Totenhaut
wenn er ins Hotel geht.«
»Geht er in ein bestimmtes?«
»Ja. Letzten Sommer wurde für die Commonwealth-Spiele ein Novotel gebaut. Da geht er jetzt üblicherweise hin.«
»Aha. Mrs. Dean, das klingt jetzt vielleicht albern, aber haben Sie im Kleiderschrank Ihres Mannes nachgesehen?«
»Warum?« Abwehr in der Stimme.
»Ob irgendwelche Kleidungsstücke fehlen.«
»Ja, ich habe nachgesehen«, antwortete sie mit einem steifen Kopfnicken. »Die Kleiderbügel klirren nicht.«
Jon fragte sich, was sie ihm verschwieg. »Und Sie haben es auch auf seinem Handy probiert?«
»Ja. Es läutet so lange, bis der Anrufbeantworter rangeht.«
Jon dachte an die präzisen Schnitte, die angebracht wurden, um das Gesicht des dritten Opfers zu eliminieren, und beugte sich vor. »Mrs. Dean, wie kam Ihr Mann dazu, für eine Firma zu arbeiten, die im medizinischen Bereich tätig ist? Hat er selbst medizinische Interessen?«
»Tut mir leid, ich verstehe Sie nicht ganz.«
»Hat er Medizin studiert oder Pläne, einen medizinischen Beruf auszuüben?«
»Aber nein. Er hat davor für einen Papierhändler gearbeitet und davor für einen Hersteller von Frankiermaschinen. Gordon sagt, letzten Endes geht es doch immer nur ums Verkaufen.«
Jon blickte sich um. »Hat Ihr Mann ein Büro hier?«
Sie zeigte durch den Türbogen in das angrenzende Esszimmer. »Er schließt den Laptop da an.«
Jon sah hinüber. Auf dem Tisch am anderen Ende des Zimmers stand ein kleiner Drucker. Auf einem Regal daneben befanden sich zwei Aktenboxen. »Dürfen wir?«
Mrs. Dean nickte.
Jon ging hinüber, und sie folgte ihm. Da fragte er: »Wäre es wohl sehr unverschämt, Sie um eine Tasse Tee zu bitten?«
»Nein, natürlich nicht. Ich bitte um Verzeihung. Ich hätte Ihnen gleich welchen anbieten sollen.«
Kaum hatte sie das Zimmer verlassen, nahmen Jon und Rick sich jeweils eine Box vor. Sie stellten sie auf den Esstisch, setzten sich, nahmen den Deckel ab und gingen sie rasch durch. In Jons Box befanden sich Plastikhefter mit Angaben über Gordon Deans Kunden. Ricks Box diente der Aufbewahrung von Quittungen und Broschüren über Protex-Produkte. Beide Männer waren so in ihre Aufgabe vertieft, dass sie Mrs. Dean nicht zurückkommen hörten.
»Suchen Sie etwas Bestimmtes?« Sie stand neben dem Couchtisch, ein Tablett mit Teekanne, Milchkännchen und drei Tassen in der Hand.
Jon schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Wir versuchen nur, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sein typischer Arbeitsablauf aussieht.«
Sie stellte das Tablett ab und kam zu ihnen. Rick ging gerade die Quittungen für den laufenden Monat durch.
Mrs. Dean sah ihm zu und massierte sich dabei den Daumen der einen Hand mit den Fingern der anderen. Jon wartete, dass sie endlich mit dem herausrückte, was sie schon die ganze Zeit sagen wollte.
Schließlich sagte sie: »Ich habe in seinen Anzügen nachgesehen. Da habe ich ein paar Auszüge gefunden.«
Jon reckte sein Kinn hoch. »Was für Auszüge?«
»Von einer Kreditkarte. Die Rechnungen gehen direkt ans Büro, aber sie sind nicht von seiner Geschäftskarte. Es sind Auszüge aus den letzten beiden Monaten.«
»Haben Sie sie noch?«
Sie ließ ihre Arme fallen. »Normalerweise würde ich nie seine Taschen durchsuchen …«
Jon stand auf. »Ich verstehe vollkommen, Mrs. Dean, aber das hier sind besondere Umstände.«
Sie nickte zustimmend. »Sie sind hier.« Sie zog die Schublade unter dem Esstisch auf. Doch anstatt die Auszüge herauszuholen, ging sie zurück ins Wohnzimmer. »Nehmen Sie Milch und Zucker?«
»Ein Stück, bitte.« Jon hatte nur Augen für die Blätter, während Rick zu Mrs. Dean schaute und höflich den Kopf schüttelte. Jon legte die Auszüge auf den Tisch und setzte sich wieder. Dean hatte offenbar ganz schön zugeschlagen. »Piccolino. Das ist der neue Italiener in der Nähe vom Rathaus«, murmelte er.
»Sechsundzwanzig Pfund. Wahrscheinlich ein Essen für eine Person«, flüsterte Rick zurück.
»Via Venice, Stock, Don Antonio. Er mag’s gern italienisch.« Jon zeigte auf eine Position auf der Liste. »Ist das ein Restaurant?«
»Sie haben noch nie vom Crimson gehört?« Ricks Stimme war fast nicht zu hören.
Jon vergewisserte sich, dass Mrs. Dean noch immer außer Hörweite war und flüsterte: »Nein. Aber er war letzten Monat dreimal da. Was ist das?«
»Es ist im Gay Village, in einer Seitenstraße hinter der Canal Street. Weinbar oben, Varieté und Tanzfläche unten. Sehr in.«
»Bei
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