Totenhaut
wie die, die Sie sich im Taurus angesehen haben.«
Jon spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. »Aber der Eintritt allein kostet schon zehn Pfund. Das ist mehr als jede Packung Kondome.«
»Nein, Eintritt zahlt man nur für den Unteren Bereich, wo das Kabarett und sonstige Veranstaltungen stattfinden. Wenn man nur oben was trinken will, ist der Eintritt frei.«
»Ich kann mir einfach keinen Reim drauf machen, warum Gordon Dean von einem dieser Lokale zum nächsten gondelte. Ist er schwul? Ist er einsam? Was ist mit ihm?«
»Man muss nicht schwul sein, um im Gay Village was trinken zu gehen. Eine Menge Leute kommen her, weil es hier keine Schlägereien gibt. Eine Menge Frauen kommen, weil sie wissen, dass sie hier nicht die ganze Zeit angebaggert werden.«
Jon stand da, die Hände in den Taschen, den Blick auf seine Füße gerichtet. »Erinnern Sie sich vielleicht, ob Sie Gordon Dean mal hier gesehen haben? Sieht ja so aus, als sei er so was wie ein Stammgast hier in der Gegend.«
Rick warf ihm einen raschen Blick zu. »Nein. Ich habe auch schon daran gedacht, aber ich glaube nicht, dass ich ihm jemals begegnet bin. Und wenn, hätte ich bestimmt nicht damit hinterm Berg gehalten.«
Jon blickte kurz zurück. »Ich hätte es Ihnen nicht übel genommen, wenn Sie nichts gesagt hätten. Das zuzugeben hätte dem Getratsche in der Zentrale Tür und Tor geöffnet.«
Rick erwiderte nichts.
Jon blickte unverwandt die Straße hinunter. »Okay. Nehmen wir einmal an, Dean hat das Betty-Boop-Mädchen umgebracht, glauben Sie wirklich, dass er hier Angela Rowlands und Carol Miller aufgegabelt hat? Können Sie sich vorstellen, dass die beiden in so eine Gegend gegangen wären?«
Rick schniefte. »Nicht sehr wahrscheinlich.«
»Was macht er also da, mutterseelenallein mit seinen Drinks?«
»Keine Ahnung. Aber eines ist sicher: Wir müssen wieder herkommen, wenn dieser Laden auf hat.«
»Weil?«
»Ist mir gerade eben aufgefallen: Der Eintritt, den Dean gezahlt hat – der war für zwei Personen, nicht nur eine.«
»Dann hat vielleicht an diesem Abend doch jemand angebissen?«
»Vielleicht«, meinte Rick und sah auf die Uhr. »Viertel vor zehn. Trinken wir noch was?«
»Unter einer Bedingung«, antwortete Jon.
Rick zog eine Augenbraue hoch.
»Ich darf aussuchen, wo.«
Jon marschierte ans obere Ende der Straße. Sie kamen an der etwas besser beleuchteten Minshull Street heraus, wo Frauen im Schatten der Bäume am Rand eines leeren Parkplatzes herumlungerten.
»Wo gehen wir hin?«, fragte Rick, der Mühe hatte, mit Jon Schritt zu halten.
Jon überquerte die Straße und steuerte wieder auf den Bahnhof Piccadilly zu. »In ein richtiges Pub.«
Ein paar Minuten später standen sie im Bull’s Head, wo die Lautstärke einige Dezibel niedriger und die Atmosphäre intimer war.
Jon lauschte einen Augenblick auf die leise Musik, die aus den Boxen drang, und nickte anerkennend. Police and Thieves aus der Originalversion des Black-Market-Clash-Albums.
»Was darf’s denn sein?«, fragte er.
Rick musterte den Kamin und die ledergepolsterten Sitze.
»Dasselbe noch mal. Danke.«
Sie setzten sich an einen Ecktisch. Jon lehnte sich zurück, schloss die Augen und streckte die Beine aus. »Was für eine Erleichterung.«
Rick zog sein Sakko aus, hängte es über die Stuhllehne und sah ihn belustigt an. »Haben Sie auch Ihr Pfeifchen und Ihre Pantoffeln hinter der Bar deponiert?«
Jon öffnete ein Auge. »Schön wär’s.«
Rick gluckste. »Ist Ihnen die Lederjacke eigentlich am Rücken festgewachsen oder was ist damit?«
Jetzt ging auch Jons zweites Auge auf. »Das hab ich meiner Freundin zu verdanken, dass ich die jetzt den ganzen Abend anlassen muss.«
»Wie das?«
»Als ich ihr sagte, dass wir auf dem Weg in die Canal Street sind, hat sie mir dazu geraten.« Er hielt die Jacke auf.
Rick sah nicht eine einzige Falte in Jons T-Shirt. Er lachte und fragte: »Ist es auch ärmellos?«
»So gut wie.« Er deutete auf seinen Oberarm. »Sie reichen bis –« Er verstummte, als er merkte, dass Rick ihn auf den Arm nahm. »Ja, ja, der war gut. Sie sollten Alice kennenlernen. Ihr würdet euch gut verstehen.«
Rick sah sich noch einmal im Pub um. »Eine bizarre Vorstellung, dass dieses Lokal nur eine Minute von der Canal Street entfernt ist. Ich wusste nicht, dass es existiert, obwohl ich sicher zigmal daran vorbeigekommen bin. Ich wohne gleich hier um die Ecke.«
Jon setzte sich auf und tat einen tiefen Zug aus seinem
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