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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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sagte Frank zuckersüß. »Was denkst du ?«
    Sam wollte so sehr, dass es einer von ihnen war. Einen Moment lang wünschte ich tatsächlich, ich könnte ihm den Gefallen tun, egal, was das für die Ermittlungen bedeuten würde, nur um zu sehen, dass der erschöpfte Ausdruck aus seinem Gesicht verschwand, wieder Leben in seine Augen trat. »Statistisch gesehen«, sagte ich, »klar, durchaus. Das Alter stimmt, sie kennen die Gegend, sie sind clever, sie kannten sie – nicht nur das: Sie kannten sie am besten, und im engeren Umfeld findet man meistens den Mörder. Keiner von ihnen ist polizeibekannt, aber wie gesagt, einer von ihnen könnte irgendwann mal irgendwas gemacht haben, wovon wir nichts wissen. Am Anfang hab ich sie deswegen in die engere Wahl genommen, ja. Aber je mehr ich höre … « Ich fuhr mir mit den Händen durchs Haar und überlegte, wie ich es ausdrücken sollte. »Es gibt eine Sache, bei der ich mich ungern nur auf ihre Aussagen verlassen würde: Haben wir irgendeine unabhängige Bestätigung dafür, dass sie tatsächlich regelmäßig allein spazieren gegangen ist? Dass keiner von den anderen sie begleitet hat?«
    »Ja«, sagte Frank und tastete auf dem Fußboden nach seinen Zigaretten, »die haben wir. Eine englische Doktorandin namens Brenda Grealey hat denselben Doktorvater wie Lexie.« Brenda Grealey stand auf der BK-Liste: dicklich, Froschaugen, Pausbacken, die schon leicht schlaff wirkten, und eine kupferrote Lockenmähne. »Sie ist von der neugierigen Sorte. Nachdem die fünf zusammengezogen waren, hat sie Lexie gefragt, ob sie überhaupt mal ungestört sein kann, bei den ganzen Typen im Haus. Ich hab den Eindruck, Brenda meinte das zweideutig, sie wollte wohl irgendwelche pikanten Sexgeschichten hören, aber Lexie hat sie anscheinend nur verständnislos angeguckt und gesagt, sie würde jeden Abend allein einen langen Spaziergang machen, und mehr Ungestörtheit bräuchte sie nicht, danke, sie würde sich ja nicht mit Leuten abgeben, die ihr nichts brächten. Dann ist sie gegangen. Ich bin nicht mal sicher, ob die gute Brenda überhaupt kapiert hat, dass das gegen sie ging.«
    »Okay«, sagte ich. »In dem Fall weiß ich wirklich nicht, wie einer aus dem Haus es gewesen sein soll. Überlegen wir mal, wie das hätte ablaufen müssen. Einer von ihnen muss mit Lexie unter vier Augen sprechen, über irgendwas Wichtiges. Also, statt es unauffällig anzustellen, zum Beispiel mit ihr in der Uni einen Kaffee trinken zu gehen oder so, begleitet er sie auf ihrem Spaziergang oder folgt ihr. So oder so, er durchbricht den gewohnten Ablauf – und alle fünf sind Gewohnheitstiere – und sagt damit allen, einschließlich Lexie, laut und deutlich, dass irgendwas im Busch ist. Und dann nimmt er ein Messer mit. Wir haben es hier mit netten Mittelschichtsintellektuellen zu tun –«
    »Sie meint, das sind alles Weicheier«, klärte Frank Sam auf, während er sein Feuerzeug klicken ließ.
    »Ach komm«, sagte Sam und legte seinen Stift hin. »Moment mal. Du kannst sie nicht ausschließen, nur weil sie aus der Mittelschicht kommen. Wie viele Fälle hatten wir nicht schon, wo ein netter, angesehener –«
    »Tu ich ja gar nicht, Sam«, sagte ich. »Das Töten ist nicht das Problem. Wenn sie erwürgt worden wäre oder man ihren Kopf gegen eine Mauer geschlagen hätte, dann käme einer aus dem Haus für mich durchaus als Täter in Frage. Ich könnte mir sogar gut vorstellen, dass einer von ihnen sie erstochen hat, falls er zufällig ein Messer in der Hand gehabt hätte. Ich meine nur, dass er erst gar kein Messer dabeigehabt hätte – es sei denn, er hatte wirklich geplant, sie umzubringen, und das passt, wie gesagt, nicht ins Profil. Ich würde meine Ersparnisse darauf verwetten, dass die vier normalerweise kein Messer dabeihaben, und wenn sie bloß jemanden bedrohen oder einschüchtern wollten, würden sie nicht mal auf die Idee kommen, dafür ein Messer zu benutzen. In so einer Welt leben die nicht. Wenn sie sich für einen großen Kampf rüsten, überlegen sie sich Argumente, die suchen sich keine Messer aus.«
    »Ja«, sagte Sam nach kurzem Zögern. Er atmete tief ein und nahm wieder seinen Stift, verharrte damit über der Seite, als hätte er vergessen, was er schreiben wollte. »Schätze, du hast recht.«
    »Selbst wenn wir die Möglichkeit durchspielen, dass einer von ihnen ihr gefolgt ist«, sagte ich, »und ein Messer mitgenommen hat, um ihr aus irgendeinem Grund Angst einzujagen, was hat er gedacht,

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