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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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Bingohalle aus dem Boden. Ich habe gehört, dass die auch schon wieder ums Überleben kämpfen. Das Printworks in der Stadt macht ihnen anscheinend jede Menge Besucher abspenstig. Wenn das Showcase eingeht, wird das Ganze hier wahrscheinlich wieder Ödland.« Jon dachte daran, wie Verfall und Erneuerung regelmäßig über die Stadt hinwegspülten, wie die Gezeiten über einen Strand.
    Endlich konnten sie in die Mount Road einbiegen, und ein paar Minuten später parkten sie vor dem Wohnungsamt Belle Vue. Auf dem Parkplatz drängten sich Angestellte des Amts und starrten zwischen den Metallstangen des Zauns hindurch. Der Nebel hatte sich verflüchtigt, und auf der verwahrlosten Grünfläche hatten mehrere Polizisten in Uniform alle Hände voll zu tun, einen kleinen Auflauf von Anwohnern im Zaum zu halten. Jon und Rick zückten ihre Dienstausweise und schickten sich an, den Rasen zu betreten.
    »Ist jemand umgebracht worden?«, fragte ein Stadtangestellter in einem abgewetzten grauen Anzug durch den Zaun. Der gierige Klang seiner Stimme reizte Jon. »Sieht jedenfalls aus wie eine Leiche.«
    Jon blieb stehen und sah den Mann genauer an, seine blasse Haut und die Fischaugen. »Genau wie Sie.« Dann ging er weiter, das entsetzte Japsen hinter sich lassend. Ohne sich ihm zuzuwenden, murmelte Rick: »Nehmen Sie bloß kein Blatt vor den Mund.«
    Er lächelte, um zu zeigen, dass seine Bemerkung sarkastisch gemeint war, doch Jons Miene blieb aufgebracht.
    »Wenn ich eines hasse, dann sind das Menschen, die sich an so was aufgeilen.«
    Als sie zum Sammelpunkt im äußeren Ring der Absperrung kamen, bemerkte Jon einen jungen Mann, der sich gerade um den richtigen Ausschnitt des Tatorts im Sucher seines Kamerahandys bemühte. »Wenn ich es klicken höre, beschlagnahme ich Ihr Mobiltelefon als Beweisstück.«
    Der Mann senkte das Handy. Er blickte unschlüssig drein. Ein uniformierter Polizist kam zu ihnen und notierte sich ihre Namen. Jon deutet mit einem Kopfnicken auf den Mann mit dem Mobiltelefon. »Lassen Sie sich seinen Namen und seine Adresse geben.« Dann fügte er lauter hinzu: »Der Täter kommt nämlich oft an den Ort des Verbrechens zurück.« Der Mann sah aus, als wünsche er, er wäre zu Hause geblieben.
    Jon und Rick gingen weiter zur inneren Absperrung. Der Pathologe und der Kriminaltechniker waren noch nicht eingetroffen, deshalb betrat niemand den inneren Kreis. Darin lag die Leiche. Wie die ersten beiden Opfer war sie nackt bis auf die Unterhose. Im Unterschied zu den ersten beiden Opfern hatte sie kein Gesicht mehr.
    Jon spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte. Scheiße, hier ist wirklich ein elendes Schwein am Werk.
    Rick sah als Erster weg. »Das ist grotesk. Wie ein Stück aus dieser Ausstellung.«
    Jon sah ihn an. »Welche Ausstellung?«
    Rick schaute in den Himmel. »Wie heißt er noch mal? Von Hagens, genau. Er zieht Leichen die Haut ab, präpariert sie und stellt sie dann in den verschiedensten Posen zur Schau. Die Ausstellung war in London zu sehen, das ist noch gar nicht so lange her.«
    Sie wandten sich wieder der Toten zu und betrachteten sie eine Weile, bis Rick sagte: »Sie sieht mir zu jung aus, um schon so viele Zähne verloren zu haben.«
    Jon nickte. Es war zwar die glatte, geschmeidige Haut einer jungen Frau, die an den Extremitäten der Leiche verblieben war, doch die Hälfte ihrer Zähne fehlte. Den Blick auf die Tote geheftet, ging Jon das Absperrband entlang. Mit jedem Schritt verstärkte sich sein Gefühl, dass er es hier mit einer Art Zurschaustellung zu tun hatte. »Sie sollten dem nachgehen.«
    Rick sah ihn fragend an.
    »Dieser Von-Hagens-Geschichte. Es ist mir schon aufgefallen, als ich die Leiche von Carol Miller sah – warum riskiert der Mörder es, sie mitten in einem öffentlichen Park abzulegen? Er will damit etwas zum Ausdruck bringen. Ich dachte, es wäre eine Warnung, aber vielleicht ist es eine Zurschaustellung.«
    Er sah sich um. Auch hier war die unbebaute Fläche von Häusern umstanden: Auf einer Seite Reihenhäuser aus dem sozialen Wohnungsbau, auf der anderen Anwesen, die teurer aussahen und mit größeren Gärten versehen waren. Mehrere besorgte Anwohner standen hinter ihren Zäunen und tauschten Bemerkungen aus. Über den Dächern sah er gerade noch den obersten Teil der Flutlichtscheinwerfer, die die Windhundrennbahn umgaben.
    Überragt wurde die Szenerie von einem einsamen Telefonmast, dessen Abschluss hässliche graue Metallplatten bildeten. »Wenn da oben nur

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