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Totenheer (German Edition)

Totenheer (German Edition)

Titel: Totenheer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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wieder umdrehte, hielt sie Larkyen das Wolfszepter entgegen. Wenngleich es auch aus Ebenholz war, hatte das Feuer es völlig unversehrt gelassen. Die eingeschnit z ten Runen glühten rot in der Du n kelheit.
    „Sieh dir die Inschrift gut an, Larkyen, es sind die Runen des Lebens und des Todes. Lange Zeit hütete Tarynaar das Zepter selbst, doch fühlte er, dass sich Umstände ankündigten, unter denen es besser war, es bei mir zu lassen. Es ist noch nicht lange in meinem Besitz. Manchmal lässt mich mein Zei t gefühl im Stich, doch es muss gew e sen sein, während sich das Jahr des Falken seinem Ende zuneigte. Das Zepter lag vor dem Eingang meiner Höhle, und ich wurde zu seiner Hüterin. Wul f gar hat immer gewusst, wo es sich befindet, ebenso wie ich manche Dinge einfach weiß.“
    Larkyen nahm das Zepter an sich, es fühlte sich kalt in se i nen Hä n den an, das Glühen der Runen erlosch.
    „Du nimmst eine Bürde von meinen Schultern, eine große Bürde.“ Ihre Stimme verwandelte sich in ein Seufzen der E r leichterung.
    „Ich muss nun wieder aufbrechen“, sagte Larkyen. „Doch gestatte mir zum Abschied noch eine Frage. Weißt du etwas über eine Frau, die damals während des Krieges ein Kind der dritten schwarzen So n ne zur Welt brachte?“
    „Ich hörte Tarynaar einmal davon sprechen, kurz bevor er den Westen verließ. Es war ihm sehr wichtig, dieser Familie zu begegnen. Der Vater und die Mutter waren kentarische Flüch t linge, doch ihre Namen habe ich nie erfahren.“ 
    Die Hexe betrachtete nur kurz das schwarze Mal auf Lark y ens linkem Handrücken und der darauf folgende Ausdruck in ihrem Gesicht verriet, dass sie den Grund für Larkyens Frage bereits wusste.
    „Lebe wohl, Larkyen. Mögest du unsterblich bleiben und die Zeita l ter der Welt überdauern.“
    „Ich danke dir für dein Vertrauen, alte Frau.“
    „Und der ganze weite Westen wird dir danken können, wenn du dein Werk vollbracht hast.“
    Nach diesen Worten trat die Hexe wieder zurück in die Schatten der Höhle, wo sie von Spinnen jedweder Größe u m ringt wurde. Die Spinnen berührten sie mit ihren mehrgliedr i gen Beinen, was beinahe einem zärtlichen Streicheln glich. Lan g sam sank die alte Frau zu Boden. Die Spinnen zischten ihr La u te in einer Sprache zu, die nur sie zu verstehen schien und sie lächeln ließen. Die Spinnwarzen Dutzender von Hinterle i ber sandten der Hexe hauchdünne Fäden zu und hüllten sie in ein durchsichtiges Kleid aus grauweißer Seide. Ihre Augen schlossen sich in einem Ausdruck von Zufriedenheit, als sie in ein Reich der Träume entglitt, so wie es allen Sterblichen im Schlaf widerfährt.
     
    Wothar saß nahe einem Feuer, er schlotterte trotz der Wärme und zog seine Felle enger über die Schultern. Er aß Trocke n fleisch aus einem Proviantbeutel. Sein Gesicht erschien älter als zu Beginn ihrer gemeinsamen Reise. Offenbar hatte ihn die Reise mehr erschöpft als er selbst imstande war, zuzugeben.
    „Hast du das Zepter bekommen?“ fragte er den Unsterbl i chen erwa r tungsvoll.
    Larkyen nickte. Er zeigte Wothar das Wolfszepter.
    „Und starb die Hexe durch deine Hand?“
    „Sie lebt. Es war nicht notwendig sie zu töten.“
    „Mein König wird darüber enttäuscht sein.“
    „Wenn du ihren Tod willst, dann sei mutig genug, den Wald zu b e treten und den Hexenberg zu finden.“
    „Wir haben das Zepter, das muss genügen.“
    „Ich habe das Zepter, ich allein! Wir reiten sofort zurück nach Kaythan.“
    „Du gönnst mir keinerlei Pause“, murrte Wothar.
    „Sei froh, dass ich nicht kurzen Prozess mit dir mache. Du warst so hilfsbereit, mir den Weg hierher zu weisen, doch da ich nun auch a l leine nach Kentar zurückfinde, beginne ich mich zu fragen, warum ich dich noch länger am Leben lassen soll. Wozu sollst du mir noch nützlich sein?“
    „Was wird mein König dazu sagen, wenn du ohne mich z u rückkehrst? Glaubst du wirklich, er wird deine Gefährtin dann frei la s sen?“
    „Wie ich Wulfgar einschätze, wird ihm alles gleich sein.“
    „Du misstraust dem König, doch auf sein Wort ist Verlass. Er ve r sprach dir die Freilassung von Patryous, und er wird sein Wort auch halten. Auch er glaubt an Werte und Ideale. Er hätte mich töten kö n nen, tat es jedoch nicht, denn ich bin derjenige, der die Werwölfe Kentars befehligte. Ich errang Siege für mein Land, wie sonst keiner vor mir.“
    Mit einem weiteren Ausdruck von Argwohn sah der Sterbl i che Larkyen an und fragte: „Was wirst

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