Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
Vom Netzwerk:
drückte und sagte: »Lächle oder ich puste dir das Licht aus«, könnte er trotz Zwang gelächelt haben.
    »Puh.« Auf dieser Grundlage konnte er keine Entscheidung treffen. Er brauchte mehr Informationen.
    Eines ging klar aus den Interviews hervor, die die Virginia-Cops geführt hatten: Bowes Rede vor den Jurastudenten war bösartig gewesen, und mehr als ein Zeuge sagte, er hätte emotional überreizt gewirkt. Er war so wütend gewesen, dass er manchmal offenbar nach den richtigen Worten suchen musste und gelegentlich Wörter benutzt hatte, die einfach nicht in den Satz passten.
    Wieder glaubte ein Zeuge, dass er möglicherweise betrunken war.
     
    Jake sah auf seine Uhr und legte die Papiere zusammen. Dann rief er die Büroangestellte und bat sie, ihm von allem Kopien an seine sichere E-Mail-Adresse zu schicken und die Unterlagen in Novatnys Büro zu bringen.
    Zeit für seinen Besuch bei Arlo Goodman.
    Jake nahm sich ein Taxi nach Hause und machte sich ein Sandwich mit Erdnussbutter und Marmelade. Danach fuhr er mit seinem eigenen Wagen, einem zwei Jahre alten Mercedes E-Klasse, Richtung Süden. Von Washington nach Richmond brauchte man je nach Verkehrslage etwa zwei Stunden und fuhr durch die am schlimmsten geschundene Gegend Amerikas, vorbei an einigen der blutigsten Schlachtfelder des Bürgerkriegs.
    Jake war sie an den Jahrestagen der Schlachten alle abgelaufen und zu dem Schluss gekommen, dass die Soldaten im
Bürgerkrieg knallharte Burschen gewesen sein mussten. Wie Arlo Goodman.
     
    Vor vier Jahren war Goodman der populärste Staatsanwalt in Norfolk gewesen, ein Golfkriegsveteran und politisch unzufrieden.
    Seine politische Unzufriedenheit erstreckte sich auf verschiedene Bereiche, und in einem konnte er etwas unternehmen. Norfolk war Zentrum einer ganzen Reihe von Militärstützpunkten. Da er einen Terroranschlag für durchaus möglich hielt, stellte er ein Team von fünf Ermittlern zusammen, dem auch sein Bruder angehörte, ein ehemaliger Soldat einer Spezialeinheit. Das Team hatte im Hafenbereich ein nachrichtendienstliches Netz aufgebaut und es auf einige unabhängige Städte ausgedehnt. Später rekrutierten sie freiwillige Wachmänner, lauter Veteranen.
    Und es passierte tatsächlich etwas.
    Eine Gruppe USA-kritischer saudischer Studenten plante einen Angriff, obwohl nie festgestellt wurde, was sie genau vorhatten. Einer der Wachmänner hörte davon und redete mit den Ermittlern. In der Wohnung eines der Saudis wurden Wanzen installiert, und Goodman erhielt Bänder, auf denen sich fünf Studenten über mögliche Waffen und Ziele unterhielten, unter anderem über Atom-U-Boote. Die Ermittler verfolgten, wie sie Karten kauften und Fotos machten.
    Irgendwann gingen drei der Studenten in einen öffentlichen Park und warfen den ganzen Nachmittag lang Molotowcocktails – eine Mischung aus Benzin und Öl in Weinflaschen – in eine Schlucht, um festzustellen, was passieren würde. Die Ermittler filmten die Explosionen. Sie hatten das Motiv, die Planung und nun auch die Mittel. Die Saudis wurden während einer spektakulären Razzia in ihrer Wohnung verhaftet, und eine Verurteilung war unausweichlich.

    Am nächsten Tag kündigte Goodman die Bildung einer Veteranengruppe mit dem Namen Watchmen an, die auf den Stra ßen von Norfolk Wache halten sollte, um Straßenkriminalität, Prostitution und Drogen unter Kontrolle zu bekommen. Au ßerdem sollten sie nach »verdächtigen Aktivitäten« Ausschau halten.
    Als populärer Strafverfolger hatte er bereits eine gute Basis. Als das Watchmen-Konzept auch von anderen Bezirken übernommen wurde, wuchs sein Einfluss.
    Obwohl er rein formal Demokrat war, gab er zu, dass er sowohl für die Republikanische als auch für die Demokratische Partei wenig übrig hatte. Als die Demokraten beschlossen, einen liberalen Kandidaten für das Amt des Gouverneurs zu unterstützen, bestritt er den Wahlkampf um die Nominierung als Außenseiter.
    Laut eigener Aussage war er gesellschaftlich konservativ – ihm war angeblich noch nie ein Gebot untergekommen, das ihm nicht gefiel -, aber wirtschaftlich liberal. Er wollte mehr Unterstützung für ältere Menschen und für Veteranen und einen höheren Mindestlohn für Berufsanfänger. Er forderte eine staatliche Einkommenssteuer für die Besserverdienenden und progressive Zulassungsgebühren für Autos, die ab einem Kaufpreis von vierzigtausend Dollar drastisch ansteigen sollten.
    Er erhielt fünfundvierzig Prozent der demokratischen Stimmen

Weitere Kostenlose Bücher