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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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ihrer Gegenwart verzehrte mich. Ich brauchte meine ganze Kraft, um nicht zu zittern und mich nicht zu verraten.
    Das Kind blieb neben ihm, die Wange an sein Bein gepresst,aber die Frau war dieses Mal vor ihn geglitten. Ihre Dreistigkeit erschreckte mich. Das eisige Feuer in ihren Augen ängstigte mich. Ich schaute sie natürlich nicht direkt an, doch ich konnte sie trotzdem sehen. Sie war eine wunderschöne Frau gewesen. Exotisch und sinnlich. Selbst im Tod hatte ihr Wesen ungeheure Macht. Wie mit Händen greifbar.
    Devlin blickte zu mir herunter. »Sind Sie sicher, dass Sie okay sind?« Er berührte meinen Arm, und ein Blitzschlag fuhr durch meinen Körper. Die ganze Luft um uns herum lud sich elektrisch auf, und jede Faser meines Körpers kribbelte von der Ladung.
    Angezogen von der angestiegenen Energie schwebte die Frau neben mich. Sie legte mir die Hand auf den Arm und ahmte damit Devlin nach.
    Meine Haut strahlte noch die Hitze des Tages ab, und sie fuhr mit den Fingern über meinen Arm, genoss die Wärme, während sie um mich herumschwebte. Ich konnte ihre Hände in meinen Haaren spüren und ihren Atem an meinem Ohr. Ihre Lippen auf meinem Nacken. Ihre Berührung war wie ein eisiges Flüstern, und mir wurde bewusst, dass es nicht nur meine Körperwärme war, die sie magisch anzog. Sie verhöhnte mich.
    Sie stand hinter mir, Devlin vor mir. Eine schaurigere Ménage à trois hätte ich mir nicht vorstellen können. Ich brauchte meine ganze Kraft, um diese gespenstischen Zärtlichkeiten zu ignorieren. Devlin hatte gerade etwas zu mir gesagt, aber ich hatte kein einziges Wort gehört.
    Jetzt starrte ich ihn an, konzentrierte mich ganz auf ihn. Sein Gesichtsausdruck zeigte keinerlei Regung. Er nahm das Kräftespiel, das um uns herum tobte, überhaupt nicht wahr.
    »Ach, das hätte ich ja fast vergessen, Ihnen zu sagen«, sagte ich, und meine Stimme klang nur noch ganz leicht atemlos. »Ich habe vorhin jemanden getroffen. Einen Privatdetektiv namens Tom Gerrity.«
    Alles veränderte sich jetzt. Die Hände des Geistes hielten in meinem Haar inne, und Devlins Züge wurden starr. Sie glitt wieder neben ihn, und dann verschmolzen sie und das Kind mit dem Hintergrund, als hätte die plötzliche Spannung sie verjagt.
    »Was wollte er?« Er sprach diese Worte mit kalter und abgehackter Stimme.
    Ich musste wieder einen Schauder unterdrücken. »Er hat mich gebeten, Ihnen eine Nachricht zu bestellen.«
    »Was für eine Nachricht?«
    Schnell erzählte ich ihm alles, was mir von meiner Unterredung mit dem Privatdetektiv in Erinnerung geblieben war. Devlin sagte kein Wort, aber ich konnte sehen, dass ihn allein schon die Erwähnung von Gerritys Namen bestürzt hatte.
    »Er hat gesagt, er braucht einen Vermittler, weil er bei der Polizei eine Persona non grata sei«, sagte ich. »Was hat er verbrochen?«
    Ein Muskel zuckte in Devlins Kiefer. »Er war mal Cop. Ein Fall ging in die Hose, und ein anderer Cop kam seinetwegen ums Leben.«
    Ich hatte das Gefühl, als ginge es bei der Geschichte noch um viel mehr, aber von Devlin würde ich es nicht erfahren. Was auch in Ordnung war. Es wurde Zeit, dass dieser Abend für uns zu Ende ging. Ich musste weg von ihm und von seinen Geistern. Weg von Oak Grove und von diesem Ding, das aus dem Wald geschossen war. Es war viel passiert und ich wollte nach Hause, heil und unversehrt, und in meinem eigenen kleinen Refugium versuchen, aus dem Ganzen schlau zu werden.
    Doch als ich wegfuhr, stellte ich plötzlich fest, dass ich Devlins Berührung vermisste. Ich fühlte mich beraubt und mir war kalt, und so zwang ich mich, an Papas Regeln zu denken, und sang sie mir selbst vor.

ZWÖLF
    Temple und ich hatten vereinbart, uns an dem Abend im Rapture zu treffen, einem Restaurant mit gemischter Küche in einem traumhaft schönen alten Gebäude auf der Meeting Street, das früher einmal ein Pfarrhaus gewesen war. Ich hatte keine Ahnung, ob das Gebäude auf geweihtem Boden stand, aber es war einer der wenigen Orte in Charleston, trotz der vielen Kirchen in der Stadt, wo ich mich sicher und mit mir im Reinen fühlte. Und das brauchte ich an diesem Abend mehr als je zuvor.
    Nachdem ich den Friedhof verlassen hatte, war ich nach Hause gefahren, um zu duschen und mich umzuziehen, und dabei hatte ich versucht, nicht über dieses Ding nachzudenken, das aus dem Wald gekommen war. Oder über Devlin und seine Geister. Ich wollte gern glauben, dass meine Fantasie irgendwie eine Rolle gespielt hatte bei dem, was an

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