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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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erwartete mich an der Eingangstür. Er wirkte irgendwie zerstreut, als wir um das Haus herum zum Parkplatz gingen, und ich fragte mich, ob er immer noch durcheinander war wegen des Streits mit seinem Vater.
    »Sie wollten mit mir reden?«
    »Es geht um John.«
    Damit hatte ich nicht gerechnet. Und schon bei der bloßen Erwähnung von Devlins Namen blieb mir schlagartig die Luft weg. »Was ist mit ihm?«
    Ethan stützte sich mit der Hand gegen die Wagentür. »Haben Sie ihn in letzter Zeit gesehen?«
    »Nein, schon länger nicht mehr.« Er hatte mich nicht angerufen, und ich hatte ihn nicht angerufen. Ich versuchte immer noch, mir einzureden, dass es so das Beste war.
    »Er sieht schrecklich aus, Amelia. Ich glaube, diese Mordermittlungen fordern ihren Tribut. Und diese Zeit des Jahres ist sowieso schwierig für ihn. Der Tag jährt sich bald wieder.«
    Ich spürte einen leichten Kloß im Hals. »Das wusste ich nicht.«
    »Wahrscheinlich ist das der Grund, warum Sie nichts von ihm gehört haben. Die Schuldgefühle   …« Er machte eine hilflose Geste mit der Hand. »Er verbringt viel zu viel Zeit allein und in düsterer Stimmung. Ich mache mir Sorgen um ihn. Er müsste öfter mal raus.«
    Ich dachte wieder an die Frauenstimme, die ich in jener Nacht am Telefon im Hintergrund gehört hatte, und ich fragte mich,ob Devlin nicht vielleicht öfter rauskam, als Ethan bewusst war. Trotzdem wollte ich seine Sorge nicht kleinreden, zumal ich ja wusste, was für Schuldgefühle Devlin mit sich herumschleppte.
    »Ich habe versucht, ihn zu überreden, heute Abend zu kommen«, sagte Ethan. »Aber das hier ist der letzte Ort auf der Welt, wo er sein will.«
    »Er scheint nicht viel von der Arbeit zu halten, die hier geleistet wird«, sagte ich vorsichtig.
    »Es ist nicht nur das. Hier hat er Mariama kennengelernt.«
    »Im Institut?«
    »Damals war es noch nicht das Institut. Damals war es bloß unser Zuhause. Mariama hat eine Weile bei uns gewohnt. Und John war der Protegé meines Vaters.«
    »Protegé?« Schockiert starrte ich ihn an. »Wie   … Protegé? Aber er hält doch gar nichts von der Arbeit Ihres Vaters.«
    »Heute vielleicht nicht mehr. Es hat aber mal eine Zeit gegeben, da hat er sich intensiv damit befasst.«
    Das wollte mir nicht in den Kopf. »Reden wir von ein und demselben Mann?«
    Ethan lächelte. »Das tun wir.«
    »Was ist passiert? Heute steht er diesen Dingen doch so ablehnend gegenüber.«
    Ethan zuckte mit den Achseln. »Er hat sich immer mehr entfernt davon, so wie das damals bei den meisten von uns war. Wir mussten an unsere Examen und an unsere Karriere denken. Alles andere war plötzlich wie ein Spiel, das wir spielten. Aber nicht für meinen Vater, für den natürlich nicht.« Ich hörte einen Hauch von Bitterkeit in seiner Stimme, die mich wieder an den Streit denken ließ. »In der Nacht, als der Unfall passiert ist, kam John her, weil er Vater sprechen wollte. Er wollte seine Hilfe, um Kontakt zu Mariamas und Shanis Seele aufzunehmen. Er hat Vater angefleht, ihm eine Tür zu öffnen, damit er auf die andere Seite gelangen und sie ein letztes Mal sehen könnte.«
    Ich konnte kaum ermessen, wie groß seine Verzweiflung gewesen war. Es tat mir körperlich weh, auch nur daran zu denken. »Das ist   …«
    »Ich weiß. Ich glaube, dass er in diesem Moment fast wahnsinnig war vor Trauer und Schmerz. Er wurde gewalttätig und verlor die Beherrschung. Hat Vater einen Betrüger genannt und noch Schlimmeres. Vater dachte schon, er müsste Hilfe rufen, aber John ging schließlich von allein. Dann ist er verschwunden. Niemand wusste, wohin. Ich glaube, wir haben alle schon mit dem Schlimmsten gerechnet. Dann haben wir auf einmal diese Gerüchte gehört, dass man ihn in ein privates Sanatorium eingeliefert habe. Aber das war wohl nur Gerede. Die Leute lieben es, alles auszuschmücken. Aber als John zurückkam, war er ein anderer Mensch. Mit der Zeit ging es ihm besser, aber als ich ihn gestern gesehen habe   …« Ethan verstummte mit sorgenvoller Miene. »Ich glaube, es ist dieses Haus.«
    »Was für ein Haus?«
    »Mariamas Haus. Er wohnt zwar seit dem Unfall auf Sullivan’s Island, wo er etwas gemietet hat, aber er hat ihr Haus nie aufgegeben. Es ist ein wunderschöner Altbau im Queen-Anne-Stil in einer Seitenstraße der Beaufain Street. Mariama war total vernarrt in das Haus. Ich bin vor ein paar Tagen vorbeigefahren. Der Garten war gepflegt, die Veranda war frisch in Blau gestrichen. Ich glaube, er ist

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