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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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von den vieren sie umgebracht hat, bin ich seit dem ersten Tag in Gefahr, und das hat dich bis jetzt einen Scheiß beunruhigt –«
    »Nicht so laut! Geht es darum? Bist du sauer, weil ich dich nicht genug beschütze ?«
    Ich konnte förmlich sehen, wie er empört mit den Händen fuchtelte, die gekränkten blauen Augen weit aufgerissen. »Jetzt mach aber mal halblang, Frank. Ich bin schon groß, ich kann auf mich selbst aufpassen, und damit hattest du noch nie ein Problem. Also, warum zum Teufel willst du mich abziehen?«
    Schweigen. Schließlich seufzte Frank. »Na schön«, sagte er. »Du willst wissen, warum, na schön. Ich habe nicht mehr das Gefühl, dass du die Objektivität wahrst, die für die Ermittlungen erforderlich ist.«
    »Was redest du da?« Mein Herz hämmerte. Wenn er das Haus doch überwachen ließ oder wenn er gemerkt hatte, dass ich das Mikro abgenommen hatte – Ich hätte es nicht so lange ablassen sollen, dachte ich hektisch, ich Idiot, ich hätte alle paar Minuten reingehen und irgendein Geräusch machen sollen –
    »Du bist emotional viel zu betroffen. Ich bin nicht blöd, Cassie. Ich kann mir ungefähr vorstellen, was gestern Abend gewesen ist, und ich weiß, du erzählst mir längst nicht alles. Das sind Warnzeichen, und ich werde sie nicht ignorieren.«
    Er war auf den Fauré reingefallen, er wusste nicht, dass ich aufgeflogen war. Mein Herzschlag verlangsamte sich wieder.
    »Du verlierst aus den Augen, wo deine Grenzen sind. Vielleicht hätte ich dich nicht drängen sollen mitzumachen. Ich weiß nicht, was da im Einzelnen passiert ist, als du im Morddezernat warst, und ich frag auch nicht, aber es hat dir offensichtlich einen Knacks verpasst, und du warst offensichtlich noch nicht wieder so weit, so eine Sache zu übernehmen.«
    Ich habe ein aufbrausendes Temperament, und wenn ich jetzt die Beherrschung verlor, war die Diskussion zu Ende, dann hätte ich Franks Argument bestätigt. Genau darauf spekulierte er vermutlich sogar. Stattdessen trat ich gegen den Baumstamm, so fest, dass ich einen Moment lang dachte, ich hätte mir den Zeh gebrochen. Als ich wieder sprechen konnte, sagte ich kühl: »Ich habe keinen Knacks bekommen, mir geht es gut, Frank, und ich weiß, wo meine Grenzen sind. Alles, was ich bisher gemacht habe, geschah einzig und allein zu dem Zweck, das Ziel dieser Ermittlungen zu erreichen, nämlich einen Hauptverdächtigen für den Mord an Lexie Madison zu finden. Und ich möchte die Arbeit zu Ende führen.«
    »Tut mir leid, Cassie«, sagte Frank, sanft, aber ausgesprochen resolut. »Diesmal nicht.«
    Über einen Aspekt bei der Undercoverarbeit spricht kein Mensch, niemals. Die Regel lautet, dass der Einsatzleiter die Bremse in der Hand hat: Er allein entscheidet, wann du es vorsichtiger angehen oder abgezogen werden musst. Schließlich ist er derjenige, der den Überblick hat, er verfügt vielleicht über Informationen, die du nicht hast, und du tust besser, was er sagt, wenn dir dein Leben oder deine Laufbahn lieb ist. Aber jetzt kommt der Teil, über den wir niemals reden, die Handgranate, die du immer bei dir hast: Er kann dich nicht zwingen. Ich hatte noch nie gehört, dass schon mal jemand diese Handgranate geworfen hat, aber jeder von uns weiß, dass sie da ist. Wenn du nein sagst, kann der Einsatzleiter – zumindest für kurze Zeit, und mehr brauchst du vielleicht nicht – nicht das Geringste dagegen tun.
    Ein solcher Vertrauensbruch lässt sich nicht mehr kitten. In diesem Moment hatte ich die Flughafen-Kürzel in Lexies Terminkalender vor Augen, das harte, wilde Gekritzel.
    »Ich bleibe«, sagte ich. Ein jäher Windstoß fuhr durch die Bäume, und ich spürte den Stamm zittern, ein tiefes Beben, das mir bis in die Knochen fuhr.
    »Nein«, sagte Frank, »kommt nicht in Frage. Mach mir hier keine Schwierigkeiten, Cassie. Die Entscheidung steht, es ist überflüssig, darüber zu streiten. Geh nach Hause, pack deine Sachen und mach einen auf krank. Wir sehen uns morgen.«
    »Du hast mich hierhergeschickt, um einen Job zu erledigen«, sagte ich. »Ich gehe nicht eher, bis ich ihn erledigt habe. Ich streite nicht mir dir darüber, Frank. Ich sag’s dir bloß.«
    Diesmal begriff Frank. Seine Stimme wurde nicht schärfer, doch sie nahm einen Unterton an, bei dem sich meine Schultern hoben. »Soll ich dich auf der Straße festnehmen lassen, Drogen bei dir finden lassen und dich in den Knast stecken, bis du Vernunft angenommen hast? Denn das mach ich.«
    »Nein, machst

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