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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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Nein. Er sagt, er ist kein Mann zum Heiraten. Ist nicht sein Ding.«
    Jon warf Rick, der einen Schritt hinter ihm ging, einen Blick zu. »Gibt es viele Damen, von denen er erzählt?«
    »Wenn man alles für bare Münze nehmen will, was er sagt, dann hat er mehr davon gehabt als ich warme Mahlzeiten. Er geht zu diesen Single-Abenden in ganz Manchester. Montagmorgen hat er dann immer neue Geschichten zu erzählen.«
    »Aber irgendwelche festen Freundinnen erwähnt er nie?«
    »Dazu hat er keine Zeit, sagt er. Er muss sich amüsieren. Ich glaube ja nicht, dass er wirklich glücklich ist. Muss man sich mit über vierzig noch die Hörner abstoßen? Es gibt nur ein Loch, das er am Wochenende fü llt, und das ist das riesige in seinem Leben.«
    Inzwischen waren sie an der Tür zur chirurgischen Abteilung angekommen. Jon hielt sie auf, und der Pförtner schob seine Lieferung durch.
    »Heute kein Pete?«, fragte die Frau hinter dem Empfangsschalter.
    »Freier Tag.« Er deutete auf die Kartons. »Das sind nur leichte Sachen. Soll ich sie hierlassen?«
    »Kein Problem«, antwortete sie und kam um den Tresen herum.
    Jon half seinem Exkollegen die Schachteln vom Wagen zu heben. Als der auf die Tür zuging, sagte Jon: »Danke für Ihre Hilfe.«
    »Dann sind Sie mit mir also fertig? Na, dann tschüs.«
    Die Tür fiel zu. Jon zog seinen Ausweis hervor und zeigte ihn der Rezeptionistin. »DI Jon Spicer. Dürfte ich Ihnen ein, zwei Fragen stellen?«
    »Ja?«
    »Es geht um Pete Gray, den Sie gerade erwähnten.«
    »Pete?« Sie sah ihn belustigt an, doch in ihrer Stimme schwang eine gewisse Zurückhaltung. »Hat er was angestellt?«
    »Keine Spur«, beruhigte Jon sie. »Der andere Pförtner sagte, er interessiert sich brennend für die chirurgische Station.«
    »Das kann man wohl sagen! Aber da müssen Sie mit Mr. Anderson sprechen. Er hat ihn ein paar Mal beim Operieren zusehen lassen.« Mit einem Mal wirkte sie wieder besorgt. »Das ist doch nicht illegal, oder?«
    »Nicht, was mich betrifft.«
    Sie lächelte erleichtert.
    »Ist Dr. Anderson heute da?«, fragte Jon.
    »Mr. Anderson«, korrigierte sie ihn. »Oberärzte werden mit ›Mister‹ angesprochen. Ja. Er machte gerade eine Laparotomie. Er ist sehr beschäftigt.«
    »Könnten Sie herausfinden, ob er etwas dagegen hätte, wenn ich ihm ein paar Fragen stelle?«
    »Was, jetzt?«
    »Es ist extrem wichtig.«
    Zehn Minuten später stand Jon mit grünem Overall, Gesichtsmaske und Chirurgenbrille am Fußende eines Operationstisches. Ein junger Mann hielt mit Bauchdeckenhaken Fleischlappen auseinander, und der Chirurg durchstöberte einen fremden Magen. Mit demselben Geräusch, das ein Kind macht, wenn es ein Glas mit einem Strohhalm leer trinkt, wurde Blut durch einen Schlauch abgesaugt.
    Der Chirurg wandte sich an die OP-Schwester: »Fünfzehner Skalpell, bitte, Ruth.«
    Sie reichte es ihm, und er beugte sich vor, um etwas in der Wunde durchzuschneiden. Das gemein aussehende Skalpell fiel mit einem metallischen Klirren in eine Nierenschale aus rostfreiem Stahl, und er richtete sich auf. »Pete Gray? Der ist harmlos. Hat mich einmal in der Kantine angesprochen. War schon eine seltsame Bitte, aber wer nun schuld ist, dass er so eine schlechte Schulbildung bekommen hat, geht mich nichts an. Es hat mir nur gefallen, was für ein Interesse der Mann an den Tag legte. Ja, er war bei einer Reihe von Operationen dabei, hat sich sogar ein paar von meinen Anatomiebüchern ausgeliehen.« Seine Augen verengten sich. »Meine Ausgabe von Grays Anatomie hat er noch immer. Muss mir merken, dass ich sie von ihm zurückverlange.«
    »Und bei was für Operationen hat er Ihnen zugesehen?«
    »Ach, hauptsächlich bei der Entfernung von Darmkrebsgeschwulsten. Bei der Beseitigung von Darmverschlüssen. Auch bei ein paar Abszessen.« Er nahm das Skalpell wieder zur Hand und setzte seine Arbeit fort.
    »Stellt er Fragen?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Was chirurgische Techniken betrifft. Wie Sie Einschnitte vornehmen und solche Sachen.«
    »Ja. Jede Menge. Also, um die Wahrheit zu sagen, war es für mich einfacher, einen laufenden Kommentar abzugeben.«
    Jon hatte genug gehört. »Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
    Kaum hatte er den Operationssaal verlassen, riss er sich die OP-Kleidung vom Leib.
    »Und?«, fragte Rick erwartungsvoll, als Jon in den Empfangsbereich zurückkehrte.
    Er sprach leise und bemühte sich, seinen Redefluss unter Kontrolle zu behalten. »Er war da drin und hat sich alles Mögliche

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