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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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schließlich diejenige war, die wegschauen musste. Nachdem wir schon so viel Zeit miteinander verbracht hatten, hätte ich eigentlich über die Reserviertheit hinweg sein müssen, die ich in seiner Gegenwart empfand, doch ich fand es gut, dass das nicht so war. Ich durfte seine Geister nicht vergessen oder die Warnung meines Vaters wegen Devlin abtun. Ich durfte nie aus dem Blick verlieren, dass Devlin eine schreckliche Bedrohung darstellte, für mein körperliches und auch für mein geistiges Wohl.
    Und doch konnte ich auch jetzt seine Anziehungskraft spüren. Auch jetzt ruhten meine Augen auf seinen Lippen, und ich fragte mich wieder, wie es wohl wäre, ihn zu küssen. So etwas hatte ich noch nie empfunden. Im Film sagen das immer alle, aber bei mir stimmte es wirklich.
    Temple hatte recht   – ich hatte mir immer nur solche Männer ausgesucht, die keine Bedrohung für die Regeln oder für meinen Seelenfrieden darstellten. Ich hatte in meiner eigenen kleinen Welt gelebt, abgeschottet von der Wirklichkeit und genährt von Fantasien   – bis zu der Nacht, als John Devlin aus dem Nebel getreten war.
    Er sah mich immer noch an, doch etwas flackerte plötzlich in seinem Blick, und ich fragte mich, ob sich meine Gefühle in meinem Gesicht gespiegelt hatten. Schnell wandte ich mich ab.
    »Was können Sie mir sonst noch über die Inschrift sagen?«, fragte er.
    »Es ist nicht so sehr die Inschrift, worüber wir uns Gedanken machen sollten. Wie schon gesagt, sind die Buchstaben nur unter bestimmten Bedingungen lesbar. Der Einfallswinkel des Lichts muss ganz genau stimmen. Und da stellt sich die Frage   … wer kann das wissen?«
    Er sah mich durchdringend an und verstand sofort, was ich meinte. »Was ist mit den Archiven? Werden Epitaphe in den schriftlichen Aufzeichnungen festgehalten?«
    »Manchmal schon, zusammen mit einer Beschreibung und mit den Maßen des Grabsteins. Aber auch hier gilt, dass man überhaupt erst wissen müsste, wo man suchen soll. Und im vorliegenden Fall fehlen so viele Unterlagen über den Originalfriedhof. Ich halte es allerdings durchaus für möglich, dass irgendjemand über eines der alten Kirchenbücher gestolpert ist. Ich habe im Archiv nach einem bestimmten Kirchenbuch gesucht, aber das Ablagesystem ist eine einzige Katastrophe. Totale Fehlorganisation.«
    »Wer hätte denn Zugang zu diesen Unterlagen?«
    »Studenten. Die Angestellten der Fakultät. Und natürlich so jemand wie ich, der eine Sondergenehmigung hat.«
    Er musterte mich nachdenklich. »Ich nehme an, Sie haben da unten so einige Zeit verbracht.«
    »Ja, ziemlich viel Zeit sogar.«
    »Haben Sie je sonst noch jemanden da unten gesehen?«
    »Klar. Da gehen ständig Leute ein und aus. Der Letzte, dem ich begegnet bin, war Daniel Meakin, der Historiker. Nein, warten Sie. Das stimmt nicht. Camille Ashby war es, die ich als Letztes da unten sah.« Ich erzählte ihm, dass ich Camille unmittelbar nach meinem Gespräch mit Meakin unter der Treppe hatte stehen sehen.
    »Ich hatte das ganz seltsame Gefühl, dass sie uns belauscht hat, aber ich kann mir nicht vorstellen, warum. Sie und Meakin sind Kollegen. Kennen Sie ihn?«
    »Ich weiß, wer er ist«, erwiderte Devlin und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Mausoleum zu. »Was können Sie mir über diesen Ort hier erzählen?«
    »Über das Mausoleum? Nicht viel. Ich konnte nicht viele Informationen darüber finden. Ich weiß nur, dass es das älteste auf dem Friedhof ist und dass es 1853 von der Familie Bedford erbaut wurde, die der Emerson University Land geschenkt hatte. Der Baustil ist gotisch. Wunderschön düster und schwermütig. Das Trauern wurde im viktorianischen Süden zu einer Art Kunstform, obwohl es hier natürlich noch harmlos zuging, verglichen mit dem, was in England ablief.«
    »Sind Sie schon mal drin gewesen?«
    »Ich habe mal durch die Tür gelugt. Es ist in einem schrecklichen Zustand. Überall Graffiti und Müll. Staub, Spinnweben, alles Mögliche. Vor Jahren haben Vandalen in den Gewölben gewütet; die Gebeine der Verstorbenen sind schon lange nicht mehr hier.«
    Als ich das sagte, drehte er sich zu mir um. »Jemand hat die Leichname gestohlen?«
    »Was soll man machen?«, erwiderte ich achselzuckend. »Grabraub ist ein uraltes Gewerbe. Auf Friedhöfen wie Oak Grove sind in der Nacht immer bewaffnete Wachen Streife gegangen, um Medizinstudenten davon abzuhalten, dass sie frische Leichen zum Sezieren stehlen. Leichenhandel ist auch heute noch ein lukratives

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