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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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einen Anonymisierer benutzt hat. Und diese Informationen lassen sich auch per Gerichtsbeschluss nicht erzwingen, weil sie nämlich gar nicht erst gespeichert werden. Das behaupten sie zumindest.«
    »Ich hatte mir schon so was gedacht.«
    »Ich würde aber gern noch mal die Oak-Grove-Bilder mit Ihnen durchgehen. Ich glaube, Sie könnten da recht haben. Es könnte sein, dass Sie auf einem dieser Fotos etwas eingefangen haben, was uns nur noch nicht aufgefallen ist. Wir müssen uns noch einmal eine Weile damit beschäftigen.«
    »Sicher. Wann immer Sie wollen.« Seine Wut auf mich schien verraucht zu sein, und darüber war ich froh, obwohl ich mich auch fragen musste, ob sein besserer Gemütszustand etwas mit der Gesellschaft zu tun hatte, in der er am Vorabend gewesen war. Er war heute lässiger gekleidet, als ich es bis jetzt bei ihmgesehen hatte   – Jeans, ein Baumwollhemd, dessen Ärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt waren, und eine leichte Jacke, die er in der Hitze ausgezogen hatte, sodass man sein Gürtelholster mit der Dienstwaffe sah.
    Langsam wandte ich den Blick von der Pistole ab, doch trotzdem schlug sie mich in ihren Bann. Sie passte so gut zu dem Bild des gefährlichen Mannes, das Temple von ihm gezeichnet hatte.
    »Außerdem werde ich dafür sorgen, dass die Streifen in Ihrer Gegend verstärkt werden.«
    Panik erfasste mich. »Sie denken also doch, dass der Mörder das Epitaph ins Netz gestellt hat«, sagte ich.
    Er hatte die Augen halb geschlossen, als versuchte er mit aller Macht zu verbergen, was ihn beunruhigte. »Vorsicht ist meines Erachtens immer besser als Nachsicht.«
    Unter den gegebenen Umständen nicht gerade eine tröstliche Plattitüde.
    Inzwischen hatte sich eine kleine Menschenmenge versammelt, und Devlin ging los, um mit einem der anderen Detectives zu sprechen. Ich stellte mich in den Schatten und sah zu, wie Ethan ein Gitterraster über das Grab legte. Dann machten er und Temple sich an die Arbeit und begannen, die Erdreste von dem Skelett zu kratzen, während sein Assistent das Gitter hielt und Regina Sparks Fotos machte.
    Irgendwann kam sie zu mir herüber und stellte sich neben mich. Der rote Pony klebte ihr an der Stirn vor lauter Hitze, und ihr T-Shirt war schweißnass unter den Armen. »Ist das heute wieder heiß!«
    »Glühend heiß.«
    »Kein guter Tag, um menschliche Gebeine auszugraben.«
    »Gibt es dafür einen guten Tag?«
    Sie grinste. »Ich habe schon so ziemlich alles gesehen, was man einem menschlichen Körper antun kann   – und manchesmöchten Sie sich lieber nicht vorstellen –, aber das Geschäft hier macht mir immer noch Angst.«
    »Eine Exhumierung? Das wundert mich.«
    »Ich weiß«, erwiderte sie und nestelte dabei an ihrer Kamera herum. »Das ist irgendwie verquer bei mir. Wenn die Leiche frisch ist   – wie neulich abends   –, macht mir das nicht so viel aus. Aber jemanden auszugraben, der von Angehörigen dort beerdigt wurde   … für den Menschen gebetet haben, um den getrauert wurde   … das finde ich einfach nicht richtig.«
    »Sie haben es also lieber mit einem Mordopfer zu tun als mit einer Leiche, die formell beigesetzt wurde?«
    »Ich habe Ihnen ja gesagt, dass es verquer ist.« Sie sah mich von der Seite an. »Sie scheinen mit dem Ganzen hier ziemlich locker umzugehen. Haben Sie so was schon mal mitgemacht?«
    »Ja. Als ich für das Amt für Denkmalschutz gearbeitet habe, mussten wir einmal einen ganzen Friedhof verlegen.«
    »Wie viele Leichen?«
    »Dutzende. Ein Sarg war aus Gusseisen und hatte die Form eines ägyptischen Sarkophags. Er war vollständig erhalten und war eine Tonne schwer. So etwas hatte ich noch nie gesehen.«
    »Haben Sie ihn geöffnet?«
    »Nein, und das wäre auch keine gute Idee gewesen. Damals, im neunzehnten Jahrhundert, haben die Einbalsamierer nämlich mit einer Menge interessanter Flüssigkeiten herumexperimentiert, unter anderem mit Arsen.«
    »Na, das wäre sicher eine nette Ladung Sarglikör gewesen«, sagte sie und bezog sich dabei auf die zähe schwarze Flüssigkeit, die man manchmal in Särgen fand.
    Es hatte etwas leicht Unwirkliches, hier im Schatten zu stehen und sich so lässig über etwas derart Grausiges zu unterhalten, aber in Anbetracht der Umstände, denke ich, passte es als Thema sogar. Mein Blick wanderte zurück zu Ethan und Temple. Die Sonne schien ihnen auf den Rücken, sodass ichvon da, wo ich stand, nur ihre Umrisse erkennen konnte und sie aussahen wie zwei Schnitter mit Maurerkelle

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