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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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die beiden wechselten, und rang mir eine freundliche Begrüßung ab. »Oh, hallo. Sie habe ich gerade gesucht.«
    »Sind Sie nicht ein bisschen früh dran?« Camilles Stimme klang angespannt.
    Devlin schaute auf seine Uhr. »Wir hatten eins gesagt, also sind Sie genau pünktlich.«
    Ich nickte, überraschenderweise erfreut, dass er mich verteidigt hatte. »Wie ich sehe, ist die Suche schon in vollem Gang.«
    Er warf einen Blick zum Himmel. »Es zieht sich zu. Wir müssen versuchen, schneller zu sein als der Regen.«
    »Dann sollten wir auch gleich zur Sache kommen, denke ich«, erklärte Camille in schroffem Ton. »Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gern einen Moment allein mit Amelia sprechen.«
    »Kein Problem.« Devlin ging ein Stück weg und zog sein Telefon aus der Tasche.
    Ich versuchte, mich auf Camille zu konzentrieren, doch ich spürte, dass sein Blick immer noch auf mir ruhte. Es war ein bisschen verwirrend, das Ziel von so viel eingehender Betrachtung zu sein, und ich stellte fest, dass ich wünschte, ich hätte mir mit meinem Erscheinungsbild etwas mehr Mühe gegeben.Mein Pferdeschwanz hing schlapp herunter in der feuchten Luft, und die einzige Kosmetik, mit der ich mich aufgehalten hatte, war eine Sonnenschutzcreme mit Lichtschutzfaktor 30 und ein großzügiger Spritzer Insektenspray. Eine etwas schickere Aufmachung hätte sicher Wunder gewirkt auf mein Selbstbewusstsein, auch auf dem Friedhof.
    Camille dagegen sah sogar in der Hitze kühl und frisch aus.
    »Tut mir leid«, sagte ich. »Ich wollte Sie nicht unterbrechen.«
    »Nein, schon in Ordnung. Eigentlich sollte ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie so pünktlich sind. Unpünktlichkeit ist heutzutage gang und gäbe, und es ist eine Angewohnheit, die ich zutiefst verabscheue.« Ihre Gesichtszüge entspannten sich, und ihre Stimme bekam allmählich einen wärmeren Ton. Ihre Art zu sprechen erinnerte mich täuschend echt an meine Mutter und an meine Tante, obwohl sie die Vokale nicht ganz so lang zog und ihr »I« auch nicht ganz so extrem wie ein »A« klang.
    Sie hatte sich verändert, seit ich sie die paar Male in ihrem Büro gesehen hatte. Schon da hatte ich gedacht, dass sie eine attraktive Frau war, doch die Camille Ashby, die mich eingestellt hatte, damit ich den Friedhof von Oak Grove restaurieren sollte, war eine Frau von unbestimmbarem Alter gewesen und so geschniegelt und gestriegelt in Benehmen und Kleidung, als wäre sie die Verkörperung von guter Kinderstube und von altem Geldadel.
    Jetzt wirkte sie jünger, frischer und viel zugänglicher in ihrer gestärkten weißen Bluse, die sie sorgfältig in den Bund ihrer gebügelten Jeans gesteckt hatte. Ihr blondes Haar, das sie normalerweise zu einem glatten Bob frisierte, kräuselte sich jetzt reizend in der Feuchtigkeit, und ohne den Filter der Brillengläser nahmen ihre Augen einen tiefvioletten Ton an.
    Devlin war ihr dunkleres männliches Gegenstück   – groß, markant und umwerfend maskulin. Am Vortag hatte ich die hervorragende Passform seines Hemdes und seiner Hose bewundert, und jetzt fiel mir auf, wie fachmännisch seine Garderobe geschneidert und wie teuer der Stoff war, sodass mir einmal mehr klar wurde, dass er kein normaler Detective war. Er hatte eine Vergangenheit, eine Herkunft, die mich immer neugieriger machte, je öfter ich ihm begegnete.
    Ich war die Außenseiterin hier draußen, denn meine ausgebeulte Cargohose und das Trägerhemd waren weder modisch noch irgendwie aufeinander abgestimmt.
    »Ich habe Sie aus mehreren Gründen hierher auf den Friedhof gebeten«, hob Camille an. »Erstens brauche ich Sie hier bei dieser Suchaktion. Ich will nicht, dass auch nur der leiseste Verdacht aufkommt, dass wir die Gräber während dieser ganzen schrecklichen Geschichte nicht äußerst würdevoll und mit höchstem Respekt behandelt haben. Und zweitens   …« Sie ließ den Blick über den Friedhof schweifen, und die Falte zwischen ihren Augenbrauen erschien wieder. »Und ganz offen gesagt, finde ich es ziemlich beunruhigend, wie viel Arbeit hier noch zu tun ist. Ich habe gedacht, Sie wären schon weiter.«
    »Ich habe durch den Regen fast eine ganze Woche verloren, bevor das hier passiert ist«, erinnerte ich sie.
    »Lassen wir den Regen oder sonstige Rückschläge mal beiseite   – wir hatten uns auf einen Zeitrahmen geeinigt.«
    »Ich bin mir der Deadline sehr wohl bewusst. Aber ich kann erst mit dem Säubern anfangen, wenn ich den Lageplan erstellt habe, und diese Karte

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