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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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  – in Wort und Bild, ohne dass sie mich vorher darum bitten musste.
    Ich stand mit dem Rücken zu Devlin, während ich wartete, dass er sein Telefongespräch beendete, aber auch dieses Mal spürte ich genau, als er plötzlich hinter mich trat. Die Nackenhaare stellten sich mir auf, und ich hob die Hand und rieb mir über die prickelnde Stelle, während ich mich zu ihm umdrehte.
    Die Stimme meines Vaters flüsterte mir warnend ins Ohr. Versprich mir, dass du dich nie wieder mit diesem Mann triffst.
    Ich atmete tief durch und verbannte ihn bewusst aus meinen Gedanken. Tut mir leid, Papa.
    »Ist Camille gegangen?«, fragte Devlin.
    Dass er sie beim Vornamen nannte, entging mir nicht. »Ja. Sie musste zurück ins Büro. Ich soll Ihnen ausrichten, dass sie Sie anruft und   … dass sie sich auf Sie verlässt. Sie sagte, Sie wüssten schon, was das heißt.«
    Er zuckte mit den Achseln, als wäre die Nachricht belanglos für ihn, doch die Verärgerung, die kurz in seinem Blick aufflackerte, machte mich noch neugieriger, was die Art seiner Beziehung zu Camille Ashby betraf. Sie sprachen einander mit dem Vornamen an, was auf mehr als nur eine flüchtige Bekanntschaft schließen ließ, und dafür sprach auch die Unterhaltung, die ich mitangehört hatte, und die Art, wie sie seinen Arm berührt hatte. Sie war älter als Devlin, aber nicht sehr viel, zumal das Alter bei einer Frau, die so attraktiv war wie Camille, keine Rolle zu spielen schien.
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte er.
    »Was? Nein   … Tut mir leid. Ich war nur mit meinen Gedanken woanders.«
    Ich fragte mich, ob er wusste, welche Macht sein Blick hatte. Ob er überhaupt eine Ahnung hatte, welche Wirkung dieser Blick auf mich hatte. Vielleicht hätte ich das als eine weitere Warnung betrachten sollen   – die Tatsache, dass ich den Blick nicht von ihm lösen konnte. Es war, als hätte er irgendwie Macht über mich, aber das konnte ich ihm nicht zum Vorwurf machen. Ich allein war verantwortlich für das, was ich tat. Ich war nicht zum Friedhof gekommen, um mich mit Camille Ashby zu treffen. Sie hatte mir nur eine willkommene Ausrede geliefert. Ich war hergekommen, um dem Verbotenen nachzujagen, obwohl ich noch nie in meinem ganzen Leben etwas getan hatte, was auch nur ansatzweise leichtfertig gewesen wäre.
    Ein paar Leute aus der Suchmannschaft bewegten sich in unsere Richtung, und ich versuchte, meine Nerven zu beruhigen, indem ich meine Aufmerksamkeit auf sie richtete.
    »Das muss so ähnlich sein, wie eine Nadel in einem Heuhaufen zu suchen«, murmelte ich. »Hat der Regen nicht alle Spuren weggewaschen, wie Fußabdrücke oder Blut?« Dank der vielen Jahre voller Selbstdisziplin klang meine Stimme ganz normal, obwohl mir das Herz bis zum Hals schlug.
    »Nicht alle. Irgendetwas bleibt immer zurück. Wir müssen nur so lange weitersuchen, bis wir es finden.«
    »Und wenn Sie es nicht finden?«
    Wieder sah Devlin mir direkt in die Augen, und ich spürte, wie ein Schauer durch mich hindurchfuhr. »Dann muss sie uns zum Mörder führen.«
    »Sie?«
    »Das Opfer. Die Toten haben eine Menge zu sagen, wenn man gewillt ist, ihnen zuzuhören.«
    Die Ironie, die in seiner Bemerkung lag, überraschte mich. Plötzlich sah ich vor meinem geistigen Auge das Geisterkind, wie es sich in seine Hose krallte, wie es ihm auf das Bein schlug, wie es tat, was es konnte, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.Was wollte das Mädchen ihm sagen? Und warum hörte er ihr nicht zu?
    Sie war auch zu mir gekommen, doch ich hatte einen guten Grund gehabt, sie zurückzuweisen. Papa hatte recht. Ich wusste nur zu gut, was für Folgen es hatte, wenn man die Regeln brach. Zuzugeben, dass das Geisterkind da war, dass ich es sehen konnte, das hieß, es in mein Leben einzulassen und ihm anzubieten, sich von meiner Körperwärme und meiner Energie zu nähren, bis ich nichts weiter mehr war als eine gehende, atmende Hülle. Egal, was sie von mir wollte   – ich musste mich schützen um jeden Preis. Um nicht in Gefahr zu geraten, musste ich auf Abstand gehen zu Devlin und zu seinen Geistern.
    Und trotzdem stand ich da, ganz gebannt von seiner Nähe.
    Er drehte sich um und suchte mit den Augen den Friedhof ab, so konzentriert, dass er meine Anwesenheit für einen Moment zu vergessen schien. Ich nutzte die Gelegenheit, um mir sein Profil genauer anzusehen, betrachtete die Form seines Kiefers und seines Kinns, blieb mit dem Blick hängen an dieser schattigen, sinnlichen Stelle unter seiner vollen

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