mit glitzernder Klinge aus dem Schatten heranschlich. Es war einfach nur ein kleiner, billiger Ring gewesen.
    Und diesmal war es das Baby gewesen: eine lebenslange Bindung an irgendeinen Mann, irgendwo. Sie hätte es abtreiben können, genau wie sie Chads Antrag hätte ablehnen können, aber das war nicht das Entscheidende. Schon allein bei dem Gedanken an diese Bindung war sie so panisch geworden wie ein gefangener Vogel.
    Der fehlende Kringel in ihrem Terminkalender, weil ihre Periode ausgeblieben war, und die Flugpreise. Und irgendwo dazwischen N. N war entweder die Falle, die sie hier festhalten wollte, oder aber, auf irgendeine Weise, die ich herausfinden musste, ihr Ausweg.

    Die anderen lagen im Wohnzimmer ausgestreckt vor dem Kamin auf dem Boden, wie Kinder, und stöberten in einem vergammelten Reisekoffer, den Justin irgendwo gefunden hatte. Rafe hatte die Beine vertraulich über Abbys gelegt – offenbar hatten sie sich wieder vertragen. Auf dem Teppich verteilt standen Tassen und ein Teller Ingwerplätzchen, inmitten eines Sammelsuriums von kleinen ramponierten Dingen: pockennarbige Murmeln, Bleisoldaten, eine halbe Tonpfeife. »Super«, sagte ich, warf meine Jacke aufs Sofa und ließ mich mit einem Plumps zwischen Daniel und Justin nieder. »Was haben wir denn da?«
    »Merkwürdige Merkwürdigkeiten«, sagte Rafe. »Hier. Für dich.« Er zog eine mottenzerfressene Spielzeugmaus auf und ließ sie über den Boden auf mich zuschnurren. Auf halber Strecke blieb sie mit einem deprimierend schrammenden Geräusch liegen.
    »Nimm lieber hiervon«, sagte Justin, reckte sich und zog die Keksschale näher ran. »Die schmecken besser.«
    Ich nahm mir mit einer Hand einen Keks, griff mit der anderen in den Koffer und ertastete etwas Hartes und Schweres. Es war ein ramponiertes Holzkistchen. Auf dem Deckel hatte vor langer Zeit mal als Perlmuttintarsie »EM« gestanden, jetzt waren nur noch ein paar Bruchstücke davon übrig. »Sehr schön«, sagte ich und klappte den Deckel auf. »Das ist wie ein Glückstopfspiel, nur noch viel besser.«
    Es war eine Spieldose, angelaufene Zylinder und aufgeschlitztes blaues Seidenfutter, und nach sekundenlangem Surren begann sie, eine Melodie zu zupfen: »Greensleeves«, verrostet und zauberhaft. Rafe legte eine Hand über das Uhrwerk, das noch immer halbherzig vor sich hin summte. Es wurde ganz still, nur das

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