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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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zurück ins Wohnzimmer gingen. »Aber was heißt das?«
    »Jake regelt Dinge, bringt sie in Ordnung«, erklärte Black. »Wenn es ein wirklich verkorkstes Problem gibt, das niemand regeln kann und das geregelt werden muss , dann regelt Jake es. Er macht Listen von Leuten, die gefeuert werden müssen, und von Leuten, die befördert werden müssen. Er hat seine Ohren überall innerhalb der Bürokratie … er jagt diesen Leuten eine teuflische Angst ein. Und das muss auch so sein, wenn wir Linc finden wollen.«
    »Wir müssen Bürokraten Angst einjagen?«
    »Genau. Die Leute suchen zwar nach ihm und geben sich auch Mühe, schon allein wegen der ganzen Berichterstattung in den Medien, aber sie sind nicht verzweifelt bemüht, ihn zu finden. Und Jake kann Leute zur Verzweiflung treiben. Er kann ihnen das Gefühl geben, dass ihre Karriere auf dem Spiel steht, wenn sie sich nicht anstrengen – und manchmal tut sie das auch.«
    »Hmm.« Sie setzte sich wieder auf die Couch. »Ist wahrscheinlich besser als gar nichts.«
    »Er war übrigens mit Nikki Lange verheiratet.«
    Ihre Augenbrauen schossen in die Höhe. »Das soll doch wohl ein Scherz sein. Das ist der Typ?«
    »Das ist der Typ. Konnte natürlich nicht gutgehen. Nikki ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt.«

    »Und mit ihrem Geld«, sagte Madison. »Bekommt er wenigstens eine Unterhaltszahlung?«
    »Nein. Er hat der Richterin erklärt, er bitte nur um sein Leben. Die Richterin ist fast umgefallen vor Lachen – sie kannte Nikki ebenfalls. Außerdem geht es Jake finanziell ganz gut. Er hat eine Farm in Montana geerbt und für viel Geld an einen Filmstar verkauft.«
    »Vielleicht reitet er ja«, sagte sie.
    »Das tut er ganz bestimmt.« Black lächelte. »Ich hab euch beobachtet, wie ihr miteinander geredet habt – irgendwie hat’s da gefunkt .«
    Sie streckte ihm die Zunge raus, dann sagte sie: »Er ist nicht ganz unattraktiv.«
    Black schnaubte. »Überstürz bloß nichts. Jake ist für die meisten Leute ein bisschen heavy. Soweit ich gehört habe, hat er sich Nikki gegenüber ganz gut behauptet.«
    »Springt er tatsächlich aus Flugzeugen?«
    »Jake war jahrelang in Afghanistan. Er hat Menschen getötet – das war sein Job. Du kannst ruhig mit ihm spielen, aber ich würde ihm nicht auf den Schlips treten.«
    »Mmm«, brummte sie. »Vielleicht kann er ja was erreichen. Vielleicht brauchen wir tatsächlich jemanden, der bereit ist, aus einem Flugzeug zu springen.«
     
    Aus einem Flugzeug springen.
    In dieser Nacht träumte Jake davon, wie er aus Flugzeugen sprang; dazwischen immer wieder das Gesicht und die Figur von Madison Bowe, aber meistens ging es ums Springen. Wenn andere Fallschirmspringer von ihrem besten Moment redeten, war das, wenn der Schirm aufsprang, das Fliegen … doch für Jake war es immer der Augenblick gewesen, wenn er auf den Wind traf, in die Luftströmung eintauchte, der leichte Schlag und das Kitzeln, der Augenblick der Hingabe.

    Afghanistan hatte ihm gefallen, die Kämpfe, die Kameradschaft, die Landschaft, die Afghanen. In Washingtoner Exmilitärkreisen war es angesagt, mannhaft, aber widerwillig zuzugeben, dass man dort war, dass es hart gewesen war, doch man durfte es nicht genossen haben, kein Hochgefühl beim Kampf empfunden haben.
    Doch er hatte das. Er hatte die nächtlichen Fahrten genossen, die Angriffe und Überfälle. Auch gelegentliche Schmerzen hatten ihm nicht allzu viel ausgemacht, bis es ihn dann richtig heftig erwischte. Selbst da hatte ihn der Schmerz nicht gestört, aber er verabscheute die Behinderung, die damit verbunden war.
    Im Traum war er jedoch nicht behindert. Er träumte von der Flugzeugtür, vom Helikopterseil, dem nächtlichen Anpirschen durch felsige Schluchten …
    Er wachte nicht lächelnd auf, aber er wachte auch nicht unglücklich auf.
     
    Am Morgen stand er nach seinen üblichen viereinhalb Stunden Schlaf auf, wusch sich, ging ins Erdgeschoss und aß Toast mit Eiern. Dann las er eine Stunde lang Online-Zeitungen, um sich auf den neuesten Stand zu bringen. Als er damit fertig war, wechselte er ins Netz der Regierung und stellte ausführliche Recherchen über Lincoln Bowe und Arlo Goodman an. Um halb acht hatte er ihre Lebensläufe fertig. Er rief beim FBI an und bestellte sich anschließend ein Taxi.
    Heute wird es bestimmt warm, dachte er, als er die Tür abschloss. Irgendwann in der Nacht musste es geregnet haben, denn die Gärten und Bürgersteige waren noch nass, doch nun klarte der Himmel auf,

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