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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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mir zu erblicken, aber da war niemand. Nichts regte sich um mich herum, außer den Samen des Fuchsschwanzgrases am Waldrand. Einen Moment lang bestaunte ich den Schneekugel-Effekt, dann ging ich weiter.
    Etwa zehn Schritte weiter befiel mich das gleiche Gefühl wieder. Ich schaltete meine Sinne auf höchste Alarmbereitschaft und suchte mit geübten Seitenblicken mein Umfeld ab. Aus den Augenwinkeln sah ich plötzlich zu meiner Rechten eine blitzartige Bewegung, und mein Puls begann zu rasen.
    Betont beiläufig drehte ich mich um und sah etwas, gleich hinter dem Waldrand. Eine dunkle Gestalt, die sich aus dem Wald herausschlich.
    Die Silhoutte hatte sich von mir wegbewegt, aber als mein Blick darauf fiel, hob die Gestalt den schattenhaften Kopf und wandte ihn langsam in meine Richtung.
    Auf einmal regte sich kein Lüftchen, und ich spürte ein Zögern, wie bei einem Tier, das seine Beute taxiert. Im nächsten Augenblick teilte sich das Unkraut so jäh, als würde eine unsichtbare Sense einen Pfad hineinschlagen, geradewegs auf mich zu.
    Was immer es war, es hielt auf mich zu wie ein Frachtzug, vor dem eine unnatürliche Kälte herwehte, wie ich sie noch nie zuvor gespürt hatte. Ich stand da, atemlos und unfähig, mich zu rühren, gebannt von einer albtraumartigen Lähmung.
    Wie in einem Blizzard wirbelten Baumwollflocken durch dieLuft, und eine eisige Böe wehte mir das Haar aus dem Gesicht. Es kam immer näher. So nah, dass ich eine übernatürliche Feuchtigkeit auf der Haut spürte, aber ich konnte mich immer noch nicht bewegen.
    Im nächsten Moment krampfte sich mein Herz zusammen und pumpte eine Flut von Adrenalin in meine Blutbahn. Ruckartig drehte ich mich wieder zum Gehweg um und rannte los.
    Ich hörte nichts hinter mir. Keine stampfenden Schritte. Keine brechenden Zweige. Ich wusste aber trotzdem, dass es hinter mir war, wusste, dass ich ihm nicht lange davonlaufen konnte, diesem   … Ding , diesem dunklen Wesen. Doch ich rannte weiter.
    Einen Augenblick später tauchte ich aus dem Unkraut auf und erblickte Devlin. Er war allein, kam mir entgegen, und ich reagierte ganz instinktiv. Ich rannte zu ihm hin und warf mich in seine Arme. Ich hatte ziemlichen Schwung, doch er fing mich mit Leichtigkeit auf und ohne merkliches Widerstreben.
    Er war so warm, so stark, so   … menschlich. So gut. Ich löste mich nicht von ihm, wie ich es eigentlich hätte tun sollen, sondern ließ mich noch tiefer in seine Umarmung sinken.
    »Was ist los?«
    Ich war zu sehr außer Atem, um etwas zu sagen, ich zitterte nur.
    Er schloss die Arme fester um mich, und jetzt spürte ich ein wenig von diesem Beschützerverhalten, das mir bereits an ihm aufgefallen war. Einen Moment lang gewährte er mir noch Trost an seiner Brust, doch dann trat er einen Schritt zurück und hielt mich auf Armeslänge von sich weg, blickte mir prüfend ins Gesicht.
    »Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
    Die Furcht und der Schock bewirkten, dass ich redete, ohne nachzudenken. »Ich habe am Waldrand etwas gesehen.«
    »Was haben Sie gesehen? Ein Tier?«
    »Nein   … einen Schatten.« Ein Geistwesen. Ein Gespenst. Einen der Anderen.
    Er starrte zur mir herunter, verblüfft, aber bemüht, sich einen Reim auf mein Gestammel zu machen. »Sie haben den Schatten von jemandem gesehen?«
    Nicht von jemandem . Von etwas .
    »Ich konnte ihn nicht genau sehen. Als er mich verfolgt hat, habe ich mich einfach umgedreht und bin losgerannt.«
    Er packte mich bei den Armen. »Sie verfolgt hat? Jemand hat Sie gejagt?«
    »Ja. Zumindest   … ja.«
    »Aber Sie haben kein Gesicht gesehen.«
    »Nein. Ich habe kein Gesicht gesehen.«
    Sein Blick glitt suchend über den Wald hinter mir. »Das war wahrscheinlich nur einer von den jungen Leuten von der Universität, der versucht hat, Ihnen Angst einzujagen. Ich werde mich da mal umsehen.«
    »Devlin?«
    Ich wusste nicht genau, was ich ihm eigentlich sagen wollte, aber plötzlich ließen mich die Worte im Stich, denn hinter ihm war auf einmal ein hell leuchtender Schein.
    Sekunden später schwebten seine Geister durch den Schleier, hinein in die anbrechende Dämmerung.
    Devlin fand nichts im Wald. Ich war nicht überrascht. Das Ding, das ich am Waldrand erspäht hatte, hatte nicht genug Substanz, um Fußabdrücke zu hinterlassen, aber irgendwie hatte es Kraft.
    So etwas hatte ich noch nie empfunden.
    Aber im Moment hatte ich andere Sorgen. Wir standen vor meinem Wagen, und Devlins Geister waren bei ihm. Die eisige Kälte

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