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Totenklage

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Bingham
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seine Kunden persönlich kennenzulernen. Andy war letzte Woche in Stockholm, und Jason hier wird – wann, nächste Woche? – in Danzig sein.«
    » Also ist Fletcher gelegentlich nach Russland geflogen? Nach St. Petersburg und Kaliningrad?«
    » Ja. Manchmal war er auch in Schweden, aber das ist schon einige Zeit her. Solche Reisen sind unumgänglich, wenn man mit dem Baltikum Geschäfte macht.«
    Ich frage weiter, doch die Antworten sind nicht sonderlich erhellend. Welche Güter transportieren Sie? Alles Mögliche. Zellstoff und Papier. Erze. Behälter. Fahrzeuge. Gewisse Mineralölprodukte. Alles.
    Fletcher fiel weder durch Alkohol- noch durch Drogenkonsum auf. Er hatte keine Schulden und war bei guter Gesundheit. Ich fülle den Vordruck für die Vermisstenanzeige aus und bitte sie um ein Foto. Sie versprechen, nachzusehen und mir eines zu mailen.
    » Mochten Sie ihn? War er in der Firma beliebt?«
    Alle sehen sich gegenseitig an. » Eigentlich nicht«, sagt Hughes schließlich. » Wir waren der Meinung, dass er sich zu viele Freiheiten herausnimmt. Ich habe mich schon richtig auf seine Rückkehr gefreut, damit ich ihn endlich feuern kann.«
    Ich verlasse das Bürogebäude. Auf dem Parkplatz rufe ich die Zentrale an und frage, ob Fletcher ein Auto besitzt. Sobald ich die Antwort habe, gebe ich Anweisung, die Fahrzeugnummer auf die Fahndungsliste zu setzen. Wenn Fletcher in seinem Auto herumfährt, wird er bald von einer Kamera oder einem Streifenwagen gesichtet werden.
    Aber ich glaube nicht, dass er noch viel herumfährt.
    Ich gehe zum Auto und rufe alle Prostituierten an, von denen ich die Nummern habe. Die meisten gehen nicht ran. Eine will nicht reden. Eine weitere verspricht widerwillig, Jane und mich am späten Nachmittag zu treffen. Ich könnte noch ein paar weitere Anrufe tätigen, doch das verschiebe ich auf später. Ich hab’s zumindest versucht.
    Dann fahre ich ein bisschen durch die Gegend, kaufe mir etwas zu essen und esse es.
    Vor vierzig Minuten habe ich das Gebäude von Rattigan Transport verlassen. Nicht lange genug. Ich fahre eine weitere Viertelstunde ziellos umher, dann mache ich mich auf den Weg zu Fletchers Haus, das auf der anderen Seite der M4 in Bettws liegt. Eigentlich eine schöne Gegend, lägen nicht die Autobahn und eine der hässlichsten Städte der Welt in nicht einmal einem Kilometer Entfernung. Moderne, gemütliche Ziegelhäuser mit doppelverglasten Fenstern. Verkehrsberuhigte Straßen und ordentlich in der Einfahrt abgestellte Autos.
    Weder die Straße noch das Haus selbst sind irgendwie auffällig. Bis auf die Tatsache, dass ein vernachlässigter dunkelblauer Toyota Yaris davor parkt. Das Fenster ist heruntergekurbelt, und Brian Penrys behaarter Arm hängt heraus. Seine Hand schlägt im Takt einer unhörbaren Musik.
    Das überrascht mich nicht. Noch weiß ich nicht, welche finstere Fäden Rattigan, Fletcher und Penry verbinden – obwohl ich es mir schon denken kann –, aber ich weiß, dass Penry ein Meister darin ist, sich selbst zu schützen. Abgesehen von dieser Veruntreuungsgeschichte. Da hat er lächerliche Summen auf unglaublich dämliche Weise unterschlagen, weil er unbewusst wohl geschnappt und bestraft werden wollte. Im Allgemeinen jedoch hat er sich von den ganz schlimmen Sachen ferngehalten. Ich hätte darauf wetten können, dass er irgendwie Zugang zu Fletchers Mails oder seiner Mailbox hat oder zumindest in Erfahrung bringen kann, wenn die Polizei anfängt, nach ihm zu suchen. Daher bestand ich auch darauf, dass Joan, seine Sekretärin, noch einmal eine Runde Mitteilungen absendet und dabei unbedingt meinen Namen nennt.
    Natürlich wusste ich nicht, ob ich damit Penry wirklich aus der Reserve locken könnte. Oder was ich hätte tun sollen, wenn er nicht aufgetaucht wäre. Aber darüber muss ich mir keine Sorgen mehr machen. Hier ist er ja.
    Penry steigt aus, lehnt sich gegen den Toyota Yaris und wartet auf mich.
    » Detective Constable, sieh einer an.«
    » Guten Morgen, Mr Penry.«
    » Das Haus des mysteriösen Mr Fletcher.«
    » Des ebenso mysteriösen wie verschwundenen Mr Fletcher.«
    Penry sieht sich um. Kein Auto zu sehen. Keine Polizei in Sicht. » Sie haben keinen Durchsuchungsbefehl.«
    » Das ist richtig. Eine Vorabuntersuchung bezüglich einer Vermisstenanzeige. Wenn Sie sachdienliche Informationen haben, möchte ich Sie bitten, Sie mir umgehend mitzuteilen.«
    » Nein. Ich habe keine Informationen, Detective Constable.« Er zieht einen Schlüssel aus

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