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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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matschige Stelle am Fuß der Rampe und sagte: »Sieht aus, als wäre hier jemand dagegengerannt.«
    Jon schaute zurück zu dem Zelt, das die Leiche vor neugierigen Blicken schützte. Mit einem Finger zog er in der Luft eine Linie von dort bis zur Straße. Die Rampe stand genau im Weg.
    »Was denken Sie?«, fragte Rick.
    »Unser Mann lädt die Leiche ab und geht zurück zu seinem Fahrzeug. Aber leider ist es dunkel. Er rennt voll in diese Rampe rein, stolpert und lässt den Handschuh fallen.«
    Nikki nickte aufgeregt. »Geht nicht näher ran. Hier ist noch ein Fußabdruck. Wir müssen die Stelle hier auch absperren.« Sie drehte sich um zum Fundort der Leiche.
    »Nikki!« Er erwischte ihre Hand. »Wenn McCloughlin fragt, dann war’s Rick, der den Handschuh gefunden hat.«
    »Kommt nicht in Frage«, protestierte Rick. »Den haben Sie gefunden.«
    Jon wandte seinen Blick nicht von Nikki ab. »Hast du gehört, was ich gesagt habe?«
    »Wie du willst«, antwortete Nikki mit gerunzelter Stirn, löste ihre Finger aus seinem Griff und ging eilig weg. Im Wagen setzte Jon zu einer Kehre an, überlegte es sich dann aber anders. »Gehen wir einen Kaffee trinken. Wenn wir jetzt ins Büro zurückfahren, dann fallen alle über uns her und fragen uns Löcher in den Bauch. Aber ich werde den Teufel tun und McCloughlin den Wind aus den Segeln nehmen.«
    »Warum hat er Sie eigentlich auf dem Kieker?«, fragte Rick.
    Jon fuhr sich mit der Hand übers Knie und fragte sich, wie viel Rick wusste. »Das ist Geschichte. Ich hatte mal ein bisschen Glück.«
    »Mit dem Kaugummimörder?«
    Jon sah aus dem Seitenfenster und nickte.
    »Das war letzten Sommer das Lieblingsthema im Präsidium.«
    »Na, sehen Sie. Sie wissen es auch schon.«
    »Ja, aber es war doch immer noch McCloughlins Fall. Er war der Ermittlungsleiter, und als alles vorüber war, hat er die Fernseh- und Zeitungsinterviews gegeben.«
    »Sein Fall, aber mein Kragen. Sie wissen ja, wie das ist«, meinte Jon vorsichtig.
    »Und warum haben Sie der Kriminaltechnikerin gesagt, sie soll sagen, dass ich den Handschuh gefunden habe?«
    »Wir hätten schon mal nicht vor ihm da sein dürfen. Und was mir gerade noch gefehlt hat, ist, etwas zu finden, das sich als entscheidendes Beweisstück entpuppen könnte.«
    »Und deshalb wollten Sie, dass sie McCloughlin sagt, ich hätte ihn gefunden?«
    »Ja«, erwiderte Jon, und es ärgerte ihn, dass Saville jetzt etwas gegen ihn in der Hand hatte.
    Im Café schüttete Jon einen Beutel weißen Zucker in seinen schwarzen Kaffee. Rick kippte vorsichtig die Hälfte eines Tütchens braunen Zucker in seinen Caffè Latte und griff nach dem Töpfchen mit Schokoladenpulver, um den Schaum auf dem Kaffee zu bestreuen. Als er sah, dass Jon ihn beobachtete, überlegte er es sich plötzlich anders.
    »Wie dem auch sei«, sagte Rick und setzte sich. »Zurück in die Gegenwart. Erstes Opfer.«
    Jon nahm ihm gegenüber Platz. »Angela Rowlands.«
    Rick beugte sich vor. »Zweiundvierzig Jahre alt. Seit knapp zwei Jahren geschieden. Bekam die Vier-Zimmer-Doppelhaushälfte in Droylesden als Teil der Abfindung. Arbeitete Teilzeit als Rechtsanwaltssekretärin in einer Kanzlei in der Nähe von Deansgate.«
    Jon nickte. »Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht.«
    »Das sind ja nur die dürren Fakten. Ich hoffe, Sie haben Interessanteres zu berichten.«
    Jon trank einen Schluck von seinem Kaffee und verzog das Gesicht vor Genuss, als er dessen bittersüßen Geschmack im Mund spürte. »Ihre Tochter Lucy lebt in der Nähe von Castlefield und verdient recht gut mit Webseiten-Design. Lucy hat uns erzählt, dass ihre Mutter seit der Scheidung sehr einsam war. Und gekränkt. Ihr Mann hat sie wegen eines, um Lucys Worte zu gebrauchen, ›jüngeren Models‹ sitzen lassen. Rowlands Lebenssituation stellte sich folgendermaßen dar: Anfang vierzig, zwanzig Jahre verheiratet. Ihr Leben verlief in gewohnten Bahnen. Alles war sicher und behaglich, aber wie leer gefegt von alleinstehenden Männern. Lucy hat sie immer wieder ermuntert auszugehen und zuzusehen, dass sie jemanden kennenlernt, aber anscheinend war das eine Horrorvorstellung für sie.«
    »Kann man ihr nicht verdenken.« Rick lehnte sich zurück. »Zurück aufs Feld, nachdem man so lange auf der Ersatzbank gesessen hat?« Er schüttelte den Kopf.
    »Genau. Eines Abends hat Lucy sie wohl zu einem Single-Abend in einer Bar in der Stadt mitgeschleppt. Lucy fand großen Anklang, aber ihrer Mutter schenkte niemand einen zweiten

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