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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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Toren zugeparkt und einen Spaziergang gemacht. Als Bannon deshalb seine Schafe nicht durch das Tor treiben konnte, hat er es mit der Wut gekriegt und eine dicke Beule ins Auto getreten. Sachbeschädigung und Feindseligkeit gegenüber Fremden. Diese Sachbeschädigung in Whitethorn House wäre ihm durchaus zuzutrauen.«
    »Die anderen sind sauber?«
    »Byrne sagt, er hat sie beide schon mal ziemlich besoffen gesehen, aber nicht so schlimm, dass er sie wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit hätte festnehmen müssen oder so. Jeder von ihnen könnte irgendwelche Sachen auf dem Kerbholz haben, von denen wir nichts wissen, wäre in Glenskehy ohne weiteres möglich, aber auf den ersten Blick sind sie sauber, ja.«
    »Hast du schon mit ihnen gesprochen?« Irgendwie musste ich mir diesen John Naylor ansehen. Einfach in den Pub zu spazieren war natürlich ausgeschlossen, und ganz arglos auf der Farm aufzukreuzen, auf der er arbeitete, war wahrscheinlich keine gute Idee, aber wenn ich es irgendwie hinkriegen konnte, bei einer Vernehmung dabei zu sein –
    Sam lachte. »Lass mir Zeit. Ich hab mich erst heute Nachmittag auf die drei eingeschossen. Ich will mich morgen früh mit ihnen unterhalten. Und da wollte ich dich fragen – meinst du, du könnest vielleicht auf einen Sprung vorbeischauen? Nur um mal einen Blick auf sie zu werfen? Vielleicht fällt dir ja irgendwas auf.«
    Ich hätte ihn küssen können. »Äh, ja klar. Wo? Wann?«
    »Wusste ich’s doch, dass du dir gern selbst ein Bild machen würdest.« Er lächelte. »Ich dachte an das Revier in Rathowen. Bei ihnen zu Hause wäre am besten, damit sie nicht gleich durchdrehen, aber da könnte ich dich ja wohl schlecht mit hinnehmen.«
    »Klingt gut«, sagte ich. »Klingt toll, ehrlich gesagt.«
    Das Lächeln in Sams Stimme vertiefte sich. »Finde ich auch. Kannst du dich von den anderen loseisen?«
    »Ich werd ihnen sagen, ich hab einen Termin im Krankenhaus, zur Kontrolle der Naht. Hätte ich sowieso schon längst machen sollen.« Der Gedanke an die anderen versetzte mir einen seltsamen kleinen Stich. Falls Sam irgendein handfestes Indiz gegen einen der drei Männer fand – selbst wenn es noch nicht für eine Festnahme ausreichte –, dann wäre es vorbei. Ich wäre raus, müsste zurück nach Dublin und ins DHG.
    »Die wollen dich doch bestimmt dahin begleiten?«
    »Wahrscheinlich, aber das werde ich verhindern. Ich lass mich von Justin oder Daniel am Krankenhaus in Wicklow absetzen. Kannst du mich da abholen, oder soll ich mir ein Taxi nach Rathowen nehmen?«
    Er lachte. »Meinst du, die Chance lass ich mir entgehen? Sagen wir halb zehn?«
    »Perfekt«, sagte ich. »Und Sam – ich weiß ja nicht, wie hart du die drei rannehmen willst, aber ehe du anfängst, mit ihnen zu reden, hab ich noch ein paar Informationen für dich. Über die Frau mit dem Baby.« Wieder erfasste mich dieses widerliche Verrätergefühl, aber ich rief mir in Erinnerung, dass Sam nicht wie Frank war, er würde nicht mit einem Durchsuchungsbeschluss und einem Haufen absichtlich unverschämter Fragen in Whitethorn House auftauchen. »Anscheinend ist die ganze Sache 1915 passiert. Name der Frau unbekannt, aber ihr Liebhaber war William March, geboren 1894.«
    Kurzes verblüfftes Schweigen. Dann: »Du bist ein Goldstück«, sagte Sam begeistert. »Wie hast du das angestellt?«
    Also hörte er doch nicht die Bänder von der Mikroübertragung ab – zumindest nicht alle. Es erschreckte mich selbst, wie erleichtert ich darüber war. »Onkel Simon hat eine Familienchronik geschrieben. Die Sache mit dem Baby ist darin erwähnt. Die Details stimmen nicht ganz überein, aber es ist dieselbe Geschichte, keine Frage.«
    »Moment«, sagte Sam. Ich hörte, wie er eine leere Seite in seinem Notizbuch suchte. »Fertig. Schieß los.«
    »Laut Onkel Simon wurde William 1914 Soldat im Ersten Weltkrieg. Ein Jahr später kam er als nervliches Wrack zurück. Er löste seine Verlobung mit irgendeiner netten standesgemäßen Lady, brach alle Kontakte zu alten Freunden ab und fing an, sich viel im Dorf aufzuhalten. Wenn man zwischen den Zeilen liest, spürt man, dass die Bewohner von Glenskehy nicht gerade begeistert darüber waren.«
    »Viel konnten sie nicht dagegen tun«, sagte Sam trocken. »Einer aus der Familie des Großgrundbesitzers … der konnte doch tun und lassen, was er wollte.«
    »Dann wurde diese junge Frau schwanger«, sagte ich. »Sie behauptete, William wäre der Vater – Simon scheint da skeptisch

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