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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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Hemdsärmel hochgekrempelt. Er streckte den Kopf durch seine Bürotür, was Danzig bei einem Untergebenen nie gemacht hätte, und sagte: »Jake, kommen Sie rein. Möchten Sie Kaffee oder Wasser?«
    »Ein Kaffee wäre schön«, erwiderte Jake. Sie schüttelten sich wie bei Arlo Goodman üblich die Linke – Goodman hatte in Syrien eine Kugel in die rechte Hand bekommen, die ihm die Knochen zertrümmert und nur noch ein Knäuel geschrumpfter Finger übrig gelassen hatte.
    »Jean, könntest du welchen holen?«, sagte er zu seiner Sekretärin.
    Sie ging hinaus, und Goines sagte: »Ich lasse euch beide jetzt allein reden.«
    Goodman führte Jake in sein Büro: »Was haben Sie gegen das Humpeln gemacht, Sie Hinkebein? Trainieren Sie es?«
    »Es ist so weit durchtrainiert, wie es nur geht«, sagte Jake. Goodman hatte über ihn recherchiert; er tat so, als merke er es nicht. »Ich mache täglich Streckübungen damit, aber es wird nicht besser. Wie geht’s Ihrer Hand?«
    Goodman verzog das Gesicht. »Genau wie Ihrem Bein. Es bringt alles nichts. Zu viele Nerven beschädigt. Ich kann einen Stift durchschieben, um zu unterschreiben. Das ist vielleicht ein Fortschritt.«
    Sie plauderten noch eine Weile über Rehabilitationsmaßnahmen, dann brachte Jean den Kaffee in schlichten schweren Keramiktassen. Als sie die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte, sagte Goodman: »Ich habe schreckliche Angst um Lincoln Bowe. Er ist zwar ein Idiot, aber ich möchte nicht, dass ihm etwas zustößt – schon allein in meinem eigenen Interesse. Um mich herum brodelt die Gerüchteküche …«

    »Weshalb sollte man denn Angst haben?«
    Goodman war jetzt todernst. »Also bitte.«
    Jake zuckte die Achseln. »Okay.«
    Goodman deutete auf einen Stuhl am Besprechungstisch und nahm selbst gegenüber Platz. »Jake, Sie haben sicher über mich recherchiert, also kennen Sie vermutlich meine Grundsatzrede. Dieses Land steht am Scheideweg. Wir sind dabei, das zu verlieren, was uns zu Amerikanern macht. Die Idee ist es, die uns zusammenhält: die Idee, die hinter der Unabhängigkeitserklärung und hinter der Verfassung steht. Doch die Leute, die das Land jetzt regieren – nicht der Präsident, er ist ein guter Mann -, der Kongress, und diese Leute, die über unsere Grenzen strömen, die Südamerikaner, die Leute aus der Karibik, die Afrikaner und die Araber, sie alle haben eines gemeinsam: Sie wollen alles aus dem Land herausholen, was sie nur kriegen können. Punktum! Die interessieren sich nicht für Redefreiheit, für Religionsfreiheit und so weiter … Nun ja, wie ich bereits sagte, Sie kennen meine Grundsatzrede.«
    »Das tue ich.« Jake wartete ab.
    »Wir sind das Gegengewicht für diese Dinge. Die Leute versuchen immer wieder, uns fertigzumachen, uns zum Schweigen zu bringen. Bowe war einer von ihnen. Und er war nicht fair dabei. Er war nicht bereit, sich offen mit einem auseinanderzusetzen. Er würde jedes Stückchen Dreck benutzen, ob real oder erfunden, um jeden zu verunglimpfen, der eine gegenteilige Meinung vertritt. Er würde alles tun … was einer der Gründe war, weshalb wir nie etwas gegen ihn unternehmen würden. Wir würden ihm niemals einen Vorwand liefern. Und jetzt das.« Goodman drehte sich um und sah aus dem Fenster zum Capitol hinüber. »Kennen Sie Madison Bowe?«
    »Ich bin ihr begegnet.«
    »Ich auch«, sagte Goodman grinsend. »Sie ist ein richtiges Schätzchen. Titten, Arsch und Grips und, was am schlimmsten
ist, professionelle Kameraerfahrung. Wussten Sie, dass sie früher Reporterin hier in Richmond war? Eine ziemlich kämpferische noch dazu.«
    »Ich hab was darüber in ihrem Lebenslauf gelesen.«
    »Und jetzt ist sie der absolute politische Albtraum, wenn man auf der falschen Seite steht«, sagte Goodman. »Wenn sie mich geheiratet hätte statt Bowe, wäre ich inzwischen Präsident.« Er lachte und drehte sich zum Schreibtisch zurück. Genug geplaudert. »Also, was will Bill Danzig? Und was machen Sie? Eine Ermittlung? Eine Befragung?«
    »Eine Suche«, schlug Jake vor. »Vom Präsidenten angeordnet. Bowes Verschwinden wird benutzt, um auf Sie einzuprügeln, und wir kriegen unser Fett mit ab. Es wird immer schlimmer. Und der Parteikonvent rückt näher.«
    »Wenn die nicht mit betroffen wären, würden Sie sich trotzdem Sorgen machen?«, fragte Goodman.
    Er scherzte, und Jake musste lachen. »Sorgen schon, aber nicht so viele«, erwiderte er.
    »Das hab ich mir gedacht. Danzig hat immer das Wesentliche im Blick«, sagte

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