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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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führt.«
    Ich weiß nicht, ob ich irgendetwas aus dem heraushörte, was er sagte, oder ob es ein eigenständiger Gedanke war, aber ganz plötzlich fügten sich ein paar Puzzleteile zu einem Bild zusammen. »Diese Leute, die Sie vorhin erwähnt haben   … der Polizeichef, der Zeitungsredakteur, der Bürgermeister   … waren das alle Claws ?«
    »Wie ich schon gesagt habe, ist die Mitgliedschaft in dem Orden eines der bestgehüteten Geheimnisse, die es gibt.«
    »Das würde aber einen Sinn ergeben, oder? Sie haben den Mord nicht vertuscht, um den Ruf von Emerson zu schützen.Es ging vielmehr darum, einen anderen Claw zu schützen.« Da ich überzeugt war von dem, was ich sagte, wurde meine Stimme ganz lebhaft. »Jetzt wird mir auch klar, warum Sie gestern Morgen bei mir zu Hause aufgetaucht sind mit diesen ganzen Fragen über Grabstein-Symbolik und Metaphorik. Sie glauben, dass derjenige, der den letzten Mord begangen hat, in irgendeiner Verbindung zu diesem Orden stehen könnte.«
    Er bekam keine Gelegenheit mehr, darauf zu antworten. Jemand rief seinen Namen, und er drehte sich hastig um. »Ich bin hier!«
    »Wir haben etwas gefunden!«, rief der Beamte zurück. »Das müssen Sie sich unbedingt ansehen!«
    »Warten Sie hier«, sagte er mit einem Blick über die Schulter und lief den Gehweg hinauf.
    Ich wartete   … so ungefähr dreißig Sekunden. Dann verspürte ich den inneren Drang, ihm durch das Labyrinth von Grabsteinen auf den älteren Teil des Friedhofs zu folgen.
    Die beiden Bereiche wurden durch einen Torbogen unterteilt. Als ich darunter hindurchging, erblickte ich ein Spitzdach direkt vor mir. Das Bedford Mausoleum war das älteste Grabmal in Gebäudeform, das es auf dem Friedhof gab. Erbaut worden war es 1853 zum Gedenken an Dorothea Prescott Bedford und ihre Nachfahren. Der Baustil war gotisch, mit einer Reihe von Kreuzen oben auf der Spitze. Der Innenraum des Baus war in eine leichte Anhöhe hineingemeißelt worden, was das Mausoleum ganz einzigartig machte. Hügeliges Gelände war ein besonderes Kennzeichen von Lowcountry und einer der Gründe, warum ich Oak Grove so beunruhigend fand. Die Landschaft war irgendwie aus dem Gleichgewicht.
    Als ich tiefer in die Düsternis hineinging, fiel die Temperatur merklich. Schwingende Mähnen von gekräuseltem Moos hielten fast das ganze Licht ab und erlaubten dem Efeu, seine Fangarme auszustrecken und um Statuen und Monumente zuschlingen, die schon ganz schwarz waren von Flechten. Dort, wo das Licht es hindurchschaffte, glitzerten auf riesigen Philodendren Wassertropfen wie Kristalle. Es war, als ginge man mitten hinein in das Herz eines Regenwaldes der Urzeit.
    Ich hatte Devlin aus den Augen verloren, doch ich hörte seine Stimme, als ich das Ende des verwucherten Gehwegs erreichte. Er war irgendwo rechts vom Mausoleum. Nachdem ich mich aus der Umklammerung einer wilden Weinrebe befreit hatte, entdeckte ich ihn. Er stand in einer Gruppe schmuddelig aussehender Männer in verschwitzten Hemden und lehmverspritzten Hosen. Sie hatten sich um ein Grab versammelt, das mit einer Grabplatte markiert war.
    Langsam ging ich auf sie zu, wobei ich schon darauf gefasst war, dass Devlin sich jeden Moment umdrehen und mich wieder wegschicken würde. Doch er sagte nichts, nicht einmal, als ich neben ihn trat.
    Ich starrte nach unten, in das gesprenkelte Licht, und suchte nach dem, was ihre Aufmerksamkeit erregte.
    Und dann sah ich es.
    Die Hand eines Skeletts. Sie ragte aus den toten Blättern heraus wie ein frühreifer Krokus.

ZEHN
    Eine halbe Stunde später fielen sie in Scharen ein   – Beamte in Zivil und in Uniform, die nach den Mücken schlugen und sich über die schweißnassen Gesichter wischten, während sie aus dem zugewucherten Dickicht stolperten, um einen kurzen Blick auf die jüngste Entdeckung zu erhaschen. Sie waren Profis und hielten deshalb respektvoll Abstand, während die Gerichtsmedizinerin von Charleston County die sterblichen Überreste untersuchte. Sie hieß Regina Sparks, war ein kleines, zierliches, rothaariges Energiebündel. Ich war noch nie jemandem begegnet, bei dem der Name so gut passte. Obwohl sie stocksteif neben dem Grab stand, strahlte die Frau eine fast manische Energie aus, über die ihr ungerührtes Auftreten nicht hinwegtäuschen konnte.
    Ich hielt mich etwas abseits, wo ich alles beobachten konnte, ohne im Weg zu sein. Nach längerer Rücksprache mit einigen seiner Leute sah Devlin mich dort stehen.
    »Sind Sie okay?«
    »So

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