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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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Knistern des Feuers, während wir lauschten.
    »Wunderschön«, sagte Daniel und schloss die Spieldose, als die Melodie endete. »Wirklich wunderschön. Nächstes Weihnachten … «
    »Darf ich die mit auf mein Zimmer nehmen, zum Einschlafen?«, fragte ich. »Bis Weihnachten?«
    »Brauchst du jetzt schon Schlafliedchen?«, fragte Abby, aber sie grinste mich an. »Klar darfst du.«
    »Ich bin froh, dass wir sie nicht früher gefunden haben«, sagte Justin. »Sie ist bestimmt wertvoll. Wahrscheinlich wären wir gezwungen worden, sie zu verkaufen, für die Steuern.«
    »Nicht besonders wertvoll«, sagte Rafe, nahm mir die Spieldose aus der Hand und begutachtete sie. »Für einfache Exemplare wie das hier werden rund hundert Euro bezahlt – in diesem Zustand deutlich weniger. Meine Großmutter hat so welche gesammelt. Zig Stück davon, überall wo ein Plätzchen frei war, und wenn man bloß mal zu fest auftrat, fiel eins runter und ging kaputt, und sie bekam einen Anfall.«
    »Hör auf«, sagte Abby und trat ihm leicht gegen den Knöchel – keine Vergangenheit –, aber sie klang nicht ernsthaft verärgert. Irgendwie, vielleicht durch die seltsame Alchemie, die unter Freunden herrscht, schien die ganze Spannung der letzten Tage verflogen. Wir waren wieder glücklich miteinander, unsere Schultern berührten sich, Justin zog Abbys Pullover runter, der ihr hinten hochgerutscht war. »Aber früher oder später könnten wir in dem Chaos hier tatsächlich mal auf was Wertvolles stoßen.«
    »Was würdet ihr mit dem Geld machen?«, fragte Rafe und nahm sich einen Keks. »Sagen wir, ein paar tausend.« In dem Moment hörte ich Sams Stimme nah an meinem Ohr: Das Haus ist voll mit altem Zeug, wenn da irgendwas Wertvolles dabei wäre …
    »Einen AGA-Herd kaufen«, sagte Abby sofort. »Das ist ein anständiger Ofen zum Heizen und ein Herd, der nicht gleich vor Rost zerbröselt, wenn du ihn nur mal scharf anguckst. Zwei Fliegen mit einer Klappe.«
    »Welch wilde Phantasien«, sagte Justin. »Wie wär’s mit Designerkleidern und Wochenendtrips nach Monte Carlo?«
    »Ich bin schon zufrieden, wenn ich mir nicht mehr die Zehen abfrier.«
    Vielleicht sollte sie ihm irgendwas geben , hatte ich gesagt, und das ist dann schiefgelaufen: Sie hat es sich anders überlegt … Ich merkte, dass ich die Spieldose wieder an mich genommen hatte und so festhielt, als versuchte jemand, sie mir wegzunehmen.
    »Ich glaube, ich würde das Dach neu decken lassen, ehe es einstürzt«, sagte Daniel. »Es hält bestimmt auch so noch ein paar Jährchen, aber es wäre doch schön, es nicht drauf ankommen lassen zu müssen.«
    »Du?«, fragte Rafe, der schmunzelnd zu ihm rüberschielte, während er meine Hand lockerte und die Spieldose wieder aufzog. »Ich hätte gedacht, du würdest nie was aus dem Haus verkaufen, egal was. Du würdest es lieber einrahmen und an die Wand hängen. Familienhistorie statt schnöder Mammon.«
    Daniel schüttelte den Kopf und streckte mir die Hand hin, damit ich ihm seine Kaffeetasse gab – ich hatte meinen Keks reingetunkt. »Was zählt, ist das Haus«, sagte er, trank einen Schluck und reichte mir die Tasse zurück. »All die anderen Sachen sind eigentlich bloß Zugabe. Ich mag sie, aber ich würde sie, ohne mit der Wimper zu zucken, verkaufen, wenn wir das Geld für das Dach oder andere Instandsetzungen bräuchten. Das Haus an sich hat schon genug Geschichte, und außerdem schreiben wir ja unsere eigene, jeden Tag.«
    »Was würdest du damit machen, Lexie?«, fragte Abby.
    Das war natürlich die Eine-Million-Frage, die mir wie ein kleiner gemeiner Hammer im Kopf dröhnte. Sam und Frank waren der Idee mit dem gescheiterten Antiquitätenverkauf nicht weiter nachgegangen, weil im Grunde nichts darauf hindeutete. Für die Erbschaftssteuer waren alle Sachen von Wert draufgegangen, Lexie hatte keine Kontakte zu Antiquitätenhändlern oder Hehlern gehabt, und es hatte keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass sie Geld brauchte. Bis jetzt.
    Es ist erstaunlich, wie preiswert man sein Leben ablegen und ein neues beginnen kann, wenn man keine hohen Ansprüche hat und bereit ist, jede Arbeit zu machen, die sich anbietet. Nach dem Knocknaree-Fall hatte ich viel schlaflose Zeit im Internet verbracht, mir die Preise für Unterkünfte und Stellenanzeigen in verschiedenen Sprachen angesehen und Berechnungen angestellt. Es gibt viele Städte, in denen man eine schäbige Wohnung für umgerechnet dreihundert Euro im Monat findet oder ein

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