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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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wieder da eingezogen.«
    »Vielleicht ist er einfach so weit, dass er wieder dort einziehen kann.«
    »Vielleicht«, erwiderte Ethan, doch er klang ganz und gar nicht überzeugt.
    »Warum erzählen Sie mir das alles?«
    »So genau weiß ich das auch nicht. Ich dachte nur   … hier.« Er drückte mir ein Stück Papier in die Hand. »Das ist die Adresse. Nur für den Fall, dass Ihnen danach ist.«
    Mir war nicht danach. Ich sagte mir, dass ich jetzt direkt nachHause fahren, vielleicht noch eine Tasse von Essies Ewigem Leben trinken und dann sofort ins Bett gehen würde. Ich hatte morgen einen langen Tag auf dem Friedhof vor mir und brauchte meinen Schlaf.
    Und ich glaube, dass ich es auch genau so gemacht hätte, wenn ich Devlin nicht auf der gegenüberliegenden Straßenseite aus dem Haus der Handleserin hätte kommen sehen.

SIEBENUNDDREISSIG
    Ich war gerade um das Institut herumgefahren und wollte in die Straße einbiegen, als ich ihn im Eingangsportal von Madame Weiß-Alles sah.
    Sie waren gerade aus dem Haus gekommen, Devlin und eine Frau   – die Handleserin, nahm ich an –, und obwohl ich ihr Gesicht im Licht der Veranda nicht so deutlich sehen konnte wie seines, wusste ich, dass sie attraktiv war. Das konnte ich an ihrem Verhalten ablesen. Wirklich schöne Frauen haben ein ganz besonderes Selbstbewusstsein. Temple und Camille hatten es. Mariamas Totengeist hatte es immer noch.
    Devlin war anscheinend im Begriff zu gehen, aber dann berührte die Frau ihn an der Schulter, und er drehte sich noch einmal um. Wie sie miteinander umgingen, das ließ nicht unbedingt darauf schließen, dass sie ein Liebesverhältnis miteinander hatten, doch es lag eine gewisse Intimität darin, wie er in ihr nach oben gewandtes Gesicht hinunterblickte und sie mit verhaltener Dringlichkeit an den Armen fasste. Mein Fenster war geöffnet, aber ich konnte von ihrer Unterhaltung kein Wort verstehen, auch wenn ich noch so sehr die Ohren spitzte.
    Ich war nicht stolz, dass ich versuchte, sie zu belauschen, und erst recht nicht, dass ich Devlins Wagen folgte, als er ein paar Minuten später die Straße hinunterfuhr. Ich wusste nicht, was in mich gefahren war. So war ich nicht erzogen worden. Takt und Anstand wurden bei mir zu Hause ganz großgeschrieben, undich stellte mir vor, wie entsetzt meine Mutter über mein Verhalten wäre. Privatgespräche zu belauschen. Einem Mann nach Hause nachzufahren, ohne dass der das wusste oder erlaubte. Bei der Vorstellung, wie sie mich maßregeln würde, zuckte ich zusammen, doch das hielt mich nicht davon ab.
    Ich hatte keine Ahnung, wie man jemanden beschattete   – erst recht keinen Cop –, ohne dabei erwischt zu werden, doch mein Instinkt sagte mir, ich sollte mich möglichst weit zurückfallen lassen. Es war nicht viel Verkehr, also ließ ich etwa einen halben Straßenblock Abstand zwischen uns. Aber bei einer so breiten Lücke musste ich auch fürchten, dass ich ihn aus den Augen verlor, wenn er zu oft abbog.
    Dank Ethan hatte ich zumindest eine ungefähre Vorstellung, wohin Devlin fuhr. Er bog auf der Rutledge Avenue rechts ab in die Beaufain Street und dann links in eine Seitenstraße. Ich fuhr erst einmal geradeaus weiter und dann einmal um den Block, um ihm Zeit zu lassen, das Auto zu parken und ins Haus zu gehen.
    Dann schaltete ich die Innenbeleuchtung meines Wagens ein, warf einen Blick auf Ethans Zettel, während ich langsam die Straße hinunterfuhr und nach einem hübschen Haus im Queen-Anne-Stil mit einer blauen Veranda und einem gepflegten Garten suchte. Als ich die Adresse schließlich fand, waren alle Fenster im Haus dunkel, und ich sah nirgends Devlins Wagen. Ich ging davon aus, dass er hinter dem Haus geparkt hatte. Oder aber er hatte mich im Rückspiegel entdeckt und war an seinem Haus vorbeigefahren.
    Ich warf einen Blick in den Rückspiegel, um sicherzugehen, dass er nicht längst hinter mir herfuhr.
    Niemand da. Die Luft war rein.
    Und was jetzt?
    Ich fuhr an den Straßenrand, stellte den Motor ab und machte die Scheinwerfer aus, und dann saß ich einfach nur da,in meinem Kopf ein Wirrwarr von Gedanken. Warum war ich hergekommen? Ich wollte Essies Tee oder den paar Schluck Champagner, die ich auf Dr. Shaws Party getrunken hatte, die Schuld geben für diese impulsive Handlung. Ich benahm mich nicht wie eine Frau, die ihr Leben lang strenge Regeln befolgt hatte. Mein Gesicht spiegelte sich im Wagenfenster, und ich sah mich an und dachte: Das bin nicht ich. Sie hat zwar meine

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