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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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»Wenn es im Haus ist«, sagte ich, »dann ist es jedenfalls gut versteckt.«
    Ein unverbindlicher Laut von Frank. »Oder aber du hattest recht, und der Mörder hat es ihrer Leiche abgenommen. So oder so, es ist interessant, dass Daniel und Co. es für nötig befunden haben, deshalb zu lügen. Verhält sich irgendwer verdächtig?«
    »Nein. Sie waren am Anfang etwas gehemmt im Umgang mit mir, aber kein Wunder. Grundsätzlich hab ich aber den Eindruck, dass sie froh sind, Lexie wiederzuhaben.«
    »Den Eindruck hatte ich auch übers Mikro. Apropos«, sagte Frank. »Was war denn gestern Abend los, nachdem du rauf in dein Zimmer gegangen bist? Ich hab dich reden hören, aber ich konnte kaum was verstehen.«
    Seine Stimme hatte einen anderen Ton angenommen, und keinen guten. Ich hörte auf, die Ränder des neuen Verbandes glattzustreichen. »Nichts. Alle haben gute Nacht gesagt.«
    »Wie süß«, sagte Frank. »Ganz wie bei den Waltons. Schade, dass ich es nicht mitgekriegt hab. Wo war dein Mikro?«
    »Im Koffer. Die Akkus drücken beim Schlafen.«
    »Dann schlaf eben auf dem Rücken. Deine Tür lässt sich nicht abschließen.«
    »Ich hab einen Stuhl davorgestellt.«
    »Ach so, na dann. Das müsste dicke als Sicherheitsvorkehrung reichen. Du hast sie wohl nicht alle, Cassie!« Ich konnte förmlich sehen, wie er hin und her tigerte und sich mit einer Hand wild durchs Haar fuhr.
    »Was regst du dich so auf, Frank? Beim letzten Mal hab ich das Mikro überhaupt nur benutzt, wenn ich wirklich was Interessantes gemacht habe. Ob ich im Schlaf rede, ist für diesen Fall nicht entscheidend.«
    »Beim letzten Mal hast du nicht mit Verdächtigen zusammengewohnt. Auch wenn die vier nicht ganz oben auf unserer Liste stehen, wir haben sie noch lange nicht gestrichen. Das Mikro bleibt schön an deinem Körper, außer du stehst unter der Dusche. Und wo du schon von deinem letzten Einsatz sprichst? Wenn du da das Mikro im Koffer gehabt hättest, wo wir dich nicht hätten hören können, wärst du jetzt tot. Du wärst verblutet, ehe wir bei dir gewesen wären.«
    »Ja, ja, ja«, sagte ich. »Ist ja schon gut.«
    »Dann sind wir uns einig? Die ganze Zeit am Körper. Ohne Ausnahme.«
    »Jaja.«
    »Schön«, sagte Frank und wurde wieder ruhiger. »Ich hab ein kleines Geschenk für dich.« In seinen Worten schwang ein Grinsen mit: Er hatte sich etwas Gutes aufgespart, für nach der Standpauke. »Ich hab alle deine BKs von unserer ersten Lexie-Madison-Ausgabe aufgespürt. Erinnerst du dich an eine gewisse Victoria Harding?«
    Ich biss ein Stück Wundpflaster ab. »Sollte ich?«
    »Ziemlich groß, schlank, lange blonde Haare? Redet wie ein Wasserfall? Blinzelt nicht?«
    »Oh Gott«, sagte ich und klebte den Verband fest. »Vicky die Klette. Ein echter Schatten der Vergangenheit.« Vicky die Klette war mit mir am UCD gewesen, studierte irgendwas Schwammiges. Sie hatte glasige blaue Augen, jede Menge passende Accessoires und eine verzweifelte, grenzenlose Gabe, sich an jedem festzusaugen, der ihr nützlich sein könnte, vor allem reiche Typen und Partygirls. Aus irgendeinem Grund hatte sie mich für so cool befunden, dass ich ihr die Mühe wert war, oder vielleicht hatte sie sich bloß Gratisdrogen erhofft.
    »Genau die. Wann hast du zuletzt mit ihr gesprochen?«
    Ich schloss den Koffer und schob ihn unters Bett, während ich überlegte. Vicky gehörte nicht zu der Sorte Mensch, die einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. »Vielleicht ein paar Tage bevor ich abgezogen wurde? Ich hab sie danach ein paarmal in der Stadt gesehen, bin aber immer rechtzeitig abgetaucht.«
    »Eigenartig«, sagte Frank, und dieses wölfische Grinsen griff auf seine Stimme über, »weil sie nämlich eine ganze Ecke später mit dir geredet hat. Genaugenommen hattet ihr zwei Anfang Januar 2002 einen netten, langen Plausch – sie kann sich an den Zeitpunkt erinnern, weil sie da gerade beim Winterschlussverkauf gewesen war und so einen edlen Designermantel ergattert hatte, den sie dir gezeigt hat. Offenbar war das Ding aus, ich zitiere, ›einem absolut spitzenmäßigen Taupe-Wildleder‹, was immer Taupe auch für eine Tiergattung sein mag. Klingelt’s jetzt bei dir?«
    »Nein«, sagte ich. Mein Herz schlug langsam und fest. Ich konnte es bis in die Fußsohlen spüren. »Das war ich nicht.«
    »Hab ich mir irgendwie gedacht. Vicky erinnert sich dagegen lebhaft an das Gespräch, fast Wort für Wort – die Frau hat ein Gedächtnis wie ein Elefant, sie gibt eine

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