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Totengrund

Totengrund

Titel: Totengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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was gegen die Schmerzen, okay. Mal sehen, was wir hier finden können.«
    »Bitte«, hauchte Arlo. »Bitte, töte mich.« Er weinte jetzt, die Tränen quollen aus seinen Augenwinkeln, und sein ganzer Körper bebte so heftig, dass Maura schon dachte, es sei ein Krampf. Aber sein flehender Blick blieb starr auf sie und Doug gerichtet.
    Sie breitete eine Decke über seinen entblößten Körper. Das Feuer im Herd brannte jetzt hell, genährt von einer frischen Ladung Holz, und mit der steigenden Temperatur wurde der Uringeruch intensiver.
    »Ich habe Ibuprofen in meiner Handtasche«, sagte sie zu Doug. »Ich habe sie im Jeep liegen lassen.«
    »Ibuprofen? Das bringt doch in dem Fall überhaupt nichts.«
    »Ich hab Valium«, stöhnte Arlo. »In meinem Rucksack …«
    »Der liegt auch oben im Wagen.« Doug stand auf. »Ich gehe rauf und hole alle unsere Sachen.«
    »Und ich suche inzwischen die Häuser ab«, erklärte Maura. »In diesem Dorf muss es doch irgendetwas geben, was wir gebrauchen können.«
    »Ich komme mit dir, Doug«, sagte Elaine.
    »Nein. Du musst hier bei ihm bleiben«, entgegnete Doug.
    Widerstrebend richtete Elaine ihren Blick auf Arlo. Es war nicht zu übersehen, dass sie überall lieber gewesen wäre als hier in diesem Raum, eingesperrt mit einem schluchzenden Mann.
    »Und vergiss nicht, Wasser zu kochen«, erinnerte Doug sie, als er zur Tür ging. »Wir werden es brauchen.«
    Draußen peitschte der Wind Maura prickelnde Schneewolken ins Gesicht, doch sie war froh, dem Haus entkommen zu sein und frische Luft atmen zu können, die nicht nach Blut und Urin stank. Als sie auf das Nachbarhaus zuging, hörte sie knirschende Schritte hinter sich, und als sie sich umdrehte, sah sie, dass Grace ihr gefolgt war.
    »Ich kann Ihnen suchen helfen«, sagte das Mädchen.
    Maura betrachtete sie einen Moment lang skeptisch. Sie überlegte, dass Grace wahrscheinlich eher im Weg sein würde. Aber in diesem Moment wirkte das Mädchen einfach verloren, nur ein verängstigtes Kind, das sie alle zu lange ignoriert hatten.
    Maura nickte. »Du könntest eine große Hilfe sein, Grace. Komm mit.«
    Sie stiegen die Verandastufen hinauf und betraten das Haus.
    »Was für Medikamente suchen wir denn?«, fragte Grace, als sie die Treppe zum Obergeschoss hinaufgingen.
    »Alles Mögliche. Vergeude keine Zeit damit, die Etiketten zu lesen. Nimm einfach alles mit.« Maura ging in eines der Schlafzimmer und zog zwei Kopfkissen ab. Sie warf Grace einen der Bezüge zu. »Du durchsuchst die Kommode und die Nachttische. Schau überall rein, wo sie ihre Medikamente aufbewahren könnten.«
    Im Bad inspizierte Maura die Hausapotheke und warf alles in ihren Kissenbezug. Sie ließ nur die Vitamine stehen und nahm alles andere mit. Abführmittel, Aspirin, Wasserstoffperoxid – alles könnte sich als nützlich erweisen. Sie hörte, wie Grace im Zimmer nebenan Schubladen aufzog und zuknallte.
    Sie gingen weiter zum nächsten Haus, die Kissenbezüge schon schwer von klirrenden Arzneifläschchen. Maura trat als Erste durch die Tür und wurde von bedrückender Stille umfangen. Sie hatte dieses Haus zuvor noch nicht betreten, und nun blieb sie gleich hinter der Schwelle stehen, um sich im Wohnzimmer umzusehen. Ihr Blick fiel auf eine weitere Kopie des inzwischen vertrauten Porträts an der Wand.
    »Da ist wieder dieser Mann«, sagte Grace.
    »Ja. Wir können ihm anscheinend nicht entkommen.« Maura trat ein paar Schritte ins Zimmer und blieb plötzlich stehen. »Grace«, sagte sie leise.
    »Was?«
    »Lauf zurück und gib Elaine die Medikamente. Arlo braucht sie.«
    »Aber wir haben doch noch gar nicht in diesem Haus gesucht.«
    »Ich übernehme das. Geh du schon mal zurück, okay?« Sie drückte dem Mädchen ihren Beutel mit Medikamenten in die Hand und schob sie in Richtung Tür. »Bitte, geh jetzt.«
    »Aber …«
    »Geh.«
    Erst nachdem das Mädchen zur Tür hinaus war, ging Maura weiter, um das in Augenschein zu nehmen, was Grace nicht gesehen hatte. Das Erste, was sie bemerkt hatte, war der Vogelkäfig mit dem toten Kanarienvogel darin, nur ein winziger gelber Federhaufen auf dem mit Zeitungspapier ausgelegten Boden.
    Sie drehte sich um und konzentrierte sich auf den Fußboden, auf das, was sie so jäh hatte innehalten lassen: den bräunlichen Schmierfleck auf den Kiefernholzdielen. Sie folgte der Schleifspur bis zum Flur und stand schließlich am Fuß der Treppe.
    Dort blieb sie stehen und starrte auf die gefrorene Blutlache vor der untersten

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