Totenhaut
senkte sie den Blick und entfernte sich hastig. Er wollte O’Connor fragen, was das zu bedeuten habe, überlegte es sich jedoch anders. Irgendetwas sagte ihm, dass es im Augenblick hilfreicher sein könnte, seine Beobachtung für sich zu behalten.
»Sie scheinen sich gut mit Mr. Dean verstanden zu haben. Hat er jemals ein Mädchen erwähnt, auf das diese Beschreibung passen könnte?«, fragte Rick und legte das Foto auf den Tisch.
O’Connor nahm es. »Nein, tut mir leid.« Er sah sich das Bild noch einmal an. »Die ist aber doch etwas zu jung für Mr. Dean, meinen Sie nicht?«
Rick nahm das Foto wieder an sich, seine Enttäuschung war ihm deutlich anzusehen. »Ja, dann danke. Das wäre alles.«
Sie standen auf und schüttelten einander wieder die Hand.
»Bitte lassen Sie mich wissen, wenn Sie irgendetwas über Gordon erfahren«, sagte der Arzt.
»Machen wir«, versicherte Rick nach kurzem Zögern.
Jon wartete, bis sie draußen waren. »Die Türklingel, das war die Nachtrezeptionistin aus einem Motel in Belle Vue namens Platinum Inn.«
»Woher weißt du das?«, fragte Rick.
»Weil ich vor ein paar Tagen mit ihr gesprochen habe. Aus Gefälligkeit gegenüber dieser Freundin meiner Freundin – die, die dachte, sie habe gehört, wie im Nebenzimmer eine Prostituiere umgebracht wurde.«
»Ah ja, die, die dir diese Visitenkarte gegeben hat? Was stand da noch mal für ein Name drauf? Alexia?«
Jon nickte. »Ich würde gern wissen, was sie hier wollte. Sie ist praktisch weggerannt, als sie mein Gesicht am Fenster sah.«
»Keine Ahnung. Aber zwischen Tyler Young und Gordon Dean gab es definitiv eine Verbindung. Ich glaube, wir sollten zu unseren Bändern zurückkehren.«
Jon hob die Hände. »Warte mal. Wir waren uns einig, dass wir nach Stepping Hill rüberfahren und Pete Gray um eine freiwillige DNA-Probe bitten.«
Rick wandte sich ab und klopfte mit dem Fuß auf den Bürgersteig.
Dann sah er Jon wieder an. »Eine Stunde, okay? Nicht länger.«
Im Krankenhaus Stepping Hill sah sich ein grauhaariger Pförtner Jons Dienstausweis an und klopfte sich dann auf seinen Kittel. »Zwanzig Jahre bei der Bahnpolizei.«
»Wirklich?«, sagte Jon. »Wann haben Sie den Dienst quittiert?«
»Vor zwölf Jahren. Ärger mit der Pumpe. Aber ich bin auch froh, dass ich raus bin, wenn ich so lese, in welche Richtung es heutzutage bei euch läuft. Man darf diese Halbstarken ja gar nicht mehr anlangen, ohne gerichtliche Schritte fürchten zu müssen, stimmt doch, oder?«
»Es gibt Mittel und Wege.« Jon zwinkerte dem Exkollegen verschwörerisch zu und bekam ein wissendes Lächeln zurück.
»Wie ist dieses Pfefferspray? Klatschen die dann hin wie die Fliegen?«
»Ich persönlich habe es nie benutzt, aber die Uniformierten sind ziemlich begeistert.«
»Ich hätte zu meiner Zeit auch nichts gegen eine Dose davon gehabt. Also, wen sucht ihr denn?«
»Pete Gray. Ist er da?«
»Hat heute seinen freien Tag.« Der Pförtner stellte ein paar Kartons mit medizinischem Material auf einen kleinen Wagen.
»Könnten wir Ihnen stattdessen ein paar Fragen stellen?«, erkundigte sich Jon.
»Aber sicher, wenn es euch nichts ausmacht, während des Gehens zu reden. Ich muss das Zeug hier auf die Chirurgie bringen. Ein seltener Ausflug für mich.«
»Tatsächlich?« Jon lief neben dem Mann einher, Rick gleich dahinter.
»Normalerweise bringt Pete alles zu den Chirurgen. Da ist er sehr eigen.«
»Latexhandschuhe, zum Beispiel.«
»Alles. Er karrt alles da hinüber.«
»Wie das?«
»Er liebt die chirurgische Station. Sagt, er wäre Chirurg geworden, wenn er die richtige Schulbildung bekommen hätte.«
In Jons Nacken begann es zu prickeln. »Wirklich? Ich dachte, seine Richtung ist eher das Auswendiglernen von Elvis-Texten.«
Der Mann lachte. »Sie meinen diesen Karaoke-Kram? Ja, ein Weiberheld ist er schon. Also, um die Wahrheit zu sagen, ich glaube, der eigentliche Grund, dass er immer diese Station beliefert, ist, weil er auf die Sekretärinnen dort steht.«
Jon lächelte. »Also ein kleiner Schürzenjäger?«
Der Pförtner nickte. »Und wie. Ich halte ja nichts davon, mit seinem Liebesleben anzugeben. Aber ich bin ja auch schon seit vierzig Jahren verheiratet und hab keins.« Er lachte über seinen eigenen Witz. »Bei Junggesellen wie ihm ist das wahrscheinlich was anderes.«
Jon dachte an Grays Akte über Gewalttätigkeiten gegenüber seiner ersten Frau. »Dann hat er’s also nie mit Heiraten versucht?«
»Pete?
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