Totenklage
zu sein. Mich an meinen neugewonnenen Bürgerrechten für den Planeten der normalen Menschen zu erfreuen.
Ich schließe die Schublade und verlasse das Haus. Die Tür fällt hinter mir ins Schloss. Ich stecke Penrys Schlüssel unter einen alten Terrakotta-Blumentopf im Garten.
Als ich wieder im Auto sitze, fällt mir auf, dass ich gleichzeitig schwitze und friere. Ich versuche, mich wieder an das Gefühl zu erinnern, das ich auf der Treppe zur Kopierstelle empfand. Das Gefühl, der Nachbar von Liebe und Glück zu sein. Neben den Sonnenschein-Zwillingen zu wohnen. Aber gerade sind sie wohl nicht hier. Ich stampfe auf und spüre kaum meine Füße auf dem Boden.
Dann rufe ich das Polizeirevier in Newport an. Mehr kann ich sowieso nicht tun, und ich bin sehr erleichtert, als sich jemand meldet und die Stille durchbricht.
30
Der restliche Tag ist ein einziges Chaos. Ein Chaos, das mir hilft, nicht durchzudrehen.
Newport ist nicht unser Revier, sondern liegt in der Zuständigkeit der Gwent Police. Offiziell gibt es keine Verbindung zwischen Huw Fletcher und Lohan, deshalb dürfte ich überhaupt nicht hier sein. Aber da ich nun schon mal hier bin, bleibe ich auch und sehe zu.
Als Erstes fährt ein Streifenwagen vor – und das nach zugegebenermaßen beeindruckend kurzer Zeit. Zwei Beamte in Uniform.
Ich weise mich aus und erzähle ihnen, dass mich eine wenn auch vage Spur in einem Mordfall hierhergeführt hat. Ich gebe in Kürze die Unterhaltung mit Fletchers Kollegen wieder und zeige den Beamten den Schlüssel, den ich unter dem Blumentopf » gefunden« habe.
» Haben Sie schon mit den Nachbarn gesprochen?«
» Ja.« Irgendwie ist mir das vor ein paar Minuten tatsächlich gelungen. » Die meisten sind nicht da. Ein Pärchen, das zu Hause war, behauptet, den Betreffenden seit mehreren Wochen nicht gesehen zu haben.«
Der Beamte, mit dem ich es zu tun habe – ein intelligent aussehender Sergeant und offensichtlicher Freund der deftigen walisischen Küche –, funkt die Zentrale an, um sich die Erlaubnis zum Betreten der Wohnung zu holen, die er auch wenig später erhält.
Er nimmt den Schlüssel, geht zur Tür, klingelt erst und klopft dann. Der Türklopfer in Form eines Löwenkopfs, wahrscheinlich Huw Fletchers ganzer Stolz, macht einen Höllenlärm.
Einen Augenblick lang bin ich der irrsinnigen Überzeugung, dass Huw Fletcher gleich an die Tür kommen wird. Dabei weiß ich noch nicht mal, wie er aussieht. Ich stelle mir einen untersetzten Mann in den Vierzigern mit Halbglatze und schlecht sitzenden Jeans vor. Ich stelle mir vor, wie er die Tür öffnet und verdutzt den Streifenwagen in seiner Einfahrt und die Uniformierten auf seiner Schwelle betrachtet. Ich stelle mir vor, wie sich alle langsam zu mir umdrehen – zu der Frau mit der Pistole im Handschuhfach und den wirren Ideen im Kopf.
In einer Sitcom ein echter Brüller. Und das Ende meiner Karriere.
Aber zum Glück passiert gar nichts. Niemand kommt an die Tür. Der Sergeant und sein Kollege betreten mithilfe des Schlüssels das Haus. Ich folge ihnen, weil es ziemlich idiotisch wäre, einfach stehen zu bleiben. Wir werfen einen Blick ins Wohnzimmer, in die Küche, ins Schlafzimmer und das Gästezimmer. Wir öffnen Schränke und sehen unter den Betten nach. Kein Huw Fletcher. Nichts.
» Was ist mit dem Kühlschrank?«, sagt der Sergeant. » Vielleicht ist Milch drin.«
Gott schütze Sie, Sergeant. Sie sind eine Zierde Ihres Standes. Wir marschieren in die Küche. Der Sergeant öffnet den Kühlschrank. Frische Milch wäre ein Anzeichen dafür, dass das Haus bis vor kurzem noch bewohnt war. Inzwischen inspiziert sein Kollege ein paar Küchenschränke. Weil ich sonst nichts zu tun habe, reiße ich die Schubladen auf.
Der Sergeant kann keine frische Milch finden, und auch sein Kumpel entdeckt nichts Ungewöhnliches. Ich dagegen stoße auf das ganze Geld, das noch genau an der Stelle liegt, an der ich es zuletzt gesehen habe.
» Ach du lieber Himmel«, sage ich und trete schnell ein paar Schritte zurück. » Sehen Sie sich das an.«
Der Sergeant sieht es sich an und sagt ebenfalls: » Ach du lieber Himmel.« Sein junger Gehilfe bringt es mit einem schlichten » O Scheiße« eher auf den Punkt.
Der Sergeant bückt sich und räumt den übrigen Kram aus den Schubladen, damit er das Geld besser sehen kann. Ich würde schätzen, dass jedes Bündel aus fünfzig Noten besteht. Fünfzig Fünfziger, das macht zusammen 2500 Pfund. Und da sind dutzende Bündel.
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